Freienohl. Elternsprechtage kennt jeder - doch was sind eigentlich Schülersprechtage? An der Hauptschule Freienohl gibt es ein besonderes Beratungsangebot.
Es sind die stillen, angepassten Schüler, die im Alltag eher mal untergehen. Die lauten werden zwar regelmäßig vom Lehrer angesprochen, aber meist negativ. Mit einem besonderen Beratungsangebot schafft es die Konrad-Adenauer-Hauptschule, allen besser gerecht zu werden.
Erste Schule im HSK
„2016 waren wir die erste Schule im HSK, die einen eigenen Schülersprechtag für alle Klassenstufen eingerichtet hat“, berichtet Schulleiter Detlev Pecko. Zweimal im Jahr findet er statt und ist eingebunden in ein umfangreiches weiteres Beratungsangebot für Eltern und Schüler, vom Erstgespräch bei der Anmeldung über die Potenzialanalyse in der achten Klasse bis zu Berufswahlgesprächen in der Neun und Zehn, zu denen auch Berater der Arbeitsagentur kommen.
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„Am Anfang musste ich mich schon überwinden“, berichtet Irene Andres. Allein saß die heute 15-Jährige plötzlich mit ihrer Klassenlehrerin in einem Raum. Ausschließlich ihre Ziele und Probleme standen im Mittelpunkt. Das war fast ein wenig viel Aufmerksamkeit. Trotzdem eine gute Erfahrung, betonen auch ihre Mitschüler Justin Walter und Pia Kräuter - „nicht nur weil für einen Tag der Unterricht ausfällt“, sagt Justin mit einem Grinsen und hat die Lacher auf seiner Seite. Sachlich ergänzt er: Er fühle sich ernstgenommen und könne dabei wirklich alles mit den Lehrern besprechen. So kann es bei dem Treffen auch darum gehen, warum man im Unterricht so still ist und wie die Lehrerin einem helfen kann, die mündliche Note zu verbessern. Im Anschluss wird man dann vielleicht häufiger drangenommen, auch wenn man sich nicht meldet.
Fester Termin zum Schülersprechtag
„Wir machen es bei den Schülersprechtagen wie bei den Elternsprechtagen“, erläutert Lehrerin Nadine Sattel, „jeder erhält einen festen, persönlichen Termin.“ Dabei versuchen die Lehrer Wunschzeiten zu berücksichtigen. Meist sind es dann 10 bis 15 Minuten. Grundlage für das Gespräch ist ein Ankreuzzettel, auf dem die Jugendlichen angeben, wie sie zu Hause und in der Schule lernen, wie sie sich vorbereiten, welche Rolle die Ablenkung durch das Handy spielt und ob sie im Unterricht bei der Sache sind. Fragen, die jeder für sich vorab beantwortet. Da kommen dann auch schon mal Sachen auf den Tisch, die sonst nicht angesprochen werden: Dass einen der vorlaute Klassenkamerad ständig stört, dass zu Hause die kleinen Geschwister um den Schreibtisch wuseln, wenn man doch eigentlich lernen sollte oder dass man viel zu spät ins Bett geht. Oftmals geht es um Beziehungen im Klassenverband und nach dem Schülersprechtag wird erstmal die Sitzordnung geändert, ohne dass jemand befürchten muss, er stehe jetzt als „Petze“ da.
Konkrete Vorstellungen werden besprochen
Außerdem geht es um konkrete Vorstellungen: Was will ich werden, welche Noten will ich dafür erreichen, wer kann mir dabei helfen, wie habe ich meine letzten Ziele umgesetzt? Die Ergebnisse werden in einer „Lernvereinbarung“ schriftlich festgehalten und kommen beim nächsten Mal zusammen mit den Noten wieder auf den Tisch: Wie ist es bisher gelaufen?
„Die Kinder und Jugendlichen erhalten so mehr Selbstverantwortung für ihr Lernen“, sagt Pecko und ist überzeugt, dass die meisten das Gespräch als Wertschätzung erleben. Im geschützten Rahmen öffneten sich mehr. „Die meisten sind dankbar für die Zeit, die wir uns nehmen.“ Beim Schülersprechtag werde eben jeder individuell in den Blick genommen.
Ein anderer Blick auf die Schüler
„Und wir erhalten auch einen anderen Blick auf die Schüler“, betont Barbara Schaefer. „Kinder, die nicht auffallen, werden ja sonst nie angesprochen und die anderen meist nur wegen ihres Fehlverhaltens.“ Oftmals präsentierten sich gerade die lauten, die im Unterricht stören, im neutralen Ein-zu-Eins-Gespräch ganz vernünftig, ergänzt Konrektorin Anja Otte.
In Zukunft will die Schule diese Ergebnisse verstärkt in die pädagogischen Konferenzen einbeziehen, an denen alle Fachlehrer einer Klasse teilnehmen und auch die Schulsozialarbeiterin, um alle Schüler und Schülerinnen noch gerechter und besser in den Blick zu nehmen.
Drei Fragen an Schulleiter Detlev Pecko
Was sind neben der Bewältigung der Pandemie aktuell die größten Herausforderungen für Sie als Schulleiter?
Ein Thema ist die Digitalisierung. Die Ausstattung ist weit fortgeschritten. Der nächste Schritt ist der Einsatz im Unterricht. Dazu gehört, dass die Technik reibungslos funktioniert und dass Störungen innerhalb kürzester Zeit beseitigt werden, dazu gehört aber auch, dass Lehrkräfte Zeit und Möglichkeiten erhalten, sich durch Fortbildungen mit dem Einsatz vertraut zu machen. Selbstverständlich verstehen wir es auch als unsere Aufgabe, Schüler zu einem verantwortungsvollen Umgang mit den Geräten, und auch ihrem eigenen Smartphone zu erziehen. Gesamtgesellschaftliche Veränderungen mit immer mehr Tendenzen zu einer Ich-Gesellschaft und Veränderungen in Familienstrukturen sind eine weitere Herausforderung. Um hier unterstützen zu können benötigen Schulen in besonderer Weise Schulsozialarbeiter, Psychologen, Teamtrainer und Sportangebote im Nachmittagsbereich, besonders im Mannschaftssport. Dazu kommt, dass wir Lehrer Umweltbewusstsein und Klimaveränderung unseren Schülern vermitteln müssen und dass aus dem Bewusstsein konkretes Handeln abgeleitet und umgesetzt wird.
Haben Sie beobachtet, dass sich Schüler, Lehrer und Eltern in der Coronazeit verändert haben und wenn ja, wie?
Viele Schüler und Schülerinnen haben darunter gelitten, dass sie sich während der Zeiten des Distanzunterrichts nicht leibhaftig sehen konnten. Die Nachwirkungen spüren wir noch immer. Es gab ein paar Kinder, die im Distanzunterricht konzentrierter und erfolgreicher gearbeitet haben. Diese positive Entwicklung gilt es aufrecht zu erhalten. Aber auch für uns Lehrer war die Zeit des Distanzunterrichts ziemlich herausfordernd. Der größte Teil unsere Schulgemeinschaft ist froh, wenn das nicht mehr erforderlich ist.
Wenn Sie sich neue Stellen und Ausstattungen wünschen dürften, ohne aufs Geld gucken zu müssen, welche wären das?
Was das Personal betrifft: Schulsozialarbeit, Psychologen sowie erfahrene Erwachsene, die Schüler und Schülerinnen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung mit genügend Zeit zugewandt unterstützen und begleiten, u.a. auch im Hinblick auf die Berufswahl, die Zeit nach der Schule.
Ich wünsche uns aber auch Personal, um verstärkt praxisorientiert Projekte planen und umsetzen zu können. Damit einhergehen auch Investitionen in entsprechende räumliche Veränderungen und Ausstattungen.
Außerdem wäre mir sehr gelegen an Veränderungen der Schule unter Umweltgesichtspunkten. Da fallen mir erneuerbare Energien (z.B. Photovoltaikanlage auf dem Schuldach, Solarthermie) ein aber auch eine naturnahe Gestaltung der Außenanlagen (z.B. Naturwiese, Insektenhotel) ein sowie ein Fair-Trade-Bistro. Im Sinne der Nachhaltigkeit sind hier in besonderer Weise aktive Beteiligung von Schülern möglich.
Bisher erschienen:
Bisher erschienen sind in der aktuellen Reihe „Die beste Schule für mein Kind“ die folgenden Teile. Es stellen sich jeweils die weiterführenden Schulen in Meschede mit einem besonderen Projekt vor:
Warum die Bläserklasse am Gymnasium der Benediktiner fürs Leben schult
Die St.-Walburga-Realschule Meschede ist eine „Faire Schule“
Wie die Medienscouts am Gymnasium Meschede Cybermobbing verhindern
Die St.-Walburga-Hauptschule setzt den Fokus auf Nachhhaltigkeit