Bestwig. Die Senioren-WG am Kloster Bestwig bietet Platz für 12 Senioren und Seniorinnen. Der Alltag dort unterscheidet sich vom klassischen Seniorenheim.

Wer an eine Wohngemeinschaft denkt, der hat mit Sicherheit direkt eine junge Studentenbude im Kopf. In Bestwig am Bergkloster besteht allerdings eine WG mit einem deutlich anderen Altersdurchschnitt als den, den man üblicherweise von einer Wohngemeinschaft erwartet. Dort wohnen insgesamt zwölf Seniorinnen unter Betreuung zusammen. Aktuell besteht die Senioren-WG nur aus Frauen, wie sich beim Besuch dieser Zeitung zeigt.

An den Wänden hängen selbstgemalte Bilder und Fotos von vergangenen Veranstaltungen und Erlebnissen. Hell und freundlich gestaltet ist der Gemeinschaftsraum, in dessen Mitte ein großer Esstisch mit bunten Stühlen steht. Eine Bewohnerin deckt gerade den Tisch – gleich gibt es, pünktlich um 12 Uhr, Mittagessen. Eine andere Bewohnerin sitzt bereits auf ihrem Platz und wartet, die nächste steht in der Küche und sieht dem Blumenkohlauflauf beim Backen zu. Was es zu Essen gibt, das entscheiden die Frauen gemeinsam, nach ihren Wünschen und Vorlieben.

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In der Senioren-WG gibt es keine Großküche oder einen Lieferservice, der das Essen vorbei bringt. Hier helfen die Bewohnerinnen mit, schnibbeln Gemüse, kochen, bereiten die Portionen vor, decken den Tisch und räumen auch nach dem Essen alles wieder auf. „Jeder hat seinen eigenen Posten, seine eigene Aufgabe. Die wollen mithelfen und beschäftigt werden“, erklärt Hausleiterin Ulrike Stallmeister. Wenn es nicht das Helfen beim Kochen ist, stehen natürlich weitere Aufgaben an, die es in jedem Haushalt zu erfüllen gilt. Putzen, Wäsche waschen, aufräumen und mehr – alles was die Senioren und Seniorinnen noch können, machen sie selbstständig. Und das in einem Alter von oft über 90 Jahren. Eine Altersbegrenzung gibt es in der Senioren-WG nämlich nicht, die derzeitigen Mitbewohnerinnen sind zwischen 72 und 97 Jahre alt.

Betreuung rund um die Uhr und eigener Pflegedienst für die Senioren

Ulrike Stallmeister ist die Hausleiterin der Senioren-WG.
Ulrike Stallmeister ist die Hausleiterin der Senioren-WG. © WP | Laura Dicke

Ihren Alltag können die Mitbewohnerinnen genauso selbstständig gestalten. „Jeder kann aufstehen wann er möchte, frühstücken wann er möchte und vor allem mitwirtschaften. Das geht in den meisten Altenheimen nicht“, verdeutlicht die Hausleiterin. Sie und ihr Team aus 16 Alltagsbetreuern sind rund um die Uhr, jeden Tag der Woche in Schichtdiensten mit dabei und helfen den Senioren und Seniorinnen.

Zusätzlich erhalten die Bewohner eine ambulante Pflege durch einen Pflegedienst, den sie sich selbst aussuchen und einige haben, je nach Pflegegrad, eine zusätzliche Betreuungskraft, die zu bestimmten Zeiten kommt. Mit der Betreuung und dem Pflegedienst ist auch die medizinische Versorgung der Senioren gewährleistet, unter denen alle eine Pflegestufe haben und unter anderem auch Demenzerkrankte dabei sind.

Umgang in der Senioren-WG ist sehr familiär

„Die Seniorinnen und Senioren sind hier sehr selbstbestimmt. Sie dürfen alles mitmachen und mit entscheiden“, so die Hausleiterin. Außerdem sei es durch die kleine Anzahl an Bewohnern deutlich familiärer, auch unter den Angehörigen. „Oft saßen die Angehörigen bei Besuchen zusammen im Gemeinschaftsraum. Jetzt aufgrund von Corona war das nicht möglich. Besuche gab es nur auf den Zimmer“, erklärt Ulrike Stallmeister.

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Das gemeinsame Kochen und mithelfen ist es, was einigen der Bewohnerinnen besonders gut gefällt. So erzählt beispielsweise eine Frau, die seit dreieinhalb Jahren in der Senioren-WG wohnt: „Ich fühl mich hier pudelwohl. Ich habe auch schon ganz alleine für alle gekocht – da waren alle begeistert“. Eine weitere Bewohnerin, die erst seit einigen Monaten mit dabei ist ergänzt: „Ich bin sehr froh, dass ich jetzt hier bin. Ich werde von vorne bis hinten verwöhnt“.

Gemeinsam wird gekocht, der Tisch gedeckt und auch wieder aufgeräumt.
Gemeinsam wird gekocht, der Tisch gedeckt und auch wieder aufgeräumt. © WP | Laura Dicke

Was sie damit meint ist, dass sich die Seniorinnen auch gegenseitig helfen, unterstützen und füreinander da sind. Manchmal kann es aber natürlich auch zu Meinungsverschiedenheiten kommen, weiß Ulrike Stallmeister. „Manchmal ist es wie im Kindergarten hier, aber in der Regel ist es untereinander sehr harmonisch.“ Wie in einer echten Wohngemeinschaft eben.

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Wenn die Seniorinnen ihre Ruhe haben möchten, gehen sie einfach auf ihr Zimmer. Das besteht aus einem großen Raum mit Bett und eigenen Möbel sowie einem Badezimmer. Jeder Bewohner kann sein Zimmer nach den eigenen Wünschen und mit den eigenen Möbeln einrichten.

„In der Regel bleiben die Bewohner bis zum Schluss und sterben hier. Dann dürfen die Angehörigen auch noch mal ins Zimmer und sich verabschieden. Auch das geht nicht in jedem Pflegeheim“, so Ulrike Stallmeister. Von den bereits verstorbenen ehemaligen Mitbewohnern und Mitbewohnerinnen hängen Fotos an der Wand, gleich neben den Fotos von Veranstaltungen und Festen – auch sie werden in Erinnerung getragen und gehören zur Senioren-WG dazu.

Die Senioren-WG besteht seit 2015 am Bergkloster Bestwig.

Die Senioren schließen einen Wohn-und Betreuungsvertrag sowie gegebenenfalls einen Pflegevertrag mit einem Pflegedienst ab.

Bei der zuständigen Krankenkasse kann ein Antrag auf einen Wohngruppenzulage für ambulante Wohngruppen gestellt werden. Anders als in klassischen Altenpflegeheimen werden die Kosten privat erbracht und werden (bis auf den Pflegevertrag) nicht von der Pflegekasse übernommen.