Wenholthausen. Nach dem Hochwasser im Juli will Monikas Ferienhof im Februar wieder öffnen. Auf einen Gast kann die Familie Lübke dabei aber gern verzichten.
Eigentlich ist die Wenne hinter Monikas Ferienhof ein Segen. Die Ferienkinder lieben es, in dem idyllischen Bächlein mit Gummistiefeln an den Füßen Dämme zu bauen und im Wasser zu planschen. Am 14. Juli dieses Jahres aber, da hätte Monika Lübke die Wenne am liebsten verflucht. Machtlos musste sie mit ihrer Familie mit ansehen, wie das Wasser das Erdgeschoss des beliebten Feriendomizils im Wenholthauser Wenneweg flutete. Dabei war nach dem Ende des zweiten Lockdowns endlich mal wieder volles Haus. Die Corona-Sorgen waren gerade weitgehend vergessen, da kam das Wasser.
Vier Monate ist das Unglück inzwischen her. Vor dem Eingang des Ferienhofs, dort wo sonst die Gäste parken, stehen zwei riesige blaue Container. In ihnen lagert das, was vom Erdgeschoss übrig geblieben ist. Es ist nicht viel: ein paar Möbel, die wichtigsten Akten, die Stühle aus dem Speiseraum. Alles andere musste auf den Sperrmüll. Das komplette Erdgeschoss selbst gleicht auch nach vier Monaten immer noch einer Großbaustelle.
Es fehlt an allen Ecken und Enden
Die meisten Böden sind raus, die Wände nackt, die Türen fehlen, die Gänge sind mit Flies ausgelegt. Die gesamte Etage: ein Rohbau. Es fehlt noch an allen Ecken und Enden. Aber Monika Lübke will nicht klagen - ebenso wenig wie ihr Mann Reinhold und Schwiegertochter Astrid. „Wir können ja froh sein, dass wir schon so weit sind“, sagt Reinhold Lübke und lobt die Handwerker sämtlicher Gewerke, die gerade dabei sind, die Etage wieder bewohnbar zu machen. Ende Februar - zu Karneval - sollen die ersten Gäste wieder anreisen können. Das ist das Ziel. Die ersten Buchungen liegen schon vor.
Begonnen hatte der 14. Juli wie jeder andere Tag auf dem Ferienhof. Nach dem Regen in der Nacht war der Wasserstand der Wenne zwar hoch. „Aber das ist nicht ungewöhnlich und kommt immer wieder mal vor“, sagt Astrid Lübke. Im Haus wurde gemütlich gefrühstückt, die Gäste starteten entspannt in den Tag. Ein ganz normaler Ferien-Vormittag eben.
Weinend auf der Anrichte
In der Mittagszeit war es mit der Entspannung dann allerdings langsam vorbei. „Da ist uns klar geworden: Wenn sich das Wasser auf den Wiesen zwischen Bachbett und Gebäude nicht langsam wieder zurückzieht, geht das diesmal nicht gut aus“, erinnert sich Astrid Lübke. Zu diesem Zeitpunkt hüpften die Ferienkinder noch lachend mit Gummistiefeln durchs Wasser. Ein kleines Abenteuer! Wenig später saßen einige von ihnen weinend vor Angst im Schneidersitz auf der Anrichte. Aus drei Richtungen und aus den Abflüssen schoss das Wasser am Ende durchs Haus und vorn wieder heraus. Freunde, Verwandte, Bekannte, Gäste und Mitarbeiter, alle hatten sie versucht, die Fluten zu stoppen - mit Sandsäcken, Handtüchern, OSB-Platten und Schneeschiebern. Erfolglos! Um 17 Uhr war an diesem Tag klar: Nach zwei Corona-Zwangspausen wird die Flut für die nächste längere Auszeit des Betriebes sorgen.
Während die 45 Gäste des Hauses am nächsten Tag notgedrungen abreisten, lief auf dem Hof bereits die Schadensbeseitigung. Über Wochen waren regelmäßig 20 Helferinnen und Helfer aus dem Freundes- und Bekanntenkreis zur Stelle. Momente des Zusammenhalts, an die sich die Lübkes gern zurückerinnern, wenn sie sich durch die rund 1000 Fotos wühlen, die seit dem 14. Juli entstanden sind.
Dankbarkeit nach dem Hochwasser
Und überhaupt: So schlimm die Flut mit ihren verheerenden Folgen war. Sie hat durchaus auch einiges Positives mit sich gebracht, für das Astrid, Thorsten, Monika und Reinhold Lübke sehr dankbar sind: Da wäre zum Beispiel der Gasthof Hochstein, dessen Inhaber sich sofort bereit erklärt hatte, sich am Abend und am Morgen danach, um die Verpflegung von Lübkes Gästen zu kümmern. Da wäre die kulante Versicherung, ohne die der Ferienhof nun vermutlich Geschichte wäre. Da wären die spontanen Helfer, die zusätzlich zu Freunden und Bekannten mit angepackt haben.
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Da wären die Mitarbeiter, die nicht nur am Tag der Flut, sondern auch danach immer zur Stelle waren. Und da wären die anderen Betriebe aus der Familotel-Gruppe, die den Lübkes Mut zugesprochen haben, weiterzumachen. „Ja, es gab Momente, da haben wir wirklich überlegt, ob es überhaupt Sinn macht, wieder zu öffnen“, gesteht Astrid Lübke.
Da wären die ganzen Firmen, die angeboten haben, kostenlos Maschinen zur Verfügung zu stellen. Und da wären eben die Gäste, die sich gemeinsam mit den Lübkes gegen die Fluten gestemmt haben. Genau für Menschen wie sie soll der Ferienhof ab Februar wieder geöffnet sein - damit die Kinder wieder an der plätschernden Wenne spielen können.
E-Mail nach der Flut
Nur auf einen der Gäste können die Lübkes gern verzichten: Auf den, der ihnen nach der Flut per Mail mitgeteilt hat, bei ihnen den schlimmsten Urlaub aller Zeiten erlebt zu haben, bei dem am Ende ja sogar noch der Strom ausgefallen sei. Allerdings können die Lübkes auch darüber heute wieder lachen.
- Kurz vor der Flut hatten die Lübkes 20.000 Euro in die neue Schwimmbad-Technik investiert. Sie hat seit dem Hochwasser nur noch Schrottwert.
- Massenweise Lebensmittel, die die Lübkes vor dem Hochwasser für die Verpflegung ihrer 45 Gäste eingekauft hatten, haben sie für die Flutopfer im Ahrtal gespendet.
- Zum Ferienhof gehören auch vier Pferde, drei Hunde, vier Hasen und zwei Ziegen. Die Pferde kamen beim Hochwasser auf dem Hof Schulte-Urban unter. Die Hasen und die beiden Ziegen durften übergangsweise ins Spielzimmer im ersten Stock - zwischen Fußballkicker und Billardtisch. Und die Hunde verbrachten die Zeit beim Nachbarn.
- 21 Trocknungsgeräte standen nach der Flut in Spitzenzeiten im Gebäude. Weil der Lärm unerträglich war, genossen die Lübkes ihre Mahlzeiten über Wochen im Versorgungszelt, das sie nach dem Hochwasser für die Helfer vor dem Haus ausgestellt hatten.