Meschede. Wann produzieren sie eigentlich Strom? Bislang unbekannte Details zu den Windrädern bei Meschede lösen Verwunderung und Verblüffung aus.
Die Diskussion um die Windkraft in Meschede bringt inzwischen auch neue, bislang unbekannte Details ans Licht: Im Stadtrat wurde jetzt bekannt, dass die drei geplanten 250 Meter hohen Riesenwindräder an der Straße zwischen Meschede und Remblinghausen sowie die vier geplanten Anlagen bei Frielinghausen nach ihrer Fertigstellung gar nicht die ganze Zeit Strom produzieren würden.
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Auch Fachbereichsleiter Klaus Wahle hatte das gewundert, er hatte deshalb extra noch mal Kontakt mit dem Gutachter aufgenommen – und bestätigte: „Es ist tatsächlich so!“ Für den Artenschutz ist nämlich geplant, die Windräder in beiden Parks mit festen Abschaltzeiten zu versehen, die Rotoren würden sich dann also gar nicht drehen. So würden die Windräder zwischen Meschede und Remblinghausen in der Zeit jeweils vom 20. Februar bis zum 20. August tagsüber von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang stillstehen – aus Rücksicht auf den dort lebenden Rotmilan und den Schwarzmilan.
Stillstand auch für Fledermäuse
In beiden Windparks wiederum würden alle Windräder außerdem auch nachts in der Zeit vom 1. April bis zum 31. Oktober sich nicht drehen – dann nämlich fliegen dort die Fledermäuse. Tatsächlich komplett durchlaufen würden die Windräder im Jahresverlauf nur von November bis zum 20. Februar. „Ich kann es noch gar nicht fassen: Das ist ja verrückt!“, sagte danach ein völlig verblüffter CDU-Fraktionsvorsitzender Marcel Spork.
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Lohnen sich dann überhaupt die Windräder? Das tut hier nichts zur Sache. Denn über volks- und betriebswirtschaftliche Fragen im Zusammenhang mit der Windkraft haben die Mescheder Kommunalpolitiker nicht zu bestimmen. Sie sind nur bedingt für die Mit-Planung da. Verwirklicht werden beide Windpark-Projekte nicht in absehbarer Zeit: Der Stadtrat verweigerte beiden Vorhaben sein Einvernehmen und stellte endgültige Entscheidungen dazu zurück – denn zunächst wird ein neuer Flächennutzungsplan aufgestellt, der wiederum das ganze Stadtgebiet auf seine Windkraft-Tauglichkeit hin untersuchen wird. Allein das dauert zwei Jahre.
Die Stadtverwaltung hatte davon, wie berichtet, dringend abgeraten: In dem neuen Plan müssten am Ende dann zehn Prozent des Stadtgebietes für die Windkraft zur Verfügung stehen. Das ist mehr als bei der von der Verwaltung empfohlenen Einzelfallprüfung neuer Anlagen. Bürgermeister Christoph Weber (CDU) enthielt sich deshalb auch bei der Abstimmung. Der Stadtrat beschloss den Einstieg ins Flächennutzungsplanverfahren bei zwei Gegenstimmen der FDP.
Als Stadt selbst ins Windkraft-Geschäft einsteigen?
Maria Gödde-Rötzmeier (UWG) sieht den Flächennutzungsplan als Chance: Sie rät dazu, die Windenergie als kommunales Geschäftsmodell aufzugreifen und die Rendite daraus selbst für die Stadt zu nutzen. Das schaffe auch mehr Akzeptanz beim Bürger. Dafür könnten kahle städtische Flächen im Forst genutzt werden – quasi 20 Jahre lang als „Fruchtfolge“, bis die Windräder wieder veraltet wären. Bürgermeister Weber entgegnete, das habe überhaupt nichts mit dem Flächennutzungsplan zu tun: „Wir könnten morgen aktiv in den Bau und Betrieb von Windrädern einsteigen!“ Bisher sei das jedoch kein Geschäftsmodell der Stadt gewesen, man habe das dem kommunalen Tochterunternehmen Hochsauerlandenergie überlassen.
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„Wir müssen viel mehr Windräder bauen“, sagte Dr. Parisa Ariatabar (Grüne): „Das schulden wir unseren Kindern und kommenden Generationen.“ Sie sagte, in der Zukunft werde die Landschaft mit Windrädern „geschmückt werden“. Sie will möglichst schnell Windräder umgesetzt haben – musste sich aber von Bürgermeister Weber belehren lassen, dass sie dann nicht einen Flächennutzungsplan fordern dürfe: Das Verfahren dauere viel länger, als (wie von der Stadtverwaltung empfohlen) die Genehmigung einzelner Anlagen vom Hochsauerlandkreis prüfen zu lassen.
Für die SPD begrüßte Hendrik Bünner einen Flächennutzungsplan: „Wir versuchen damit, unsere Planungshoheit zurückzuholen.“ Josef Sommer (CDU) sah die „ethische Verpflichtung“, etwas zum Klimaschutz zu tun – mit dem Flächennutzungsplan zeige die Politik vor Ort, dass sie agieren wolle. Die Bürger sollten daran intensiv beteiligt werden. Dr. Jobst Köhne (FDP) lehnte die Windkraft einmal mehr rundweg ab als „planwirtschaftliche Zwangsbeglückung“: Die aktuelle Klimapolitik sei „der Wunsch, mit reinem Herzen vor dem Klimagott zu stehen“.
>>> HINTERGRUND <<<
Bürgermeister Weber sagte voraus, egal, welche für die Windkraft geeigneten Flächen man womöglich finden würde: Es werde definitiv zu Klagen kommen (von Projektierern, deren Flächen als ungeeignet angesehen würden) – „dass es beklagt wird, ist so sicher wie das Amen in der Kirche.“
Die erhoffte Akzeptanz werde auch nicht entstehen, so Fachbereichsleiter Wahle: „Irgendeinem Dorf werden Sie massiv auf die Füße treten“ – sobald eben klar werde, dass dort Windräder entstehen sollten.