Meschede. Die Stadt Meschede fällt einen Grundsatzbeschluss, wie es mit der Windkraft weitergeht - und darüber kommt es fast zum Rücktritt im Rathaus.
Ein Beinahe-Rücktritt an der Spitze der Stadtverwaltung in Meschede zeigt die Brisanz dieser Grundsatzentscheidung zur Windkraft. Die drei geplanten Windräder an der Landstraße zwischen Meschede und Remblinghausen sowie die vier Anlagen bei Frielinghausen an der Grenze zum Schmallenberger Stadtgebiet werden zumindest in den nächsten Jahren nicht gebaut.
Die Stadt Meschede beantragt dafür beim Hochsauerlandkreis eine Zurückstellung dieser Projekte: Zwei Jahre lang ist das möglich. In dieser Zeit wird ein neuer Flächennutzungsplan aufgestellt: Der soll dann endgültig Klarheit bringen, auf welchen Flächen im Stadtgebiet Windräder entstehen können.
Gesucht: Wie lässt sich Windkraft steuern?
Der Ausschuss für Stadtentwicklung hat sich einstimmig (bei einer Enthaltung der FDP) für diesen Weg entschieden, um die Windkraft steuern zu können – gegen den entschiedenen Rat und Widerstand der Stadtverwaltung. In ihrer Beschlussvorlage hatte sie „dringend“ davon abgeraten. Nach der Entscheidung sagte ein sichtlich enttäuschter Klaus Wahle als zuständiger Fachbereichsleiter, dass er eigentlich seinen Vorgesetzten Bürgermeister Christoph Weber jetzt um die Auflösung seines Arbeitsverhältnisses bitten müsse: „Ich kann den Beschluss nicht nachvollziehen. Mich nimmt das emotional mit.“ Weitermachen und den Beschluss umsetzen werde er nur, weil er sich seinen Mitarbeitern verpflichtet fühle. Wahle hatte empfohlen, den Bau von Windrädern unter anderem über den Artenschutz und den Schutz des Landschaftsbildes steuern zu wollen.
>>> Lesen Sie auch: Preisexplosion: Stadt Meschede von Mehrkosten kalt überrascht <<<
Ohne Flächennutzungsplan hätte der Hochsauerlandkreis selbst nach Aktenlage in den Einzelfällen entscheiden können, ob die beiden Windparks genehmigungsfähig wären oder nicht. Für den Bau der Windräder zwischen Meschede und Remblinghausen hatte sich die Stadtverwaltung wie berichtet ausgesprochen, eben weil sich aus ihrer Sicht keine Gründe finden, die dagegen sprächen. Mit einem Flächennutzungsplan könnten in der Zukunft, so die Befürchtung der Stadtverwaltung, nicht nur diese beiden Gebiete bei Remblinghausen und Frielinghausen, sondern auch viel mehr Flächen als mögliche Standorte in Frage kommen.
Idee: Stadt selbst als Projektierer
Bereits vor zwei Jahren war der letzte Mescheder Flächennutzungsplan vom Oberverwaltungsgericht nach einem Formfehler für ungültig erklärt worden. SPD und Grüne hatten schon danach die Aufstellung eines neuen Planes gefordert. Jetzt änderte auch die CDU-Mehrheitsfraktion ihre Meinung: „Gerade die junge Generation erwartet von uns Antworten“, sagte Fraktionschef Marcel Spork. „Beides ist unsicher“, die Einzelfallprüfung durch den Kreis wie ein Flächennutzungsplan: „Es gibt keinen Königsweg.“ Beim Flächennutzungsplan glaubt die CDU jetzt, „den größtmöglichen Einfluss“ haben zu können.
>>> Lesen Sie hier: So wird in Meschede jeder zum Waldretter <<<
Hendrik Bünner (SPD) betonte, jetzt sei es wichtig, mehr Akzeptanz für Windkraft zu schaffen: „Man muss den Leuten deutlich machen, nicht ob, sondern wie es Windräder im Hochsauerland geben wird.“ Antonius Vollmer (Grüne) sagte angesichts aktueller Kahlschläge, Windräder müssten auch in Wäldern möglich sein: „Da ist noch Potenzial an der ein oder anderen Stelle.“
Für die UWG regte Hans-Werner Rötzmeier an, die Stadt Meschede solle selbst in die Windkraft einsteigen: „Wir als Projektierer streben keine Rendite an“ – dann könnten auch kleinere Anlagen umgesetzt werden, was bei den Bürgern mehr Akzeptanz erreichen könnte. Windkraft im Stadtgebiet komplett verhindern will Ingrid Völcker (FDP): Durch Aufstellung eines Flächennutzungsplans gewinne man womöglich Zeit dafür.
„Substanzieller Raum“ für die Windenergie
Fachbereichsleiter Klaus Wahle machte klar, mit einem Flächennutzungsplan müsse die Stadt Meschede zehn Prozent ihrer Außenflächen für Windkraft zur Verfügung stellen – das Oberverwaltungsgericht habe in Verfahren klargestellt, dass Kommunen der Windenergie „substanziell“ Raum geben müssten, die zehn Prozent sind dabei die Faustformel. Wahle sagte auch, wieder sei die Gefahr von Formfehlern groß (in den letzten Jahren wurde vom Gericht jegliche Flächennutzungsplanung verworfen).
Sein Fachbereich müsse jetzt die Bearbeitung weiterer Projekte neu ordnen, weil der Flächennutzungsplan so viel Zeit und Arbeit binde – auch die Arbeit an neuen Wohnbauflächenprojekten werde nicht möglich sein. Die CDU kündigte an, der Verwaltung Gelder für externe Planungsleistungen zu genehmigen.
>>> HINTERGRUND <<<
Geprüft wird auch, ob für weitere kleine Orte im Stadtgebiet künftig Außenbereichssatzungen möglich sind – dann würde auch dort ein 1000-Meter-Abstand zu Windrädern gelten.
Zuletzt wurde bei den Plänen für Windräder zwischen Meschede und Remblinghausen deutlich, dass Löttmaringhausen und Heggen zum Beispiel nicht darunter fallen.