Eslohe. War die Corona-Impfung von Eslohes Bürgermeister als Geschäftsführer des Störmanns Hofes wirklich berechtigt? Eine Nachfrage bei Bund und Land.

Gibt es Hinweise darauf, dass die Corona-Impfung von Bürgermeister Stephan Kersting als Geschäftsführer des Störmanns Hofes doch nicht berechtigt war? Zwar äußern sich Land und Bund nur zurückhaltend und lehnen es ab, einen konkreten Einzelfall zu bewerten. Allerdings verweist das Bundesgesundheitsministerium in seiner Mail an unsere Zeitung auf das so genannte Expositionsrisiko, das immer und überall dort besteht, wo Menschen zusammenkommen, die das Virus weitergeben könnten. Das Gesundheitsministerium des Landes wiederum verweist auf die Verordnungen und hier insbesondere auf Passagen, wonach der regelmäßige Kontakt mit Bewohnern entscheidend ist.

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Konkret war es bei unserer Anfrage an Bund und Land um die Frage gegangen, ob Kerstings Impfung durch Paragraph 2 der Impfverordnung gedeckt war. Demnach gilt der Impfanspruch mit höchster Priorität unter anderem für Personen, die in stationären oder teilstationären Einrichtungen der Altenpflege tätig sind. Was aber, wenn sich der Schreibtisch des Geschäftsführers eben nicht im Seniorenheim, sondern im Rathaus befindet und so nicht zwangsläufig Kontakt zu den Bewohnern des Seniorenheims besteht? Greift Paragraph 2 dann immer noch?

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Auf die konkrete Frage gab es sowohl vom Landes- als auch vom Bundesgesundheitsministerium wenig konkrete Antworten. „Ich bitte um Verständnis, dass das Bundesgesundheitsministerium weder zu hypothetischen noch tatsächlichen Einzelfällen Stellung nehmen kann“, schreibt Sebastian Gülde vom Pressereferat des Bundesgesundheitsministeriums in Berlin - mit dem Verweis darauf, dass von der Impfreihenfolge abgewichen werden könne, wenn dies für eine effiziente Organisation der Schutzimpfungen oder eine zeitnahe Verwendung vorhandener Impfstoffe notwendig sei. Insbesondere dann, wenn es darum gehe, einen Verwurf von Impfstoffen zu vermeiden, so Gülde. Er verweist außerdem darauf, dass die Organisation und Durchführung der Corona-Impfungen Ländersache seien.

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Das Land teilt derweil mit, dass man auf das verantwortliche Handeln der Akteure setze, die am Impfprozess vor Ort aktiv beteiligt sind. Bei einem erheblichen Verdacht auf Missachtung der Impfverordnung und der Erlasse des Landes könne die Bezirksregierung den Sachverhalt aufsichtsrechtlich prüfen. Grundsätzlich, so das NRW-Gesundheitsministerium, gehörten zum in Paragraph 2 erwähnten Personenkreis auch Personen anderer Berufsgruppen, die regelmäßig in Pflegeeinrichtungen tätig seien. Die Entscheidung über eine Impfberechtigung im Einzelfall könne jedoch nur vor Ort getroffen werden.

Deutliche Worte

Während Bund und Land trotz mehrfacher Nachfrage eindeutige Antworten schuldig geblieben sind, findet Bürgermeister Stephan Kersting als Geschäftsführer des Störmanns Hofes durchaus deutliche Worte bei der Rechtfertigung seiner Impfung: Selbstverständlich sei er als Geschäftsführer auch direkt im Störmanns Hof selbst tätig und in dieser Funktion auch regelmäßig vor Ort. „In normalen Zeiten etwa ein bis zweimal in der Woche“, so Kersting. Aktuell habe er seine Besuche zwar auf ein notwendiges Minimum reduziert. Aber ganz ohne gehe es nun einmal nicht. „Es ist doch selbstverständlich und liegt auf der Hand, dass man als Chef regelmäßig vor Ort ist“, stellt Kersting klar.

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Dabei gehe es unter anderem um Personalbesprechungen sowie Absprachen zu notwendigen Investitionstätigkeiten, für die in aller Regel auch Räume besichtigt werden müssten.“ Da sei es völlig zweitrangig, wo sein Schreibtisch als Geschäftsführer stehe. Natürlich ließe sich der Kontakt zu Bewohnern weitgehend vermeiden, allerdings nicht der zu den Mitarbeitern. Und der sei schließlich mit dem gleichen Risiko verbunden. Kersting stellt klar: „Ich leite meine juristische Berechtigung aus Paragraph 2 der Impfverordnung ab.“

Er könne mit Kritik durchaus umgehen, sagt Kersting. Aber, auch das betont er, die anonyme Briefeschreiberei, gehe langsam aber sicher an die Substanz. Kersting verweist neben der juristischen Berechtigung einmal mehr auch auf die moralische Intention seines Handelns: Nämlich mit der eigenen Impfung als Vorbild zu dienen und die geringe Impfbereitschaft in der Einrichtung zu erhöhen. „Wenn ich etwas zu verbergen gehabt hätte, hätte ich mich ganz sicher nicht öffentlich zum Impfen in den Störmanns Hof gestellt“, sagt Kersting.

  • Stephan Kersting hatte keinen Hehl aus seiner Impfung gemacht. Er habe sehr wohl gewusst, dass es in der Sache Kritik geben könnte, sagte er damals im Gespräch mit unserer Zeitung.
  • Kersting begründet seine Impfung mit der zunächst extrem schlechten Impfquote in der Senioreneinrichtung: Lediglich 40 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatten nach einem ersten Aufruf ihre Impfbereitschaft erklärt. Entsprechend habe er Handlungsbedarf gesehen und einen erneuten persönlichen Impfaufruf gestartet. Um ein Zeichen zu setzen, habe er sich in diesem Zuge gemeinsam mit dem weiteren Geschäftsführer Michael Nemeita bereit erklärt, sich selbst impfen zu lassen.
  • Nach dem erneuten Aufruf lag die Impfbereitschafschaft der Mitarbeiter bei 75 Prozent. Er nehme allerdings nicht für sich Anspruch, dass die gestiegene Impfbereitschaft allein auf seinen Impfaufruf zurückzuführen sei, hatte Kersting zuletzt im Hauptausschuss betont.