Eversberg/Calle. In Eversberg ist Vandalismus an der Kirche noch ungeklärt. Dafür hat Meschedes Pfarrer einen ungewöhnlichen Diebstahl in Calle selbst gelöst.

Noch gibt es keine Hinweise auf die bislang unbekannten Täter, die in der Eversberger Pfarrkirche gewütet haben. „Die Betroffenheit im Ort ist groß“, sagt der Pfarrgemeinderats-Vorsitzende Thomas Wagner: „Wer macht so etwas?“ Pfarrer Michael Schmitt ist es zuletzt selbst gelungen, einen Fall von Heiligenschein-Diebstahl in Calle aufzuklären.

Auch die Glocken läuteten nicht

War das grober Unfug oder dreiste Kriminalität in Eversberg am helllichten Tag? Um 8 Uhr war am Samstagmorgen die Pfarrkirche aufgeschlossen worden, um 12.30 Uhr bemerkte Thomas Wagner selbst, als er die Kirche für den Gottesdienst vorbereiten wollte, dass in der Zwischenzeit unbekannte Täter in der Kirche gewesen waren: Die zwei Meter große historische Strahlenmadonna war bis zu den Bänken hinunter herabgekurbelt worden.

Auch interessant

Das aber kann nur jemand gemacht haben, der sich auskannte. Denn in der Kirche befindet sich wiederum noch ein separater weiterer Zugang für Arbeiten etwa am Dach:

Die Strahlenmadonna ist längst wieder an ihrem Platz oben im Gewölbe der Eversberger Kirche. Unbekannte hatten sie heruntergekurbelt - war das ein Diebstahlsversuch oder Vandalismus?
Die Strahlenmadonna ist längst wieder an ihrem Platz oben im Gewölbe der Eversberger Kirche. Unbekannte hatten sie heruntergekurbelt - war das ein Diebstahlsversuch oder Vandalismus? © Jürgen Kortmann

Diese Verbindungstür war verschlossen gewesen und wurde von den Unbekannten aufgebrochen – erst dann konnten sie über den Dachboden bis zur Kurbel klettern, um die Madonna herabzulassen.

Ein Schaden an dem Kunstwerk entstand glücklicherweise nicht. Neben der Tür zerstörten die Unbekannten allerdings auch die komplette Elektroversorgung in der Kirche. Die Sicherungen wurden herausgedreht und zerstört, Kabel abgeklemmt. Am Samstag blieben deshalb unter anderem die Glocken stumm in Eversberg. Sind die Täter gestört worden? Thomas Wagner weiß, dass ständig Besucher kommen, die sich die Kirche anschauen, die hier beten und eine Kerze anzünden. Vielleicht hat in der fraglichen Zeit ein Besucher doch etwas bemerkt: Die Gemeinde hat Strafanzeige erstattet, Hinweise von Zeugen, denen am Samstag etwas aufgefallen ist, an die Polizei in Meschede unter 0291 / 90200.

Latentes Vandalismus-Problem in Eversberg

„Die Kirche ist doch wie auf dem Präsentierteller hier gelegen. In all den Jahrzehnten ist noch nie etwas passiert“, sagt Thomas Wagner. In Eversberg gibt es ein latentes Vandalismus-Problem – reiht sich der jüngste Zwischenfall da ein? Zuletzt hatten Unbekannte Ende September 2020 sogar 50 Kilogramm schwere Granitsteine aus der Burgruine herausgebrochen und herabfallen lassen, eine Bank und Strahler zerstört – und, besonders eklig, auch noch ihre Exkremente auf der Treppe hinterlassen.

Auch interessant

Ein Apotheker mit kostenpflichtigem Corona-Schnelltest. Laut Kreisverwaltung in Meschede ist im Hochsauerlandkreis noch kein einziger kostenloser Test eingetroffen.
Von Jürgen Kortmann und Ute Tolksdorf

Der Mescheder Pfarrer Michael Schmitt, Leiter des Pastoralen Raums Meschede-Bestwig, ordnet den Vorfall in der Kirche eher in diesem Zusammenhang mit dem Vandalismus-Problem ein. „Das waren keine Kunstdiebe, die die Madonna stehlen wollten“, ist er überzeugt: „Kunstdiebe stehlen keinen Feuerlöscher.“ Denn als einzigen Gegenstand hatten die Unbekannten am Samstag einen Feuerlöscher aus der Kirche mitgehen lassen.

Erst zweifelt der Pfarrer an sich

Über kurz oder lang werde auch dieser Vorfall aufgeklärt, glaubt der Pfarrer. Er hat dabei einen anderen Diebstahl vor Augen, auf den er in diesem Zusammenhang aufmerksam macht. Denn Schmitt selbst hatte ihn im letzten Jahr zufällig im Vorbeifahren in Calle entdeckt – den Menschen dort war noch gar nicht aufgefallen, dass ihrem Brückenheiligen Johannes von Nepomuk der Heiligenschein abhanden gekommen war.

Auch interessant

Nepomuk ist, neben Maria, der einzige Heilige, der mit solch einem Strahlenkranz dargestellt wird. Die fünf Sterne werden als die fünf Buchstaben des lateinischen Wortes „tacui“ gedeutet, das steht für „ich habe geschwiegen“: Denn der Überlieferung nach soll Nepomuk, trotz Folter, in Prag nicht sein Beichtgeheimnis gebrochen haben. Schmitt erzählt davon auch immer den Kommunionkindern – und zweifelte plötzlich an sich, ob er denn etwas Falsches erzählt habe, weil da doch gar kein Heiligenschein in Calle war.

„Das ist unter dem Beichtgeheimnis geregelt“

Der Pfarrer stellte selbst Nachforschungen an – und es stimmte: Dem Brückenheiligen war sein Heiligenschein gestohlen worden. Binnen weniger Tage konnte er den Fall aufklären. Der Heiligenschein tauchte wieder auf. Wer der Heiligenschein-Dieb war, verrät der Pfarrer nicht: „Das ist unter dem Beichtgeheimnis geregelt“ – ganz passend zum Fall des Nepomuk. Letztlich sei es ein Dummer-Jungen-Streich gewesen, sagt er. Der Heiligenschein wurde sogar wieder neu vergoldet angebracht. Eine offizielle Neueinweihung gab es 2020 dafür nicht: Der Corona-Lockdown kam plötzlich dazwischen.

Auch interessant

>>>HINTERGRUND<<<

Die Madonna im Strahlenkranz ist einer der Kunstschätze in der St.-Johannes-Evangelist-Kirche in Eversberg. Sie stammt aus 1730.

Die Figur des Heiligen Johannes von Nepomuk an der Waller Straße in Calle ist eines von 129 Baudenkmälern der Stadt Meschede. Sie steht seit 1983 unter Denkmalschutz.

Anfang März war in Körbecke am Möhnesee eine 300 Jahre alte Jesusfigur aus der Kirche gestohlen worden. Der Täter brachte sie danach persönlich dem Pfarrer zurück: Er hatte sie gestohlen, um über die Figur mit Jesus sprechen zu können. Auf eine Bestrafung verzichtet die Kirche.