Meschede. Er war der erste Angeklagte im Fall des Toten im Maisfeld bei Meschede. Jetzt ist der 39-Jährige plötzlich Zeuge. Ein anderer Zeuge verschwindet.
Alles noch einmal von vorne im Fall des getöteten ukrainischen Bauarbeiters: Weil ein Schöffe im Prozess am Landgericht Arnsberg einen Bandscheibenvorfall hat und damit langfristig ausfällt, muss alles noch einmal aufgerollt werden – denn der Ersatz auf der Richterbank muss schließlich alle Fakten kennen lernen.
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Es ist jetzt schon das dritte Mal, dass Staatsanwalt Klaus Neulken die Anklage vorliest. Wer erschlug im August 2019 in der Unterkunft osteuropäischer Bauarbeiter in Meschede-Voßwinkel den 45-jährigen Ukrainer, dessen Leiche dann nachher in einem Maisfeld bei Schüren versteckt wurde? Mangels ausreichender Beweise ist im ersten Prozess ein inzwischen 39 Jahre alter Pole freigesprochen worden.
29-Jähriger bleibt dabei: Er sei unschuldig
Neulken hält aber an der Anklage wegen gemeinschaftlichen Totschlags fest: Der 39-Jährige habe zusammen mit einem 29 Jahre alten Polen den Ukrainer getötet. Im zweiten und jetzt dritten Prozess ist dieser 29-Jährige angeklagt.
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Der 29-Jährige bleibt dabei: An dem August-Abend habe es, nach reichlich Wodka-Genuss, Streit zwischen dem Ukrainer und dem 39-Jährigen gegeben. Der 29-Jährige will schlafen gegangen sein und von der tödlichen Auseinandersetzung nichts mitbekommen haben. Am nächsten Tag half er, die Blutspuren zu beseitigen – ihm sei die Geschichte erzählt worden, der Ukrainer sei beim Streit „durchgedreht“, in eine Glasscheibe gefallen und dann verschwunden.
„Meine Mama sagte mir, ich solle die Wahrheit sagen“
Weil er Auto fahren kann, sollte der 29-Jährige nachmittags helfen, angeblich irgendwo Diesel zu stehlen – doch ins Auto wurde dann von dem 39-Jährigen und einem 45 Jahre alten Polen, der in der Unterkunft das Kommando hatte, plötzlich „etwas in einer Decke hinten hineingeschmissen“. Es war die Leiche. Der 29-Jährige musste mit den beiden anderen losfahren: „Ich wusste nicht, was ich machen sollte.“ Bis heute wisse er nicht, wer den Ukrainer tötete. Wie berichtet, war der Mann später in Polen verhaftet worden. Vor Gericht sagt er, zuhause habe er vor seiner Festnahme mit seinen Eltern über den Fall gesprochen: „Meine Mama sagte mir, ich solle die Wahrheit sagen.“ Und die laute: „Ich habe ihn nicht getötet. Ich habe ihn nicht einmal geschlagen.“
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Einmal mehr werden die entsetzlichen Verletzungen geschildert, die der Ukrainer erlitt und an denen er schließlich starb: 13 Knochenbrüche am Kopf.
Die Kernfrage ist: Wer lügt? Aus polnischer Haft vorgeführt in Arnsberg wird der freigesprochene erste Angeklagte – der 39-Jährige sitzt dort mittlerweile eine Gefängnisstrafe wegen Betrugs und Körperverletzung ab. Jetzt wird er plötzlich zum Zeugen. Er bleibt bei seiner Aussage im ersten Prozess: Ja, er sei an der Schlägerei mit dem Ukrainer beteiligt gewesen, doch dabei bewusstlos geworden. Als er aufwachte, soll der 29-Jährige mit einem Axtstiel auf den Ukrainer eingeschlagen haben. Auch der 45 Jahre alte Haus-Chef sei beteiligt gewesen. Der Axtstiel sei danach verbrannt worden.
Erinnerungslücken bei Details
Für die Staatsanwaltschaft ist dagegen ein Vorschlaghammer die Tatwaffe: Der Hammer war mit DNA-Spuren des 39-Jährigen und Blut des Opfers gefunden worden. Doch bei vielen Details, die für die Glaubwürdigkeit wichtig sind, weicht der 39-Jährige aus oder meint, sich nicht erinnern zu können. Warum zum Beispiel bleibt er nicht beim Feuer, als die angebliche Tatwaffe verbrennt – sondern geht weg? Und: Verbrennt ein imprägnierter Axtstiel eigentlich so ohne Weiteres? Oder: Wie habe der 29-Jährige genau zugeschlagen?
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Völlig offen bleibt die Rolle des 45-Jährigen. Beschuldigt war er bislang nicht, obwohl der 39-Jährige und jetzt auch der 29-Jährige ihn belasten. Er war schon zweimal im Prozess als Zeuge, und sagte, er sei nicht beteiligt gewesen. Ein dritter Auftritt jetzt scheiterte: Denn der Mann soll inzwischen ebenfalls in Polen im Gefängnis sein, wurde nun im Prozess bekannt.
>>>HINTERGRUND<<<
Angeklagt ist der 29-Jährige auch wegen einer Körperverletzung: Er soll den 45 Jahre alten Haus-Chef in der Unterkunft ins Gesicht geschlagen haben.
Der 29-Jährige gibt das zu: Der 45-Jährige soll ihn gedrängt haben, gegenüber der Polizei den Totschlag zuzugeben. Andernfalls drohte der 45-Jährige, würde man seiner Freundin und seinem Kind in Polen „weh tun“ – da schlug er zu.