Freienohl. Seit 20 Jahren verfolgt eine heute 77-Jährige in Freienohl bei Meschede den katholischen Pfarrer. Jetzt kommt sie wieder vor Gericht.

Seit 20 Jahren verfolgt eine inzwischen 77 Jahre alte Stalkerin den katholischen Pfarrer Michael Hammerschmidt im Mescheder Ortsteil Freienohl mit ihren Sex-Auftritten – ohne Folgen für die Frau. Die unendliche Justiz-Geschichte, die dahinter steckt, wird 2021 fortgesetzt: Dann werden sich im Januar beide erneut vor Gericht treffen.

Die Anklage lautet wieder auf Nachstellung – so heißt das Stalking juristisch. Beschäftigen wird sich damit das Landgericht Arnsberg. Es wird eine Berufsverhandlung gegen ein Urteil des Mescheder Amtsgerichtes sein: Dieses hatte die Frau im November 2019 zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, die Vollstreckung wurde zur Bewährung ausgesetzt. Sowohl die Frau als auch die Staatsanwaltschaft hatten dagegen Berufung eingelegt.

Selbst den Gottesdienst störte sie laut Anklage

Erneut geht es dann um drei exemplarische Vorfälle aus 2017 und 2018, die der Frau vorgeworfen werden. Bei einem soll sie nachmittags den Garten des Pfarrers mit Gegenständen „dekoriert“ haben, die einen sexuellen Bezug hatten, ihm obszöne Worte zugerufen haben, ihren Mantel geöffnet haben (unter dem sie nackt war) und sich wiederholt in den Schritt gefasst haben. Ein anderes Mal störte sie einen Gottesdienst, den Hammerschmidt hielt. Beim dritten Fall zeigte die Frau dem Pfarrer in seinem Garten ihre Brüste, tanzte und hinterließ wieder ihre besondere Sex-Deko – zum Beispiel Möhren mit angebundenen Ballonen. Im Amtsgericht zeigte sie sich schüchtern: Sie sagte in ihrem Prozess kein Wort, sie verbarg sich unter einem großen Hut, der ihr Gesicht für die Öffentlichkeit verdeckte.

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Der Fall hat deutschlandweit für Aufsehen gesorgt. Das Bundeszentralregister weist 80 Einträge bei der Frau auf – aber bislang nicht eine Verurteilung. Alle Verfahren gegen die alte Frau sind eingestellt worden, weil sie bislang nicht als schuldfähig galt.

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Das Mescheder Amtsgericht war mit seinem Urteil erstmals zu einem anderen Schluss gekommen, das Verhalten der Frau wurde als „Dauerdelikt“ eingestuft. Beim neuen Verfahren geht es wieder darum: „Die alles entscheidende Frage ist: War sie schuldfähig – oder nicht?“, sagt Oberstaatsanwalt Thomas Poggel.

Gutachter: Frau liebt den theatralischen Auftritt

Vom Landgericht Arnsberg ist für diese Frage wieder ein ergänzendes Gutachten eingeholt haben. In einem früheren Verfahren hatte auch das Landgericht die Frau schon als schuldunfähig eingestuft. Für die Verteidigung steckt ein „Wahn“ hinter der Krankheit der Frau. Gutachter Dr. Josef Leßmann, langjähriger Leiter der LWL-Klinik in Warstein, hatte jedoch in dem Mescheder Verfahren die alte Frau für schuldfähig gehalten: „Sie ist sehr wohl in der Lage, ihre Handlungen zu planen und die Auswirkungen abzuschätzen“. Sie liebe den theatralischen Auftritt und suche Bewunderung.

Warum ausgerechnet der Pfarrer? Da gibt es nur einen Erklärungsversuch, weil die Frau ja nichts sagt. Demnach stand der Geistliche am Sterbebett des Vaters der Frau. Er soll dort mitbekommen haben, wie die Frau den Vater noch zu einer Entschuldigung gedrängt haben soll. Das war zu spät, der Vater starb. Er soll seine Tochter sexuell missbraucht haben. Laut Psychiater Leßmann wurde Pfarrer Hammerschmidt so zum „Ersatzobjekt“. Er sieht das als durchaus behandelbar an, so der Mediziner.

Weitere Vorfälle nach dem letzten Urteil

Die Frau sollte sich, so die Auflagen im Urteil, auch nicht mehr dem Pfarrer oder dem Pfarrhaus nähern dürfen. Wegen der ausstehenden Berufung ist das Mescheder Urteil nicht rechtskräftig geworden. Sonst hätte die Bewährung widerrufen und die Frau ins Gefängnis kommen können. Denn Ruhe hat die 77-Jährige in der Zwischenzeit nicht gegeben. Oberstaatsanwalt Poggel bestätigt: „Es gab danach weitere Vorfälle und Strafanzeigen.“ Sie sind aber alle vorläufig eingestellt worden, um die Berufungsverhandlung abzuwarten.

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