Meschede. Ein Mann aus Guinea, der in Meschede lebt, entgeht seit 2015 seiner Abschiebung. Als ihm ein Corona-Test angekündigt wird, taucht er wieder ab.

Einem 22 Jahre alten Mann gelingt es erfolgreich, die deutschen Behörden zu narren. Er ist ein Beispiel dafür, wie man in Deutschland bleiben kann, ohne es eigentlich zu dürfen. Bei ihm handelt es sich um einen jungen Mann aus dem westafrikanischen Land Guinea. Er lebt in Meschede.

Der 22-Jährige hätte sich jetzt vor dem Amtsgericht Meschede verantworten müssen. Dort sollte ihm eigentlich der Prozess wegen illegalen Aufenthaltes in Deutschland gemacht werden – das Verfahren platzte aber kurzerhand, weil der Mann vor Gericht nicht erschien. Er ist untergetaucht, wieder einmal.

Immer wieder untergetaucht

Dahinter verbirgt sich aber mehr. 2015 haben die deutschen Behörden erstmals mit dem damals 17-Jährigen zu tun. Seit 2015 hat er während des Aufenthaltes in Deutschland überwiegend öffentliche Mittel zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes und eine städtische Unterkunft erhalten. Eingereist in die Europäische Union ist der Mann allerdings zu einem nicht bekannten Zeitpunkt in Italien. Damit wären die italienischen Behörden eigentlich für die Bearbeitung seines Asylantrags zuständig.

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2017 wurde sein Asylantrag in Deutschland abgelehnt: Der Mann sollte deshalb aus Meschede zurück nach Italien geschickt werden, wurde aber am Tag der geplanten Rücküberstellung nicht angetroffen. Im November 2018 wurde er dann erstmalig zurück nach Italien abgeschoben. 2019 reiste er, aus Frankreich kommend, wieder illegal in Deutschland ein.

Sein Asyl-Folgeantrag wurde anschließend abgelehnt, auch seine gerichtliche Klage dagegen: Seit Juli 2019 war er damit ausreisepflichtig, er musste Deutschland verlassen.

Die Kreisverwaltung in Meschede: Seit August 2020 sind durch die Ausländerbehörde wieder Abschiebungen möglich.
Die Kreisverwaltung in Meschede: Seit August 2020 sind durch die Ausländerbehörde wieder Abschiebungen möglich. © Jürgen Kortmann

Im September 2019 hätte der Mann nach Italien geschickt werden sollen, bestätigt die Ausländerbehörde des Kreises auf Anfrage – er tauchte aber unter. Danach wurde er zur Festnahme ausgeschrieben. Die Polizei konnte den Mann auch im Oktober 2019 aufgreifen. Allerdings konnte das Amtsgericht Meschede aus verschiedenen rechtlichen Gründen eine Abschiebehaft für den Guineer nicht anordnen.

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Er wurde also freigelassen – und tauchte wieder unter. Daraufhin wurde vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Frist für die Rücküberstellung nach Italien bis zum 2. Januar 2021 verlängert.

Corona mit rechtlichen Folgen

Schließlich meldete sich der Mann im April 2020 bei einer Unterkunft in Mönchengladbach. Von dort aus wurde er im Mai zurück in den Hochsauerlandkreis geschickt, wieder nach Meschede. Jetzt kommt das Corona-Virus ins Spiel: Er bekam eine Duldung, hierbleiben zu dürfen, weil wegen Corona keine Rückführungen durchgeführt wurden – er wäre sonst wieder nach Italien geschickt worden.

Seit August 2020 liegt der Ausländerbehörde nun eine Genehmigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vor, dass Abschiebungen wieder möglich sind. Für den Mann wurde deshalb schon ein Rückflug nach Italien gebucht, Starttermin am 22. September. Dafür allerdings wäre ein negativer Corona-Test erforderlich gewesen. Der allerdings kann nicht einfach so durchgeführt werden – weil es ein körperlicher Eingriff ist, muss der angekündigt werden. Das geschah auch per Ordnungsverfügung. Damit allerdings kannte der Mann den Termin seiner Abschiebung – und tauchte unter.

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Danach wurde der Mann weiterhin im Mescheder Stadtbild gesehen – man hätte ihn also wieder polizeilich finden können. Für den November war bereits ein neuer Flug nach Italien gebucht worden. Wegen der zunehmenden Corona-Lage wurde er allerdings storniert.

Allerdings: Die Corona-Situation entspannte sich ja nicht bis zum 2. Januar. Und das hat nun rechtliche Konsequenzen: Nun ist nämlich so viel Zeit vergangen, dass nicht mehr Italien für das Asylverfahren des Mannes zuständig ist – „dann sind die deutschen Behörden zuständig“, bestätigt Martin Reuther, Sprecher des Hochsauerlandkreises. Und das bedeutet: Es geht alles von vorne los, der ganze Asylantrag wird noch einmal geprüft. Dauer: Nicht absehbar, wahrscheinlich mehrere Jahre. Hinzu kommt: Guinea gehört zu den Staaten, die seinen Landsleuten, die geflüchtet sind, nur selten neue Papiere ausstellt, die für eine Abschiebung aus Deutschland allerdings nötig sind.

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Von Jan Jessen, Jürgen Kortmann und Miguel Sanches

>>>HINTERGRUND<<<

Die Zahlen im Hochsauerlandkreis (Stand 31. Dezember 2020):

Aktuelle Asylverfahren: 739

Geduldete Ausländer im Hochsauerlandkreis (grundsätzlich ausreisepflichtig): 483

Abschiebungen: 29

Freiwillige Ausreisen: 75