Meschede. Weil sie scheinbar den falschen Beruf hat: Eine Erzieherin aus Meschede erzählt, wieso sie die Physiotherapie-Praxis wechseln musste.

Stephanie Möller arbeitet als Erzieherin und hält sich Tag für Tag an die vorgegebenen Corona-Regeln für ihre Berufsgruppe. Da diese das Tragen einer Maske nur im Umgang mit Erwachsenen, aber nicht mit Kindern nicht beinhalten, wurde ihr nun ihre Behandlung in einer Mescheder Praxis für Physiotherapie verwehrt.

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„Ich habe beim Smalltalk mit der Therapeutin darüber gesprochen, dass ich Erzieherin bin. Ich schilderte ihr dann auch die Auflagen, die für mich gelten und an die ich mich halte“, erklärt Stephanie Möller. Zwei Tage später bekam sie dann plötzlich einen Anruf, in dem ihr mitgeteilt wurde, dass ihre zukünftigen Termine abgesagt werden müssten, weil sie im Kindergarten keine Maske trage. „Ich war überrascht darüber und natürlich unvorbereitet. Habe dann aber erst einmal vorgeschlagen, während der Behandlung eine FFP2-Maske zu tragen“, so die Erzieherin weiter.

Eine notwendige gesundheitliche Behandlung

Auf die angekündigte schnelle Rückmeldung, um das Thema mit der Therapeutin selbst zu besprechen, wartete sie daraufhin jedoch vergebens und so fiel der Termin am gleichen Tag aus. „Je mehr ich über das Gespräch nachdachte, desto unverständlicher wurde mir die Angelegenheit. Mir wird immerhin eine notwendige gesundheitliche Behandlung verweigert, weil für mich an meinem Arbeitsplatz eben gewisse Corona-Auflagen gelten“, sagt Stephanie Möller, die auch mit ein paar Tagen Abstand noch empört darüber ist, dass einfach behauptet wurde, dass sie an ihrem Arbeitsplatz keine Maske tragen würde, „und dann hat die Dame am Telefon noch zu mir gesagt, dass eben jeder gucken müsse, wo er bleibt.“

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Für die Unsicherheit des Praxispersonals bringt die Erzieherin aber trotz allem etwas Verständnis auf. Schließlich wisse man im Moment ja nie genau, was denn nun richtig oder falsch sei und das Treffen von Entscheidungen falle nun einmal schwer. „Das kenne ich ja aus meinem eigenen Beruf, da geht es mir genauso.“

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Die Odyssee um die verweigerten Termine ging jedoch noch weiter, man teilte Stephanie Möller mit, dass sie durchaus ihre weiteren Termine wahrnehmen dürfe, dafür müsse sie aber jedes Mal einen negativen Coronatest vorlegen und sich zusätzlich mit einer FFP2-Maske schützen. „Diese Entscheidung ist für mich willkürlich und anmaßend. Ich bin nicht bereit, jedes Mal 35 Euro bei meinem Hausarzt zu zahlen, nur um zur Physiotherapie gehen zu können“, so die Erzieherin.

Keine rechtliche Grundlage

Auf Nachfrage dieser Zeitung beim Gesundheitsamt des Hochsauerlandkreises kann Pressesprecher Martin Reuther sich nur wundern: „Wir sind zwar nicht direkt zuständig, ich kann aber sagen, dass es natürlich keinerlei rechtliche Grundlage dafür gibt, eine Erzieherin nicht zu behandeln, wenn sie sich an die geltenden Regeln am Arbeitsplatz hält.“

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Der Geschäftsführer des Landesverbands für Physiotherapie in Nordrhein-Westfalen, Jürgen Querbach, geht sogar noch weiter und erklärt, dass Physiotherapeuten rechtlich gesehen sogar einen Versorgungsauftrag haben und ein so genannter Globalvertrag mit den Krankenkassen besteht. „Das bedeutet, dass eigentlich eine Behandlungspflicht besteht, wenn nicht ein völlig außergewöhnlicher Fall eintritt.“ Dass Frau Möller Erzieherin sei, zähle laut Querbach selbstverständlich nicht dazu. „Dann müsste man ja auch verweigern, Ärzte oder Pflegepersonal oder Personen mit HIV-Erkrankungen zu behandeln“, heißt es weiter. Ein vergleichbarer Fall sei dem Verband bislang nicht untergekommen.

Stephanie Möller ist inzwischen bei einer anderen Physiotherapie-Praxis in Meschede angenommen worden, um ihre medizinisch notwendigen Behandlungen durchführen zu lassen. Verärgert über das Verhalten ihrer vorherigen Therapeutin ist sie aber dennoch: „Ich habe ich die Entscheidung getroffen, mich in dieser Praxis auch in Zukunft nicht mehr behandeln zu lassen. Ich frage mich wirklich, ob dort nun jeder Patient vor der Behandlung nach seinem Beruf gefragt wird. Das ist wirklich ein Witz, der in der Corona-Zeit und besonders in der Weihnachtszeit gar nicht gut ankommt.“

>>> Corona-Regeln in Kitas:

  • Alle Erwachsenen in Kindertagesstätten haben einen Mindestabstand von 1,5 Metern zueinander einzuhalten. Das gilt für die Beschäftigten in den Kindertageseinrichtungen und für Kindertagespflegepersonen untereinander, zwischen den Beschäftigten bzw. Kindertagespflegepersonen und den Eltern und den Beschäftigten in den Kindertageseinrichtungen bzw. Kindertagespflegepersonen und Externen.
  • Im Umgang mit anderen Erwachsenen muss immer dann eine Alltagsmaske getragen werden, wenn der Abstand von 1,5 Metern nicht einzuhalten ist. Träger können Eltern verpflichten, beim Bringen und Abholen ihrer Kinder eine Alltagsmaske zu tragen.
  • Zwischen den Herbst- und Weihnachtsferien hatten die Beschäftigten in den Kindertageseinrichtungen die Möglichkeit, sich bis zu dreimal kostenlos auf SARS-CoV-2 testen zu lassen. Der Zeitpunkt ist dabei frei wählbar. Stephanie Möller hat diese Tests wahrgenommen und war jedes Mal negativ.

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