Meschede. Ein bedrückender Fall für einen Mescheder Privatdetektiv: Er soll den Tod eines kleinen Jungen klären - aber gibt es überhaupt einen Schuldigen?
Als Privatdetektiv verblüfft es mich immer wieder, welche Rechtfertigungen sich überführte kriminelle Täter für ihre Handlungen einfallen lassen: Existenzielle Geldnot, eine Frage der Ehre, tödliche Beleidigungen, gesundheitliche Probleme, schwere Kindheit oder andere Katastrophen, die angeblich eine gesetzeswidrige Handlung rechtfertigen können. Da ist immer ein Stück Realitätsverkennung und vor allem ein grenzenloser Egoismus im Spiel.
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Anders verhält es sich, wenn Opfer oder solche, die sich als Opfer fühlen, die Realität aus dem Blick verlieren. Wenn Rache oder Schuldzuweisungen das Denken eines Menschen so besetzen, dass kein Raum mehr für rationales Denken bleibt, kann das zu krankhaften Handlungen führen, die man niemandem wünscht. Jemand muss doch Schuld haben.
Meine Auftraggeberin, Frau B. ist eine zurückhaltende, schlicht gekleidete Frau um die 30 Jahre alt, verheiratet in einem kleinen Dorf im Sauerland. Ihr Auftreten ist zunächst völlig unauffällig und ihre Geschichte verdient mein größtes Mitgefühl. Ihr 3-jähriger Sohn starb vor Kurzem durch einen schrecklichen Unfall. Der kleine M. spielt unter der Aufsicht seines Vaters im Garten. Der Vater lässt ihn für wenige Minuten unbeaufsichtigt.
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Furchtbare Tragödie
M. entdeckt die ersten Osterglocken im Garten der Nachbarin Frau T. und zupft an diesen grellgelben Blumen herum. Frau T. sieht ihn zufällig aus ihrem Wohnzimmerfenster. Sie ist noch nicht lange verwitwet und diese Osterglockenzwiebeln hat noch ihr seliger Mann gesetzt. Wutentbrannt reißt sie das Fenster auf und herrscht den völlig überraschten kleinen Kerl heftig an, dass er verschwinden solle. M. rennt kopflos aus dem Garten der Nachbarin und direkt vor ein Auto. Der Fahrer fuhr nicht zu schnell, ein Ausweichen war nicht möglich. Eine schreckliche Tragödie.
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Frau B. beauftragt mich, „eine Mitschuld der Nachbarin und des Autofahrers zu beweisen.“ Sie selbst rede seit der Katastrophe weder mit ihrem Mann noch mit der Nachbarin auch nur ein Wort. Ich erkläre der Mutter so einfühlsam wie möglich, dass weder die Nachbarin noch der Autofahrer rechtlich belangt werden können. Ich sehe keine Möglichkeit, ihr zu helfen und kann den Auftrag nicht annehmen. Unter Beschimpfungen und Verwünschungen verlässt sie mein Büro.
Kollege wird beauftragt, „eine alte Witwe zu verprügeln“
Ich dachte, die Sache habe sich erledigt. Da erscheint Frau B. einige Wochen später zum zweiten Mal bei mir: „Ich habe einen Kollegen mit demselben Auftrag engagiert, der 5000 Euro Vorkasse erhalten hat und danach nie wieder aufgetaucht ist. Finden Sie diesen feinen Kollegen und schaffen Sie mir mein Geld zurück.“ Das war nicht besonders schwierig, allerdings hatte der vorbestrafte vermeintliche Privatdetektiv gar keine Zulassung als Privatdetektiv und das Geld auch schon ausgegeben.
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Seine Version der Geschichte lautete: „Die wollte, dass ich eine alte Witwe verprügeln sollte, weil da eine Rechnung offen wäre, aber so etwas mache ich nicht.“ Ich konnte den Möchtegern-Detektiv überreden, sich an die Polizei zu wenden, da ich das Leben der Witwe T. in Gefahr sah. Das Ende vom Lied: Frau B. muss sich einer Therapie unterziehen, um ihre Trauer nicht weiter in Wut-, Rache- und Schuldzuweisungen zu verwandeln. Ich weiß, dass sie mich bis an ihr Lebensende für den „Hauptschuldigen“ hält.
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>>>HINTERGRUND<<<
Wir nennen ihn h.f.. Ein guter Privatdetektiv verhält sich in der Öffentlichkeit unauffällig. Berufsbedingt möchte er nicht erkannt werden.
Der Mescheder Privatdetektiv und Geschäftsführer einer Sicherheitsfirma verfügt über Jahrzehnte lange Berufserfahrung.
Für unsere Leserinnen und Leser erzählt h.f. einige Episoden aus seinem Berufsleben.