Meschede. Es soll ein Routinefall für den Privatdetektiv werden. Doch dann wird es brenzlig. Der Mescheder berichtet aus seinem Arbeitsalltag.
Es scheint ein Routineauftrag für einen Sicherheitsdienst, was sich daraus entwickelt berichtet ein Mescheder Privatdetektiv - wir nennen ihn h.f. - in unserer Serie.
In einem regionalen Baumarkt bemerkt der Geschäftsführer, dass jeweils in den Abendstunden immer wieder Elektrowerkzeuge wie Bohrmaschinen, Flexen, Schrauber und dergleichen „abhanden“ kommen. Den Auftrag nehme ich an und verspreche, mich selbst darum zu kümmern. In diesem Fall heißt das: Als erstes lasse ich mich zum Baumarkt fahren. Niemals den eigenen Wagen vor dem zu observierenden Gebäude parken, ist eine Grundregel. Vorausschauend aber alle Pkw in der näheren Parkplatzumgebung in Augenschein nehmen.
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Da steht tatsächlich ein Mittelklassewagen ziemlich unbegründet an der Seite der Zubringerstraße, obwohl auf dem Gebäudeparkplatz mehr als genügend Plätze frei sind. Ich notiere das Kennzeichen. Mein Kontrollgang entlang des Zaunes, der den Außenbereich abgrenzt, erweist sich als Volltreffer. Dort liegt eine Stichsäge im Originalkarton im hohen Gras zwischen dem 3,5 Meter hohen Zaun und der Zubringerstraße. Da hat jemand aber einen wirklich tollen Wurf hingelegt. Das ganze Paket ist nicht unbedingt als leichtgewichtig zu bezeichnen.
Beobachtungsposten vor dem Baumarkt
Nach telefonischer Rücksprache mit meinem Auftraggeber, tausche ich die Stichsäge im Karton gegen einen Pflasterstein aus und suche mir einen neuen Observationsplatz, um festzustellen, wer das Diebesgut abholen wird. Dass der Ladendieb inzwischen ganz andere Pläne hatte, konnte ich nicht ahnen.
Direkt vor dem Baumarkt ist ein Mustergartenhäuschen aufgebaut, das sich als idealer Beobachtungsposten erweisen sollte. Dort beziehe ich Stellung und kann sowohl den Gebäudeeingang, meinen Köderkarton als auch weite Teile des Parkplatzes einsehen. Die nächsten Stunden verlaufen ohne Vorfälle. Das kenne ich, da muss man dann konzentriert bleiben, auch wenn die Langeweile erdrückend wird.
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Geschäftsführer wird mit Revolver bedroht
Schließlich verlässt der Geschäftsführer als letzter das Gebäude. Ich erinnere mich noch genau, dass ich dachte, der könnte auch als Balu der Bär durchgehen, wie er da so fröhlich hermarschiert. Dann geschieht alles auf einmal und ganz schnell: Balu, der Bär verwandelt sich in einen kerzengeraden Soldaten, der reichlich unnatürlich mit steifen Schritten wieder der Eingangstür zuschreitet. Direkt hinter ihm taucht eine kleinere Gestalt auf, die ganz offensichtlich in der rechten Hand einen Revolver trägt, mit dem sie den Weg weist. Den aufgespannten kleinen roten Kinderschirm in der linken Hand kann ich zunächst nicht einordnen, bis mir klar wird: Der Kinderschirm soll im Bedarfsfall zur Tarnung des Revolvers dienen. So etwas hatte ich auch noch nicht erlebt.
Beide Männer verschwinden direkt an mir vorbei im Gebäude. Eine Alarmanlage kann innerhalb einer vorgegebenen Karenzzeit wieder freigeschaltet werden. Das muss der zweite Mann, der mit dem Revolver, gewusst haben. Jetzt wird es Zeit für die 110. Ich informiere die Polizei, die mich wenig später in einem unauffälligen Zivilwagen außerhalb des Parkplatzes erwartet. Vorsichtshalber gebe ich auch das Autokennzeichen durch, da es vielleicht einen Hinweis auf den Täter enthalten konnte.
Nervenzerreißende Minuten
Die nächsten 30 Minuten geschieht gar nichts. Solche Minuten können nervenzerreißend sein. Dabei ist die Ungewissheit am schlimmsten: Was passiert gerade da drinnen? Dann fliegt die Eingangstür auf und ein Mann flitzt in Richtung des verdächtigen Pkw, wo er von der Polizei erwartet und gleich verhaftet wird. Mein Auftraggeber Balu war zum Glück unversehrt, allerdings klassisch mit Kabelbindern an einen Heizkörper gebunden. Die Zeitversperrung des Tresors hat dem Geiselnehmer dann doch zu lange gedauert.
In der Gerichtsverhandlung, zu der ich als Zeuge geladen war, gestand der Verdächtige sowohl den mehrfachen Ladendiebstahl als auch die Geiselnahme des Geschäftsführers, der den Tresor öffnen sollte. Zu seinem Motiv erklärte er: Meine Hochzeitsfeier war so teuer, und ich wollte mich nicht vor meinen neuen Schwiegereltern und vor meiner Frau blamieren. Auf so eine Ausrede muss man erst einmal kommen. Das Gericht akzeptierte sie natürlich nicht.
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>>>HINTERGRUND
Wir nennen ihn h.f.. Ein guter Privatdetektiv verhält sich in der Öffentlichkeit unauffällig. Berufsbedingt möchte er nicht erkannt werden.
Der Mescheder Privatdetektiv und Geschäftsführer einer Sicherheitsfirma verfügt über Jahrzehnte lange Berufserfahrung.
Für unsere Leserinnen und Leser erzählt h.f. einige Episoden aus seinem Berufsleben.