Bödefeld. Die Praxis Haas will sich aus Bödefeld zurückziehen. Wie es jetzt weitergeht.

Im Ort wurde schon lange darüber gemunkelt. Nun ist klar: Der Erndtebrücker Dr. Oliver Haas schließt seine Filialpraxis in Bödefeld.

Doch der Ort braucht eine eigene Hausarztpraxis und die Stadt Schmallenberg den Arztsitz. Davon sind Stadt und Kassenärztliche Vereinigung (KV) überzeugt. Ein Grund dafür, dass sich beide jetzt noch mal verstärkt für die Nachbesetzung engagieren: So verspricht Bürgermeister Bernhard Halbe einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin bei der Miete in der Graf-Gottfried-Straße entgegenzukommen. Und die KV hat Bödefeld aktuell erneut in ihr Förderverzeichnis aufgenommen. Das heißt auch von dieser Seite gibt es Unterstützung - direkt oder in Form eines Darlehens, das müsse im Einzelfall verhandelt werden, erklärt Jana Elbert, Pressesprecherin der KV Westfalen-Lippe.

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Das sagt der Bürgermeister

Was noch fehlt ist ein Arzt oder eine Ärztin, der oder die in Bödefeld übernimmt. Noch scheint auch nicht klar zu sein, wann genau Haas seine Filiale schließen wird. Eigentlich hatte er zum Quartalsende seinen Rückzug angekündigt. „Wir versuchen aber ihn zu zurzeit zu überzeugen, dass er für eine Übergangszeit bis Anfang 2021 noch bleibt“, sagte jetzt Bürgermeister Bernhard Halbe. Denn es gebe Gespräche mit einem Interessenten aus Schmallenberg. Dafür brauche man aber den Übergang. „Ich bin zuversichtlich, dass der Neuanfang gelingt.“ Das ist umso wichtiger, als im Schmallenberger Stadtgebiet schon jetzt zwei Hausarzt-Sitze fehlen, geht Haas, sind es drei.

Die Arztpraxis in Bödefeld  ist durchrenoviert. Die Stadt  sucht einen neuen Mieter.
Die Arztpraxis in Bödefeld ist durchrenoviert. Die Stadt sucht einen neuen Mieter. © Philipp Wegener

Das sagen Bödefelder

Zuletzt hatten sich Bödefelder über die Öffnungszeiten in der Praxis geärgert. „Glück-auf-Praxis“ hieß sie schon zum Scherz im Ort - Glückauf, weil man Glück hatte, wenn sie auf hatte. „Das ist nur noch eine Rezept-Abholstelle“, schimpft eine junge Bödefelder Mutter, die anonym bleiben will, gegenüber unserer Zeitung. „Und wenn eine der Mitarbeiterinnen krank ist, bleibt sie auch mal spontan geschlossen.“ Gerade für die Senioren im Ort, die nicht so mobil seien, sei das ein großes Problem, bestätigte auch Matthias Albers, der Vorsitzende des Bezirksausschusses.

Die Bödefelderin erinnerte zudem an die Versprechungen, die am Anfang gemacht worden seien. „Es sollte eine Praxis werden, die an fünf Tagen in der Woche geöffnet hat, doch nach und nach wurden die Zeiten immer weiter reduziert.“ Außerdem habe es geheißen, dass auch Kinder dort aufgenommen würden. „Als ich für meinen Sohn nach der U7 gefragt habe, hieß es, die solle ich doch lieber beim Kinderarzt machen.“

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Das sagt der Mediziner

Fünf Jahre zuvor hatte Dr. Oliver Haas mit viel Schwung den Filialbetrieb seiner Erndtebrücker Praxis eröffnet. Anfangs waren fünf Ärzte dort abwechselnd im Einsatz. „Ich wollte etwas Neues probieren.“ Er war und ist überzeugt: Es braucht neue Ideen, um dem Ärztemangel auf dem Land zu begegnen. Er habe Verständnis für den Unmut der Bödefelder, sagt er heute und gesteht ein: „Ich habe die 40-Kilometer Entfernung zwischen Erndtebrück und Bödefeld unterschätzt“ - für sich, seine Ärzte, aber vor allem auch für Medizinischen Fachangestellten. Es sei - anders als dem Filialbetrieb in Wingeshausen, der gut laufe - schwer gewesen, den Kontakt zu halten. „Die Kolleginnen fühlten sich nicht in Erndtebrück und nicht in Bödefeld richtig beheimatet.“ Vor allem personell sei er daher nicht in der Lage, die Praxis weiterzuführen. Das werde anders, wenn ein Kollege aus Schmallenberg übernimmt, ist er überzeugt.

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Haas wäre froh, wenn es dazu kommt. „Es ist wichtig für die Bödefelder, dass es weitergeht.“ Denn dass der Ort eine eigene Arztpraxis braucht, ist für ihn klar. „Dabei geht es weniger um die Einwohnerzahl, sondern vor allem um die weiten Entfernungen.“

>>>HINTERGRUND

2014 hatte Dr. Franz-Josef Ochsenfeld seine Landarztpraxis in Bödefeld geschlossen, nachdem er längere Zeit einen Nachfolger gesucht hatte.

2015 hatte sich dann Dr. Oliver Haas gefunden, der bereit war, die Praxis als Filialbetrieb zu eröffnen.

Dabei handelte es sich um ein Modellprojekt der Kassenärztlichen Vereinigung. Im ersten Jahr wurde Haas daher von der Kassenärztlichen Vereinigung finanziell unterstützt.

Außerdem hatte die Stadt Schmallenberg das Haus in der Graf-Gottfried-Straße 27, in dem die Praxis liegt, gekauft, umgebaut und vermietet.

2016 - ein Jahr später hatten Haas und seine Kollegin Dr. Annia Röhl bekräftigt, dass sie weitermachen.