Meschede. Im Fall des Toten im Maisfeld bei Meschede soll ein Zeuge in einem polnischen Gefängnis verhört werden. Es geht um ein wichtiges Detail.

Im Fall des Toten im Maisfeld bei Schüren werden weitere Details aus den Ermittlungen bekannt. Es ist teils wissenschaftliche Detektivarbeit: So konnte bei der Leiche des 45 Jahre alten Ukrainers, die im September 2019 entdeckt wurde, noch ein Alkoholanteil von 4,2 Promille festgestellt werden. Der Mann war in einer Unterkunft in Meschede-Voßwinkel erschlagen worden, in der der Ukrainer zusammen mit anderen osteuropäischen Bauarbeitern lebte.

Die Messungen sind so fein, dass die Forensiker bei dem Toten sogar noch Restspuren von Arzneimitteln gegen Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen ermitteln konnten. Der hohe Alkoholwert untermauert die Vermutung, dass es unter den Bauarbeitern in ihrem Wohnhaus in Meschede-Voßwinkel im Suff mit viel Wodka zu einer Auseinandersetzung kam, die dann tödlich endete. Der Anlass für den Streit ist weiter unbekannt. Vor Gericht wurde der Tote bislang so geschildert, dass er eigentlich nie mitgetrunken habe.

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Plötzlich war die Polizei da

Die deutsche Justiz sucht jetzt die Nähe zur polnischen Justiz. Per Videokonferenz soll ein Mann als Zeuge gehört werden, der nach dem Leichenfund eine wichtige Nebenrolle gespielt haben könnte.

Zunächst wurde die Leiche des Mannes aus der Ukrainer hier unter der Dachterrasse versteckt. Leichenspürhunde der Polizei schlugen hier an. 
Zunächst wurde die Leiche des Mannes aus der Ukrainer hier unter der Dachterrasse versteckt. Leichenspürhunde der Polizei schlugen hier an.  © Jürgen Kortmann

Die Videokonferenz müsste dann aber vom Prozess am Arnsberger Landgericht in ein polnisches Gefängnis zustande kommen, denn der Mann sitzt in seiner Heimat ein. Seit Wochen ist aber noch kein Kontakt mit den polnischen Behörden erreicht worden.

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Dieser Mann war einer der Fahrer, der seine Kollegen von Voßwinkel aus zu ihren Baustellen in ganz Deutschland brachte. An diesem Tag im September soll er den in Arnsberg angeklagten 38 Jahre alten Polen und einen 28-Jährigen nach Voßwinkel von der Arbeit zurück gebracht haben – genau dann, als gerade die Polizei das Haus durchsuchte. Dem Fahrer soll befohlen worden sein, nicht anzuhalten, sondern einfach rasch durchzufahren.

Mitgeholfen, Leiche zu „entsorgen“

Die spannende Detailfrage lautet: Wer von den beiden ist denn bei dem Anblick der Polizei eigentlich so sehr in Panik geraten, dass er den Befehl gab? Die drei fuhren danach dann kurzerhand durch zum Firmensitz der Bauarbeiter nach Wuppertal. Dort wurden dann beide später festgenommen.

Der 38-Jährige ist seitdem in Haft und steht wegen gemeinschaftlichen Totschlags vor Gericht. Der 28 Jahre alte Pole allerdings ist danach wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Am Landgericht Arnsberg sah man gegen ihn keinen hinreichenden Tatverdacht, um ihm den Prozess machen zu können. In der Zwischenzeit hatte der 38-Jährige, der bis dahin geschwiegen hatte, gegenüber einem Gutachter erstmals Aussagen gemacht – und darin den 28-Jährigen belastet.

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Nach seinen Angaben war der 28-Jährige in den Streit mit dem Ukrainer verwickelt gewesen und soll zugeschlagen haben. Der 38-Jährige sagt, er habe schlichten wollen – sei dabei aber selbst bewusstlos geschlagen worden und erst neben der Leiche wieder aufgewacht. Er habe dann geholfen, die Leiche im 7,5 Kilometer entfernten Maisfeld zu „entsorgen“.

Europäischer Haftbefehl erlassen

Nach dem Verlauf des Prozesses sieht inzwischen auch das Landgericht Arnsberg wieder einen hinreichenden Tatverdacht wegen gemeinschaftlichen Totschlags: Es hat einen europäischen Haftbefehl gegen den 28-Jährigen erlassen, der in Polen vermutet wird. „Wir haben keine weiteren Erkenntnisse zu dem Mann“, so Richter Pagel, Vorsitzender Richter der 4. Großen Strafkammer. Gegen den 28-Jährigen läuft jetzt parallel ein Verfahren.

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Der 28-Jährige soll auch der Mann gewesen sein, der einen anderen Fahrer des Unternehmens so betrunken gemacht haben soll, dass man ihm den Schlüssel für den Transporter stibitzen konnte. Mit dem Transporter wurde die Leiche zum Maisfeld gebracht.

War der Ukrainer eigentlich nach der Auseinandersetzung sofort tot? Die Kriminaltechniker der Polizei haben festgestellt, dass sich die Auseinandersetzung im ehemaligen Schankraum des Hauses in Voßwinkel abspielte, das früher eine Gaststätte war. Dann wurde der Ukrainer „getötet oder schwer verletzt“, wie es im Bericht heißt, erst ins Obergeschoss und dann nach draußen auf die überdachte Terrasse gebracht und dort erst einmal versteckt. Leichenspürhunde schlugen sowohl in dem Transporter als auch an der Terrasse an.

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>>>HINTERGRUND<<<

Den Ermittlern der Polizei war im Wohnhaus in Voßwinkel ein neuer Anstrich aufgefallen – so enorm blutig war die Auseinandersetzung gewesen. Der Anstrich sollte offenbar die Spuren verwischen. Die Polizei konnte dennoch im ganzen Haus Spuren von Blut sichtbar machen.

Auf der ü berdachten Terrasse fanden sich Blutspuren an Gummistiefeln, einem Müllsack, an einer Jogginghose und „großflächig“ Blut auf einem dort gefundenen Kopfkissen.