Meschede. Der Tatort war eine Herausforderung für die Mordkommission „Mais“: So viele Spuren fanden sich nach einem Verbrechen in einem Haus bei Meschede.

Mehrere Tage lang hat die Mordkommission Dortmund das Wohnhaus von osteuropäischen Bauarbeitern in Meschede-Voßwinkel untersucht – so viele Spuren mussten dort gesichert werden: „Ich habe meine Teams an den Rand des absolut Möglichen gebracht“, sagt ihr Leiter über den Fall des Ukrainers, dessen Leiche 2019 in einem Maisfeld bei Schüren gefunden wurde. Sicher ist: Der 45-Jährige ist in der Arbeiter-Unterkunft getötet worden.

Mit starken Kräften im Einsatz

Der Leitende Ermittlungsbeamte der damaligen Mordkommission „Mais“ schilderte im Landgericht Arnsberg im Prozess gegen einen 38 Jahre alten Polen, der der Hauptverdächtige ist, Details, wie die Polizei vorgegangen ist. Entdeckt worden war die schon stark verweste Leiche abends am 1. September von einem Jäger. Der Tote, der zehn Meter vom Feldrand entfernt lag, war nur mit einem T-Shirt bekleidet gewesen. Am nächsten Tag wurde das Maisfeld mit einer Drohne überflogen, um nach der Kleidung zu suchen.

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Der Verdacht lag sofort nahe, dass der Aufenthaltsort des Toten auch der Tatort sein müsste: „Denn wo wird jemand ums Leben gebracht, und ist nur mit einem T-Shirt bekleidet?“ Doch zunächst war unbekannt, wer der Tote war. Bis sich die Polizei aus der Ukraine bei der in Meschede meldete: In der Ukraine hatte eine Mutter ihren Sohn als vermisst gemeldet – sie hatte mit ihm zuletzt am 23. August gesprochen. Später wird sich herausstellen, dass er vermutlich kurz danach erschlagen wurde. Identifiziert werden konnte er unter anderem, weil ihm der Blinddarm fehlte – wie seine Mutter in der Ukraine aussagte.

Blut gemeinsam beseitigt

Mit starken Kräften rückte die Mordkommission an der Unterkunft in Voßwinkel an – „mit allen Polizisten, die gerade im HSK zur Verfügung standen“, so der Mordkommission-Leiter. Denn in der Vergangenheit hatte es dort schon Ärger mit Betrunkenen gegeben: „Wir konnten nicht ausschließen, dass wir auch Probleme bekommen könnten.“

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Obwohl zwei Wochen vergangen waren, wurden sofort Blutspritzer und Reste von Blutlachen entdeckt. Die Bewohner hätten gemeinsam versucht, das Blut wegzuwischen, erfuhren die Polizisten:

Leere Alkoholflaschen an dem Haus der Bauarbeiter.
Leere Alkoholflaschen an dem Haus der Bauarbeiter. © Jürgen Kortmann

Der Ukrainer sei betrunken ausgerastet, habe sich an einer Scheibe blutig verletzt und sei danach verschwunden, wurde im Haus erzählt. Vorher hatten fünf Hausbewohner zusammen getrunken: Der Ukrainer und vier Polen - der 38 Jahre alte Angeklagte, der andere Verdächtige (28) und zwei Männer, die aber früh schlafen gingen. Danach muss der tödliche Streit zwischen den drei verbliebenen Männern begonnen haben.

Leichenspürhund schlägt mehrfach an

Der Leichenspürhund schlug an mehreren Stellen im Haus und auf der Terrasse an. Dieses Haus wurde zu einer Herausforderung für die Spurensicherer. 20 Zimmer gibt es, „jedes war irgendwie bewohnt“. War es voll belegt, teilten sich die Bauarbeiter auch die Zimmer. In einem Abstellraum fand sich ein Hammer mit Blut des Toten – und den DNA-Spuren des Angeklagten.

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Ob andere Waffen gefunden wurden, wollte das Gericht wissen: „In der Theorie Hunderte von möglichen Waffen – aber alle ohne Spuren“, antwortete der Mordkommission-Leiter. Denn die Bauarbeiter, die in der Asbestentsorgung tätig sind, nahmen ihre Werkzeuge mit ins Haus, teils waren es ihre eigenen, teils gehörten sie ihrer Firma in Wuppertal. Eine entscheidende Frage bleibt weiter offen: Der Angeklagte behauptet, ein anderer Hausbewohner habe den Ukrainer bei einem Streit mit einem Axtstiel geschlagen. Dieser Stiel sei nachher verbrannt worden. Ausschließen kann der Kriminalpolizist das nicht: In dem verwilderten Garten des Hauses soll es eine Grillstelle gegeben haben.

Angeschlagen hat der Leichenspürhund schließlich auch in einem Kleinbus des Unternehmens, mit dem der Tote von Voßwinkel nach Schüren gebracht wurde. Dessen Fahrer – der den Hausbewohnern vorher jeweils 50 Euro als Lohnabschlag aus Wuppertal gebracht hatte – wurde vermutlich von dem anderen Verdächtige mit Wodka betrunken gemacht, um an seine Autoschlüssel zu kommen.

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>>>HINTERGRUND<<<

Bei seinem Anwalt in Meschede hat sich der zweite Verdächtige, der als Zeuge aussagen soll, zuletzt Mitte Mai per Mail aus Polen gemeldet: „Hallo Anwalt!“

Der 28-Jährige schrieb, er besitze keinen Führerschein und könne gerade nicht nach Deutschland reisen – weil ihm sein Arbeitgeber wegen Corona nachher keine Quarantäne erlaube.

Kommen wolle er ja grundsätzlich, schrieb er: „Ich habe nicht vor, mich vor der Justiz zu verstecken.“

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