Bestwig. Die Verhandlungen haben begonnen: Bei Howmet Tital in Bestwig sollen Arbeitsplätze wegfallen. Kampflos will die IG Metall das nicht hinnehmen.

Der Luftfahrtzulieferer Howmet Tital in Bestwig hält daran fest, ein Viertel seiner Belegung abzubauen. 210 der 806 Arbeitsplätze sollen weiterhin wegfallen. „Der Plan ist leider immer noch akut“, sagt Carmen Schwarz, Erste Bevollmächtigte der IG Metall in Arnsberg.

Der Arbeitsplatzabbau soll nach dem Wunsch der Unternehmensführung bereits im Herbst erfolgen. „Kampflos wird es das nicht geben“, kündigt sie an. Die IG Metall hat bei Tital traditionell einen überdurchschnittlich hohen Organisationsgrad, ähnlich wie bei den Unternehmen M. Busch und bei Martinrea Honsel.

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Wirtschaftliche Überprüfung

Wie berichtet, leidet Tital besonders unter den Folgen der Corona-Auswirkungen: Die Luftfahrt ist weltweit - buchstäblich - am Boden. Die Geschäftsführung von Tital rechnet mit einer Erholung des Marktes in drei bis fünf Jahren: „Da sind wir zuversichtlich“, hatte Vertriebsleiter Thomas Stephan gesagt. Es werde dann wieder bergauf gehen – „aber ob wir jemals wieder das Niveau von 2019 erreichen? Das ist alles Spekulation.“

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Die Gewerkschaft hat dem Tital-Betriebsrat inzwischen geraten, einen Sachverständigen hinzuzuziehen, der die wirtschaftliche Situation bei Tital unter die Lupe nimmt und nachprüft, ob sie so schlecht ist, wie von der Geschäftsführung behauptet. Völlig offen für Carmen Schwarz ist, sagt sie nach einem ersten Gespräch, ob die Geschäftsführung eigenständig entscheiden kann - oder ob das nicht in Wirklichkeit der US-Mutterkonzern macht.

Parallel dazu soll ein Gutachten eingeholt werden: Wenn sich die wirtschaftliche Krise bestätigen sollte und Kündigungen tatsächlich erfolgen müssten, dann soll ein Zukunftskonzept entwickelt werden, wie es an dem Howmet-Standort in Bestwig für die übrigen Beschäftigten weitergehen kann, wenn so viele Arbeitsplätze abgebaut werden.

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Von Jürgen Kortmann

„Die Kündigungen offenbar völlig alternativlos“

„Wir haben schließlich ein Interesse daran, die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens abzuklopfen“, sagt Schwarz: „Denn was passiert nachher mit den Mitarbeitern, die bleiben?“ Absehbar werde dann die Arbeitsbelastung für den Einzelnen steigen: „Das wird alle im Unternehmen gleich treffen.“ Könnte diese Mehrbelastung dann durch flexiblere Arbeitsmodelle aufgefangen werden? Untersucht werden müsste zum Beispiel auch die Frage, ob sich die Situation für Tital verbessern werde, wenn ein Impfstoff gegen Corona vorliege.

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Bislang deute sich keine Kompromisslosigkeit an bei der Unternehmensführung, so Schwarz: „Für die Geschäftsführung sind die Kündigungen offenbar völlig alternativlos“, so ihr Eindruck aus dem ersten Gespräch. Die jetzige Kurzarbeit reiche demnach nicht aus, auch weitere Arbeitszeitverkürzungen seien nicht angedacht.

„Angst haben die alle“

Die IG Metall war jetzt vor Ort im Unternehmen, um mit Beschäftigten zu sprechen: „Der Redebedarf war enorm groß.“ Seit Bekanntwerden der Kündigungspläne im Juni habe sich das Unternehmen noch nicht wieder an seine Beschäftigten gewendet, kritisiert Carmen Schwarz. Sie sagt: „Der Umgang ist so schlimm. Die Leute hängen in der Luft. Angst haben die alle.“ Über die Kündigungspläne seien die Mitarbeiter über einen Aushang informiert worden, der Betriebsrat darüber wiederum nur kurz davor.

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Betroffen von den Kündigungen seien alle Bereiche des Unternehmens: „Da steht alles auf dem Prüfstand.“ Auch die Verwaltung werde nicht ausgenommen. Obwohl, bei einem Bereich ist sich Carmen Schwarz noch unklar, ob der auch betroffen sein werde: „In Sitzungen wird immer gesagt, alle sitzen in einem Boot. Was ist mit den höheren Führungskräften?“ Carmen Schwarz möchte dazu noch nähere Auskünfte bekommen.

>>>HINTERGRUND<<<

Howmet Aerospace (ehemals Arconic) ist ein weltweit führender Anbieter von technischen Lösungen für die Luft- und Raumfahrt sowie die Transportindustrie.

Die Hauptgeschäfte von Howmet Aerospace sind Triebwerkskomponenten, Befestigungssysteme für die Luft- und Raumfahrt und Titanbauteile.

Das Unternehmen hat 1300 Patente, seine Technologien ermöglichen leichteren und sparsameren Flugzeugen den Betrieb mit geringerem CO2-Ausstoß.