Eslohe. Nicole Waldow-Bierbaum hat sich als Leiterin des Grundschulverbundes Eslohe eingelebt. Wir haben sie zum ausführlichen Interview getroffen.

Seit November leitet Nicole Waldow-Bierbaum den Grundschulverbund Eslohe mit seinen Standorten in Eslohe, Wenholthausen und Reiste. Wir haben uns mit ihr zum Interview getroffen.

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Frau Waldow-Bierbaum, wie war der Empfang an Ihrer neuen Schule? Haben Sie sich schon eingelebt?

Der Empfang war sehr schön. Das Kollegium hat mich am ersten Tag wirklich freundlich und mit einem Blumenstrauß empfangen. Es war eine herzliche und warme Aufnahme. Ich finde es toll, dass ich auf all meine Fragen, die sich zu Beginn naturgemäß ergeben, immer freundliche Antworten bekommen habe. Ganz egal, wen ich frage: seien es die Kollegen, das Schulamt oder den Schulträger. Alle unterstützen mich so gut es eben geht. Das ist eine schöne Erfahrung und freut mich sehr.

Welche Fragen hat man denn konkret, wenn man eine neue Stelle als Schulleiterin antritt?

Zum Beispiel: Gibt es dafür ein Formular? (lacht). Es sind ganz oft banale und einfache Dinge, um die es da geht. Etwa auch Zuständigkeiten und Fristen. Wenn ich da nicht Nicole Keite von der Gemeindeverwaltung oder die Damen vom Schulamt hätte, die mir immer sehr geduldig weiterhelfen, wäre ich sicherlich manchmal aufgeschmissen.

Wie sind Sie denn von den Kindern empfangen worden?

Auch ganz toll. Im Rahmen unserer Adventsfeier haben die Schülerinnen und Schüler ein Lied für mich gedichtet. Schön ist auch die Herzlichkeit der Kinder zu spüren, die mich ganz freundlich mit „Hallo Frau Waldow-Bierbaum“ grüßen, wenn ich über den Flur gehe. Man spürt einfach die Freude, dass man da ist. Dabei habe ich ja eigentlich noch gar nicht viel gemacht (lacht).

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Die Freude, dass Sie da sind, dürfte ja vor allem auch beim Kollegium groß sein. Immerhin gibt es jetzt nach längerer Vakanz wieder eine geregelte Schulleitung.

Ja, das war deutlich zu spüren. Die Nachbesetzung ist in dieser Hinsicht schon eine enorme Entlastung für das Organisationsteam, das sich gebildet hat, um die Vakanz aufzufangen. Wobei ich dieses Fünfer-Team immer noch sehr gern involviere. Ich finde, die haben das wirklich toll gemacht und die Aufgaben gut untereinander aufgeteilt. Davon profitiere ich nun auch als neue Schulleiterin. Wir treffen uns immer montags im Orga-Team. Mir ist die Rücksprache sehr wichtig und vereinfacht die Kommunikation mit den drei Standorten enorm. Sie soll auch ein Zeichen ans Kollegium sein. Die Erfahrung und die Kreativität des Gesamtkollegiums ist sehr wertvoll. Es ist wichtig, dass das Kollegium hinter den getroffenen Entscheidungen steht.

Sie leiten ja nicht nur die Grundschule in Eslohe, sondern den Grundschulverbund mit seinen Standorten auch in Wenholthausen und Reiste. Wie hält man da den Kontakt?

Ursprünglich hatte ich mir vorgenommen, zweimal in der Woche an den jeweiligen Standorten zu sein. Je nach anfallenden Terminen ist das nicht immer zu leisten. Mindestens einmal in der Woche bin ich aber auf jeden Fall vor Ort. Erst heute Morgen war ich zum Beispiel noch in Wenholthausen, weil es dort noch ein paar Fragen gab. Das geht oft ganz spontan.

Wie kann man sich denn den Alltag der Leiterin eines Grundschulverbundes grob vorstellen?

Das geht meistens morgens mit dem Abarbeiten der Mails los. Es gibt viele Absprachen mit den Kollegen an allen drei Standorten zu treffen. Zum Alltag gehört aber auch das Nachschlagen von Richtlinien und Gesetzestexten, die Beratung und das Beantworten von Fragen - sei es von Schülern, Eltern oder Kollegen. Anträge oder Ausschreibungen müssen formuliert und Rechnungen unterschrieben werden. Die meiste Zeit verbringt man mit Organisation und Koordination an seinem Schreibtisch im Büro. Aktuell beschäftigt uns hier an der Schule zum Beispiel auch die Überarbeitung des Konzeptes für Lese-Rechtschreib-Schwäche.

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Das meiste davon klingt ziemlich trocken. Ist das nicht todlangweilig?

Nein, mir hat das tatsächlich immer schon Spaß gemacht. Bereits während meines Referendariats habe ich in der Gewerkschaft mitgearbeitet und fand schon dabei den Blick über den Tellerrand sehr spannend und habe Fortbildungen organisiert. Koordinieren und organisieren macht mir wirklich Freude - ebenso, wenn jemand mein Büro mit einem Lächeln verlässt, weil ich ihm helfen konnte. Wobei ich aber auch sehr gerne Lehrerin bin.

Gutes Stichwort! Wieviel Zeit verbringen Sie als Schulleiterin denn noch im Klassenzimmer?

Aktuell leider nur drei Stunden in der Woche. Ich unterrichte Geometrie bzw. Musik und bin beim Instrumenten-Projekt JeKits mit dabei. Der Kontakt zu den Kindern ist allein auch deshalb wichtig, um geerdet zu bleiben. Ich finde es immer schwierig, wenn zum Beispiel Politiker von etwas reden und man weiß genau, dass sie in dem Bereich, um den es geht, schon seit 20 Jahren nicht mehr gearbeitet haben. Das will ich vermeiden. Als Schulleiterin ist es wichtig zu wissen, was die Kinder oder auch die Eltern auf dem Herzen haben.

Haben Sie sich direkt auf die freie Stelle beworben oder lange überlegt?

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Ich habe bereits vor den Osterferien im Gespräch erfahren, dass die Stelle zu besetzen sei. Da hat es bei mir direkt Klick gemacht. Mir war klar, dass ich mich bewerben würde, bevor es überhaupt eine Ausschreibung gab. Attraktiv war und ist die Stelle für mich auch, weil ich jetzt wieder zurück in meiner Heimat bin. Eine Schulleitungs-Qualifizierung habe ich bereits vor längerer Zeit schon absolviert - einfach, weil ich die Aufgaben, die eine Leitung zu absolvieren hat, mal besser kennen lernen wollte und gar nicht mit dem Hintergedanken, mich irgendwann auf eine Stelle zu bewerben. Deswegen habe ich damals die Prüfung, also das Eignungsfeststellungsverfahren, am Ende auch gar nicht erst mitgemacht. Das habe ich dann für die neue Stelle im Sommer absolviert.

Können Sie nachvollziehen, dass sich außer Ihnen niemand auf die Stelle beworben hat?

Ja! (lacht) Nein, im Ernst, ich kann schon nachvollziehen, dass jemand, der mit Herzblut Lehrer ist und gern mit Kindern arbeitet, nicht gern in die Verwaltung möchte. Das ist schon mit einer großen Umstellung verbunden, die man eben mögen muss.

Wie groß ist die Herausforderung, einen Grundschulverbund zu leiten, bei dem es an zwei Standorten jederzeit eng werden könnte, was die erforderlichen Schülerzahlen für einen Erhalt angeht?

Das ist sicherlich eine Herausforderung - beziehungsweise kann zur Herausforderung werden. Aber die lasse ich tatsächlich erst einmal auf mich zukommen, denn auf die Schülerzahlen habe ich keinen Einfluss. Letztlich wird es immer darum gehen, was das Beste für die Schüler ist.

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Welche Wünsche haben Sie als Schulleiterin an die Gemeinde und die Politik?

Wichtig ist, dass man im Austausch bleibt. Und das funktioniert in der Gemeinde Eslohe wirklich sehr gut. Der Blick der Politik auf Schule ist einfach ein anderer als der Blick der Schule selbst, aber wenn man im Gespräch bleibt, und beide Blickweisen zusammenbringt, kommt man am Ende auch zu guten Lösungen. Dafür ist die Diskussion um den Erhalt des Grundschulstandortes Wenholthausen ja der beste Beweis. Es wäre das gute Recht der Gemeinde, einen Schulstandort schlichtweg aus Kostengründen zu schließen. Dass das eben nicht einfach so passiert, ist sicherlich nicht selbstverständlich. Ich würde mir wünschen, dass Politik im Bildungsbereich losgelöst von finanziellen Mitteln und Wahlperioden Entwicklungen vorantreiben könnte, leider ist das nicht die Realität.

Sie sind als Lehrerin schon länger im Beruf. Haben sich die Kinder und die Zeiten verändert?

Man hat den Eindruck, dass die Schülerschaft im Laufe der Zeit heterogener geworden ist. Inzwischen gibt es in Grundschulen Kinder, die kein oder kaum Deutsch sprechen, Kinder, die schon lesen und rechnen können, wie auch Kinder, die mathematisch kein Verständnis haben, Kinder die extrem aggressiv sind und Kinder, die extrem verschlossen sind. Die Extreme sind größer geworden. Im Prinzip verändern sich die Kinder, wie sich auch die Gesellschaft verändert. Als Schule müssen wir damit umgehen lernen. Aber ein System, in dem gelernt wird, darf selbst nicht verlernen zu lernen.

  • Nicole Waldow-Bierbaum (geb. Gödeke) ist 42 Jahre alt, verheiratet und Mutter von drei Kindern im Alter von 5, 12 und 14 Jahren. Sie lebt in Eversberg.
  • Nach dem Besuch der Grundschule Reiste und des Gymnasiums der Stadt Meschede folgte damals ein Lehramtsstudium Primarstufe in Dortmund.
  • Ihr Referendariat absolvierte Nicole Waldow-Bierbaum an der ehemaligen Emhildisschule Meschede.
  • Weil es im Grundschulkapitel keine festen Stellen gab, wechselte sie an die Hauptschule nach Winterberg und unterrichtete dort Mathe, Deutsch und Physik.
  • Zuletzt war Nicole Waldow-Bierbaum an der Sekundarschule in Brilon tätig. Sie hat das Konzept der Sekundarschule mitentwickelt, war Beratungslehrerin und hat sich um den Aufbau der Homepage gekümmert.
  • Seit dem 18. November ist sie Rektorin der Raphaelschule in Eslohe.