Bestwig. Schicksale, die Mut machen sollen: 22 Trauernde haben Schwester Theresita Maria Müller ihre Geschichte erzählt. Entstanden ist ein Buch.

Es sind Berichte, die von tiefer Trauer und Sprachlosigkeit zeugen, von Überlebensstrategien, vom Glauben an einen Gott, der auch im tiefsten Dunkel an unserer Seite bleibt – und von neuem Mut, das Leben nach dem Tod eines geliebten Menschen wieder in die eigenen Hände zu nehmen.

Da ist Susanne, eine Ehefrau, deren Leben im März 2014 innerhalb weniger Minuten in sich zusammenbricht, als sie nach der Rückkehr von Freunden ihren Mann daheim nicht ansprechbar am Boden liegend vorfindet. Diagnose: geplatztes Aneurysma mit schwerer Hirnblutung. Schnell wird ihr klar: Die Chancen auf ein gutes Ende stehen schlecht. Ihr Mann überlebt die OP, wird aber nie wieder der Alte. „Mein liebster Gefährte, der 17 Jahre mit mir durchs Leben ging, ist nicht nur körperlich, sondern auch geistig ein völliges Wrack“, schreibt sie. Nach zweieinhalb Jahren geht er für immer von ihr.

Friedlich in den Armen eingeschlafen

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Da ist Katrin, die Mutter, die in der Mitte der Schwangerschaft bei einer Routineuntersuchung erfährt, dass ihr Ungeborenes schwer erkrankt ist und ein Leben außerhalb des Mutterleibes nicht möglich sein wird. Als in der 34. Schwangerschaftswoche die Wehen einsetzen, bringt sie ihr Kind zur Welt. Nur eine knappe Stunde haben die beiden gemeinsam, bevor die kleine Leonie ruhig und friedlich für immer in ihren Armen einschläft.

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Und da ist Angelika, die Ehefrau und Mutter, der zwei Schicksalsschläge den Boden unter Füßen wegreißen. Erst verliert sie im Alter von vier Jahren ihren Sohn nach schwieriger Behandlung an einem Neuroblastom. Dann, zehn Jahre später, muss sie den Tod ihres Mannes verkraften. Sie sieht es als antreibende Herausforderung, für ihre vier Töchter ein sicherer Fels in der Brandung zu sein.

22 ganz persönliche Geschichten

Nicht jeder sehnt sich im tiefen Tal der Trauer unbedingt nach einem persönlichen Gespräch. Genau für sie soll das kleine Büchlein eine große Hilfe sein
Nicht jeder sehnt sich im tiefen Tal der Trauer unbedingt nach einem persönlichen Gespräch. Genau für sie soll das kleine Büchlein eine große Hilfe sein © Frank Selter

Sie alle und 19 weitere Menschen haben Schwester Theresita Maria Müller aus dem Bergkloster Bestwig ihre ganz persönliche Geschichte erzählt. Herausgekommen ist ein Büchlein mit dem Titel „Wie den Tod eines anderen überstehen?“ - 60 Seiten, die betroffen machen, 60 Seiten, die vor allem aber Mut machen.

Ermutigende Zeit

„Die Entstehung des Buches war eine spannende und ermutigende Zeit“, sagt die 63-Jährige. Auch an der im Rheinland geborenen fröhlichen Ordensschwester sind die Berichte nicht spurlos vorüber gegangen. Auch sie haben die 22 völlig unterschiedlichen Geschichten berührt – die doch alle etwas gemeinsam haben: „Ich finde es gut, dass die Betroffenen allesamt ganz ehrlich geschrieben haben, wie verzweifelt und wie traurig sie waren“, betont Schwester Theresita Maria Müller. Deutlich werde aber auch, dass der Gang durchs tiefe Tal sie hat reifen lassen. „Sie alle haben es geschafft, nicht an den Schicksalsschlägen zu zerbrechen.“

„Jeder hat das Recht irgendwann wieder zu lachen“

Die Ordensschwester weiß: „Ja, Trauer ist auch dann schmerzlich, wenn man an Gott glaubt.“ Und jeder habe das Recht seine Trauer zuzulassen. Jeder habe aber genauso gut das Recht, irgendwann wieder zu lachen, wieder auszugehen, sich mit Freunden zu treffen, wieder in den Urlaub zu fahren und auch wieder zu heiraten. Aber es brauche eben seine Zeit.

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Einen geliebten Menschen zu verlieren sei eine Wunde, die oft nicht verkraftbar erscheine. Diesen Tod als real und endgültig zu begreifen, sei eine langwierige und schwierige Aufgabe. „Auch, wenn wir die Zuversicht haben, dass der Verstorbene zu Gott heimgekehrt ist, können wir uns doch nicht konkret vorstellen, wie dieses Weiterleben bei Gott aussieht“, sagt die 63-Jährige. „Erst, wenn wir begreifen und akzeptieren, dass der Verstorbene wirklich tot und nicht für eine längere Zeit verreist ist, können wir anfangen zu trauern und irgendwann durch die Trauer hindurch zu neuer Lebensqualität finden.“

Ein kleines Büchlein als große Hilfe

Ebenso wichtig sei es aber auch, zu erkennen, dass man mit der Trauer nicht allein sei. Zu erkennen, dass anderen ähnliches widerfahren ist. Zu erkennen, dass es möglich ist, wieder auf die Beine zu kommen. Zu erkennen, dass es keine Schande ist, wieder die glücklichen Momente im Leben zu genießen. Schwester Theresita Maria Müller weiß: „Nicht jeder sehnt sich im tiefen Tal der Trauer unbedingt nach einem persönlichen Gespräch.“ Genau für sie soll das kleine Büchlein eine große Hilfe sein. Ein Anfang, der Mut machen soll. Mut, das eigene Leben wieder in die Hand zu nehmen.

  • Schwester Theresia Maria Müller lebt im Bergkloster Bestwig und ist theologische Redakteurin beim Bonifatiuswerk.
  • Erschienen ist das Buch im Bonifatiusverlag als Auftakt der Reihe „Das Leben fragt, Christen antworten“. Erhältlich ist es für 7,90 Euro an der Klosterpforte in Bestwig oder über die Internetseite www.bonifatiuswerk.de.
  • Vor ihrem Eintritt in den Orden der heiligen Maria Magdalena Postel studierte Schwester Theresita Maria Müller Theologie und Musik auf Lehramt und war unter anderem als Erziehern in einem Jungen-Internat beschäftigt. Dort habe sie der Leiter - ein Priester - durch seine Art zu leben und zu glauben geprägt.
  • 1984 trat sie in den Orden ein und war unter anderem lange Jahre Leiterin einer Schule in Heiligenstadt, die sich in Trägerschaft der Schwestern befindet.
  • Nach vier Jahren eines internationalen Projektes in der Normandie übernahm sie die Aufgabe als theologische Redakteurin.