Meschede/Hagen. . Nordrhein-Westfalen muss überwiegend kriminelle Abschiebehäftlinge bis nach Berlin und Brandenburg chauffieren, weil es im eigenen Bundesland keine Unterbringungsmöglichkeit mehr gibt. Das NRW-Innenministerium bestätigte entsprechende Informationen der Westfalenpost. Allein von Hagen bis nach Berlin sind die Transporter gut fünf Stunden lang unterwegs.
Wer aus NRW mit Haftunterbringung abgeschoben werden soll, muss bis nach Köpenick und Eisenhüttenstadt gebracht werden. Der organisatorische Aufwand ist immens. In der Praxis verbringen Beamte der Ausländerämter dadurch viele Stunden auf der Autobahn und in Hotels.
Abschiebungen werden zum Problem
Allein von Hagen bis nach Berlin sind die Transporter gut fünf Stunden lang unterwegs, aus Aachen entsprechend länger. „Abschiebungen auf diesem Weg sind fast nicht mehr möglich“, bestätigte Hendrik Klein, Pressesprecher des Märkischen Kreises.
Der Hochsauerlandkreis berichtete davon, bereits auf etwa zehn eigentlich vorgeschriebene Abschiebungen verzichtet zu haben. Diese Betroffenen sind auf freiem Fuß. „Der logistische Aufwand ist nicht mehr leistbar“, sagte Pressesprecher Martin Reuther. Bis zu vier Mitarbeiter seien je nach Gewaltpotenzial der Häftlinge im Einsatz. In der Regel handele es sich um straffällig gewordene Asylbewerber. Sie seien wegen Diebstählen oder Gewaltdelikten verurteilt worden.
Bereits sieben Fälle in Südwestfalen
Seit Juli dieses Jahres können keine Abschiebehäftlinge in Büren mehr untergebracht werden.
In dem Zeitraum waren nach Angaben des NRW-Innenministeriums mehr als 1100 Personen aus Nordrhein-Westfalen abgeschoben worden. Wie viele von ihnen in Haft saßen, wird nicht angegeben.
Nach Recherchen der Westfalenpost mussten in den vergangenen fünf Monate allein sieben Abschiebehäftlinge aus Südwestfalen nach Berlin und Brandenburg gebracht werden: 3 aus dem Hochsauerlandkreis, 3 aus dem Kreis Olpe und 1 aus dem Kreis Soest.
Bis Mitte des Jahres waren Abschiebehäftlinge aus NRW in Büren bei Paderborn untergebracht. Doch nach einer EU-Richtlinie darf diese Justizvollzugsanstalt nicht mehr genutzt werden. Grund: In Büren waren - in einem separaten Trakt - auch Straftäter inhaftiert. Die Rechtsprechung verlangt inzwischen strikt getrennte Anstalten. Seitdem nutzt NRW die Abschiebegefängnisse in Berlin-Köpenick und in Eisenhüttenstadt im Rahmen einer Amtshilfe.
Häftlinge aus Berlin und Brandenburg abholen
Das NRW-Innenministerium erklärte es werde momentan intern geprüft, wie Abschiebungen in NRW künftig umgesetzt werden sollen. Dabei werde auch untersucht, ob die JVA in Büren reaktiviert werden könne. Bis wann das Konzept vorliege, könne noch nicht gesagt werden.
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Die Ausländerbehörden berichteten unterdessen von weiteren Schwierigkeiten: Im Falle von Haftbeschwerden müssten die Beamten die Häftlinge wieder aus Berlin und Brandenburg abholen, ins heimische Gericht bringen und gegebenenfalls zurückfahren. Haftprüfungen finden beispielsweise an den Landgerichten in Arnsberg und in Hagen statt.
Rückführungen nicht vor 6 Uhr morgens
Erste Gerichte verweigerten inzwischen auch die Zustimmung zu einer Unterbringung für eine Nacht in Polizeizellen, bevor Häftlinge am nächsten Morgen nach Berlin oder Brandenburg gebracht werden sollen. Das betreffe abgelehnte Asylbewerber, die mehrfach vergeblich zur Ausreise aufgefordert worden seien. Gleichzeitig sind die Mitarbeiter dazu angehalten, Rückführungen nicht vor 6 Uhr morgens zu beginnen.