Meschede/Düsseldorf. . Das Land verstößt nach Ansicht von Juristen gegen eine EU-Richtlinie. Ausländerbehörden bekommen teilweise keine Haftbefehle mehr gegen ausreisepflichtige Ausländer. Statt abgeschoben zu werden, kommen die Betroffenen auf freien Fuß. Erste Behörden verzichten darauf, neue Haftbefehle zu beantragen.

Weil das Land NRW eine EU-Richtlinie zur Abschiebung nicht umsetzt, stellen erste Gerichte keine Haftbefehle mehr gegen ausreisepflichtige Ausländer aus. Statt abgeschoben zu werden, kommen die Betroffenen auf freien Fuß. Entsprechende Beschlüsse gibt es bereits an Gerichten in Meschede, Arnsberg und Paderborn.

Hintergrund ist die Rückführungsrichtline der Europäischen Union aus dem Jahr 2008. Darin ist festgeschrieben, dass Abschiebehäftlinge nicht mit Strafgefangenen in einer Einrichtung untergebracht werden dürfen. Diese Vor­aussetzung ist in NRW nach Ansicht von Juristen nicht mehr erfüllt, weil die Justizvollzugsanstalt Büren nicht mehr ausschließlich für Abschiebungen genutzt wird. Gerichte machen „gravierende Zweifel an der Rechtmäßigkeit“ der Unterbringung geltend.

Sie beziehen sich aktuell auf ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, bei dem die Frage geklärt wird, ob jedes Bundesland eine spezielle Einrichtung für Abschiebungen unterhalten muss.

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Nach Informationen dieser Zeitung verzichten die Ausländerbehörden in den Kreisen Hochsauerland und Paderborn inzwischen sogar darauf, neue Haftbefehle zu beantragen. „Wir haben zuletzt in acht Fällen nichts mehr unternommen, da wir keine Aussicht auf Erfolg sehen“, sagte Jörg Cremer vom Kreis Paderborn.

Keine Möglichkeit mehr für eine Abschiebehaft

Für den Hochsauerlandkreis bestätigte Pressesprecher Martin Reuther, dass die Behörde auch bei illegalem und rechtskräftig abgelehntem Aufenthalt keine Möglichkeit mehr für eine Abschiebehaft sieht: „Uns sind die Hände gebunden.“ In „mehreren Fällen“ habe man Betroffene laufen lassen müssen. Diese Erfahrungen haben auch weitere Städte und Kreise in NRW gemacht: Im Falle von Haftverlängerungen in Büren ist das Landgericht Paderborn zuständig: Es hebt die Haftbefehle auf.

Das NRW-Innenministerium stuft die Entwicklung dennoch als regionales Phänomen ein. „In weiten Teil des Landes bekommen wir Haftbefehle von den Amts- und Landgerichten“, sagte Sprecherin Birgit Axler. „Wir haben die Probleme aber im Blick.“ Zurzeit werde geprüft, ob Abschiebehäftlinge dann alternativ auch in Anstalten anderer Bundesländer gebracht werden könnten. Ob das Land die Unterbringung grundsätzlich neu regeln werde, hänge vom Urteil des Europäischen Gerichtshofes ab.