Hagen. . Sprachkurse, Spenden und Wohnungen: Was der Staat allein nicht schafft, übernehmen in Südwestfalen die Bürger. Sie helfen den Flüchtlingen im Alltag, damit diese sich in Deutschland wohlfühlen können. Ein Überblick über beeindruckende Projekte aus der Region.

Sie haben Gewalt erlebt. Erst in der Heimat. Und nachdem sie aus Angst um ihr Leben geflohen sind, einige von ihnen sogar in Deutschland. Ausgerechnet dort, wo sie sich sicher glauben sollten: in den Flüchtlingsheimen des Landes, in Burbach und Essen.

Viel häufiger aber erfahren sie in Südwestfalen große Hilfsbereitschaft. Die Bürger springen ein für den Staat, damit Asylbewerber hier gut ankommen. „Es besteht bei den Bürgern ein großer Wunsch, etwas zu tun“, so Karin Wigge, Fachbereichsleiterin Ordnung und Soziales in Brilon.

Lotsen auf dem Weg

Dort nämlich sucht die Stadt Integrationspaten – und stößt auf großes Interesse. 40 Bürger haben schriftlich erklärt, Neuankömmlingen im Alltag zu helfen. Ihnen den Bus zu erklären, den Weg zu den Lebensmittelgeschäften zu zeigen, die Schule und den Kindergarten.

Ein Engagement, das „hohes Lob und viel Respekt“ verdient, betont Rüdiger Midasch, Integrationsbeauftragter der Stadt Menden, wo es solche Integrationslotsen seit einigen Jahren gibt. Sie begleiten die Flüchtlinge nicht nur bei Arztbesuchen, bei Behördengängen, „sondern sie schaffen auch Bezugspunkte in der Stadt und zu den Menschen“, sagt Rüdiger Midasch. In Menden nehmen die Integrationslotsen Flüchtlinge zum Beispiel mit zu Festen wie dem Mendener Sommer, zu Kulturveranstaltungen. „Sie geben den Menschen so das Gefühl, hier heimisch zu sein.“

Geldspenden

Eine Arbeit, die die Sozialarbeiter in den Städten allein nicht leisten können. Schon gar nicht, wenn wie in Hagen ein einziger für etwa 500 Flüchtlinge zuständig ist. Und so spenden die Bürger der Stadt nun im Rahmen der Weihnachtsaktion der Westfalenpost, um eine zweite Stelle beim Diakonischen Werk zu finanzieren. „Die Hilfsbereitschaft der Leser ist enorm“, so WP-Redakteur Jens Stubbe.

Sprachkurse

Nicht nur mit Geld unterstützen sie die Flüchtlinge, sondern bieten auch Alltagshilfe an wie eine pensionierte Lehrerin, die sich gemeldet hat, um Flüchtlingskinder zu unterrichten.

Die Sprache zu lernen, das eben sei das A und O für die Integration – davon ist auch Gerrit Greiß, Mitglied der Caritas-Konferenz in Warstein überzeugt. Und deshalb hat er mit Heike Seiferlin einen Sprachkurs für erwachsene Flüchtlinge organisiert. Jeden Dienstag ab 16 Uhr büffeln die Männer nun zwei Stunden lang deutsche Grammatik und Vokabeln. Auch in Arnsberg und Burbach geben Ehrenamtler längst Unterricht für die Flüchtlinge. Denn vom Staat bekommen die Asylbewerber, so lange sie nicht anerkannt sind, solche Kurse nicht finanziert.

Kleider säckeweise

Kindergärten wie St. Petri in Arnsberg-Hüsten spenden Spielzeug. Familien vererben wie in Hagen ihre Kinderfahrräder. Erwachsene geben Kleider säckeweise, so dass der Betreiber des Flüchtlingsheimes in Burbach nun darum gebeten hat, zunächst von weiteren Spenden abzusehen, weil sämtliche Kammern voll sind. Zwei Werler Galeristen haben ein Kunstwerk von Otto Waalkes gestiftet, das nun von der Arnsberger Westfalenpost-Redaktion zugunsten der Flüchtlingskinderhilfe des Internationalen Arbeitskreises versteigert wird. Und Schüler des Mendener Placida-Viel-Kollegs geben ihre Zeit, um mit Kindern im Übergangsheim zu spielen.

Häuser geöffnet

Wieder andere öffnen ihre Wohnungen und Häuser. Wie der Warsteiner Privatmann Karl Spiekermann, der vier Menschen aus Eritrea aufgenommen hat, weil die Verhältnisse in der Asylbewerberunterkunft zu beengt waren. Im alten Pfarrheim in Oberveischede haben zwei Familien aus Syrien Zuflucht gefunden. Die Kosten für die Renovierung und die Miete haben die Bürger des Dorfes aufgebracht. Mit ihren Spenden haben es die Einwohner von Meggen überhaupt erst möglich gemacht, dass eine syrische Familie ausreisen konnte. Denn eine Einreisevisa bekamen sie erst, nachdem für den Lebensunterhalt der Familien gebürgt werden konnte.