Menden/Lendringsen. Inklusionsbeirat stimmt einstimmig gegen Verzicht auf eine barrierefreie WC-Anlage am Lendringser Platz und verlangt Korrekturen.
In ungewöhnlich scharfer Form hat der Inklusionsbeirat der Stadt Menden in seiner Sitzung am Mittwochabend (15. Mai) darauf reagiert, dass die Stadtverwaltung im Zuge der Umgestaltung des Lendringser Platzes nun gänzlich auf eine barrierefreie Toilettenanlage verzichten will. Nicht nur der Vorsitzende Olaf Jung zeigte sich verärgert: „Eine Toilettenanlage war beim Projekt ,Lebensader Lendringsen‘ von Beginn an immer eingeplant und es war auch klar, dass diese Geld kostet. Dass die Verwaltung nun überrascht ist, wundert mich sehr. Ich finde das echt armselig.“
Worum geht es? Mit dem preisgekrönten Projekt „Lebensader Lendringsen“ will die Stadt Menden die Lendringser Mitte deutlich aufwerten. Dazu soll auch der Lendringser Platz umgestaltet werden. Im Zuge des Projektes wurde aber immer mehr abgespeckt, auch zugunsten des Verkehrs. Dass das Land NRW Förderzusagen aufrechterhält, war längst nicht selbstverständlich. Noch siegt das Land aber eine Verbesserung der Aufenthaltsqualität. Es gibt bereits einen Baubeschluss, der im Übrigen auch eine behindertengerechte Toilettenanlage beinhaltet. Der Bauausschuss hatte die Verwaltung aber beauftragt, etwa Zahlen zu den Folgekosten darzulegen.
Kosten liegen über 300.000 Euro – es gibt aber eine üppige Förderung
Diese Zahlen liefert die Stadt jetzt – und schlägt zugleich vor, auf die Toilette komplett zu verzichten. Förderfähig ist ein Behinderten-WC nur dann, wenn es auch einen Teil gibt, der für alle Menschen nutzbar ist. 70 Prozent schießt das Land NRW dann zu. Eine barrierefreie Toilettenanlage mit Liege und Lifter, die nur mit dem sogenannten Euroschlüssel zugänglich ist, kostet in der Anschaffung etwa 305.000 Euro, wenn es zusätzlich eine öffentliche Unisex-Toilette gibt. Soll es geschlechtergetrennte Räume geben, würden rund 378.000 Euro fällig. Die Folgekosten für die Unterhaltung beziffert die Verwaltung mit 37.800 Euro. Diese Kosten, so heißt es, seien angesichts der Finanzlage der Stadt Menden in der Haushaltssicherung zu hoch.
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Die Diskussion im Beirat zeigte aber, dass es offenbar ein weiteres Problem gibt. „Es gab viele Hinweise und Meinungsbekundungen von Anwohnern, die den Standort nahe der Bushaltestelle ablehnen“, erklärt Heike Schulz von der Bauabteilung. Verwaltungsintern habe es „intensive Gespräche“ gegeben, die in dem Vorschlag mündeten, auf die Toilette zu verzichten. Es gebe auch ordnungsrechtliche Probleme. Welche, das sagte Schulz nicht. Sie verwies auf den Alternativvorschlag, weitere Partner für das Projekt „Nette Toilette“ zu suchen. Dabei stellen Geschäfte oder Einrichtungen ihre Toiletten zur Verfügung und erhalten dafür eine finanzielle Unterstützung durch die Stadt.
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„Die Nette Toilette hilft behinderten Menschen mit Rollstühlen nicht weiter“, erklärte Marie-Ellen Krause (VKM Menden). Sie schlug vor, auf eine Liege und einen Lifter könne verzichtet werden. „Eine barrierefreie Toilette muss aber sein.“ Jung berichtete auch über seine Erfahrungen mit der Netten Toilette. In Lendringsen gibt es zwei barrierefreie Möglichkeiten: bei „Hasecker‘s“ und bei „Gerotronik“. Bei „Gerotronik“ sei das Problem, dass man mit einem Rollstuhl „erst mal den Hügel rauf muss“, so Jung. Die WCs selbst seien aber geeignet.
Nahezu alle Beiratsmitglieder übten harsche Kritik an den Plänen der Verwaltung. Marion Trippe (FDP) nannte die Diskussion über einen Verzicht „beschämend“. So überrascht es nicht, dass das Gremium einen einstimmigen Beschluss fasste, der insbesondere auf Initiative von Heinz Kiaulehn (Menden Innovativ) noch einmal nachgeschärft wurde. Der Inklusionsbeirat lehnt den Verzicht entschieden ab, die Stadtverwaltung soll weitere Fördermöglichkeiten prüfen. Außerdem soll die Verwaltung ihre Kostenermittlung offenlegen und ermitteln, welche Kosten eine selbstreinigende Toilette und eine Behindertentoilette ohne Lifter und Liege verursachen würden.
Die Entscheidungshoheit hat der Ausschuss für Planen und Bauen, der am 6. Juni über das Thema berät. Die Stadtverwaltung will die Baumaßnahme danach ausschreiben. Soll der Inklusionsbeirat noch einmal eingebunden werden, wäre das ohne Sondersitzung erst nach der politischen Sommerpause möglich. Das Gremium tagt wieder am 4. September.