Fröndenberg. Braun gefärbte Fluten am Wasserwerk an der Ruhr: Der Dauerregen hinterlässt Spuren. Die Trinkwassergewinnung ist aber nicht beeinträchtigt.

Seit 2011 gibt es die Kooperationsgesellschaft der Stadtwerke Menden und Fröndenberg, Aufgabe der „WMF“ ist die Steuerung der Wassergewinnungsanlage an der Ruhr in Schwitten. Die Situation ist schon auf den ersten Blick extrem: Wer von der Brücke Mendener Straße kurz vor dem Ortseingang Fröndenberg in Richtung Kraftwerk schaut, sieht, dass sich braun gefärbte Fluten in Richtung Langschede wälzen. Da kommt schnell die Frage auf, wie noch Trinkwasser in bester Qualität gewonnen werden kann.

Ein rund 300 Kilometer langes Rohrnetz

Denn allein auf der Seite der Hönnestadt versorgt ein rund 300 Kilometer langes Rohrnetz mit Ausnahme der Ortsteile Halingen und Ostsümmern ganz Menden, knapp 13.000 Hausanschlüsse, mit insgesamt rund 51.000 Verbrauchern. Die Trinkwassermenge pro Jahr beträgt etwa 3,6 Millionen Kubikmeter. Dazu kommen noch rund 20.000 Nutzer auf der Fröndenberger Seite.

Die Qualität bleibt immer gleich hoch, dafür sorgen unsere Filter.“
Michael Freitag, Geschäftsführer WFM

Michael Freitag, WFM-Geschäftsführer, schüttelt beruhigend den Kopf: „Keine Angst, auch für die momentan extreme Situation sind wir perfekt ausgerüstet, garantieren die höchsten Anforderungen.“

Weil Trinkwasser eines der wichtigsten Lebensmittel ist, werden besondere Ansprüche gestellt, permanente Kontrolle ist gewährleistet

Aus dem Bieberkamp ist am Montagabend eine Seenlandschaft geworden.Foto: Stefan Deitel
Aus dem Bieberkamp ist am Montagabend eine Seenlandschaft geworden.Foto: Stefan Deitel © Feuerwehr Menden | Stefan Deitel
Starkregen setzte die Mendener Straße zwischen Star und Kress-Keisel unter Wasser. Die Feuerwehr warnt.Foto: Joshua Kipper
Starkregen setzte die Mendener Straße zwischen Star und Kress-Keisel unter Wasser. Die Feuerwehr warnt.Foto: Joshua Kipper © Joshua Kipper | Joshua Kipper
OBO Bettermann öffnet sein Betriebsgelände für den Durchgangsverkehr. 
OBO Bettermann öffnet sein Betriebsgelände für den Durchgangsverkehr.  © Joshua Kipper | Joshua Kipper
Wasser aus den Feldern und von oben. 
Wasser aus den Feldern und von oben.  © Joshua Kipper | Joshua Kipper
Wasser aus den Feldern und von oben. 
Wasser aus den Feldern und von oben.  © Joshua Kipper | Joshua Kipper
Starkregen in Menden am Montag.
Starkregen in Menden am Montag. © Joshua Kipper | Joshua Kipper
Starkregen in Menden am Montag.
Starkregen in Menden am Montag. © Joshua Kipper | Joshua Kipper
Starkregen in Menden am Montag.
Starkregen in Menden am Montag. © Joshua Kipper | Joshua Kipper
Starkregen in Menden am Montag.
Starkregen in Menden am Montag. © Joshua Kipper | Joshua Kipper
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Das Wasserwerk Fröndenberg Menden versorgt seid 2011 rund 70.000 Menschen mit Trinkwasser.
Das Wasserwerk Fröndenberg Menden versorgt seid 2011 rund 70.000 Menschen mit Trinkwasser. © WP Menden | Peter Benedickt

Der Fachmann verspricht: „Die Qualität bleibt immer gleich hoch, dafür sorgen unsere Filter.“ Erscheint das Rohwasser durch die gewaltigen Mengen trüber als sonst, arbeiten die Filteranlagen intensiver. 600 Kubikmeter Rohwasser pro Stunde kann die 33 mal 27 Meter große Anlage in mehrstufigen Filter-Verfahren aufbereiten.

Die Filter müssen öfters „rückgespült“ werden

Während der Ultrafiltration halten feine Filter kleinste Partikel sowie anhaftende Viren und Bakterien zurück. Da mehr Rückstände anfallen, werden diese Filter öfter „rückgespült“. Dabei gelangt das Ausgespülte wieder in den Fluss: „Das ist ausdrücklich gewünscht, der Zustand vor der Entnahme wieder hergestellt, es dient Tieren etwa als Nahrung.“

Arzneimittelreste, Rückstände von Pflanzenmittel und PFT werden mit Hilfe von Aktivkohle aus dem Wasser entfernt. Flachboden-Belüfter entsäuern das Wasser, bevor es unter ultraviolettem Licht desinfiziert und in das Netz von Fröndenberg und Menden eingespeist wird. Josef Guthoff, Pressesprecher Stadtwerke Menden: „Somit kommen in der Anlage keinerlei chemische Zusatzstoffe zum Einsatz.“ Täglich entnehmen die Stadtwerke Proben an den relevanten Stationen der Wasserversorgung und überprüfen so permanent die Reinheit des Wassers.

Bei Normalstand gibt es die Uferfiltration

Die „WFM“ verfügt über Brunnen sowohl auf Mendener als auch auf Fröndenberger Gebiet. „Normalerweise erfolgt bereits eine Uferfiltration und der kiesige Grund reinigt die entnommene Menge bereits vor, was beim momentanen Wasserstand allerdings schwierig ist“, meint Michael Freitag.

Es kommen in der Anlage keinerlei chemische Zusatzstoffe zum Einsatz.
Josef Guthoff, Pressesprecher Stadtwerke Menden

Die Fröndenberger Brunnen liegen tiefer, die Gefahr der Überspülung besteht, sie wurden deshalb vorsorglich abgeschaltet. Diese Gefahr besteht auf Mendener Seite nicht. Die Wasserentnahme für die Gewinnung liegt zudem nicht direkt an der Ruhr, sondern am in Richtung Wasserwerk parallel verlaufenden Obergraben. Selbst bei einem Jahrhunderthochwasser kann der Obergraben gut geschützt werden.

2006 fuhr sogar mal ein Lautsprecherwagen durch die Stadt

Michael Freitag erinnert sich an die Jahre, als die Entnahme für Fröndenberg ausschließlich aus ihren Brunnen erfolgte: „2006 gab es die Situation, dass direkt von der Wiese Wasser hineinlief. Lautsprecherwagen fuhren zur Sicherheit durch die Stadt, forderten die Leute auf, speziell für Senioren und Kinder das Wasser abzukochen.“ Der Anlass, über eine Lösung dieses Problems nachzudenken. Ergebnis: Die folgende Kooperation zwischen Menden und Fröndenberg.

Der hohe Pegelstand der Ruhr ist kein Vorteil für die Energiegewinnung. Die Fallhöhe des Wassers ist entscheidend.
Der hohe Pegelstand der Ruhr ist kein Vorteil für die Energiegewinnung. Die Fallhöhe des Wassers ist entscheidend. © WP Menden | Peter Benedickt

Spannend bei diesen Niederschlagsmengen sind die Pegelstände, aber eine andere Zahl macht die momentane Situation richtig bewusst: Der mittlere Durchfluss in der Ruhr, Normalstand, liegt bei 27 Kubikmeter in der Sekunde. Am Donnerstag, 4. Januar, 10.15 Uhr, wurden 196 Kubikmeter erreicht. Für die Energieerzeugung ist Hochwasser durchaus problematisch, denn entgegen landläufiger Meinung entscheidet nicht die Menge des Wassers über die Produktion, sondern ein ganz anderes Kriterium: Die Fallhöhe.

Bäume und Styropor werden bei Hochwasser angeschwemmt

Bei Normalstand sind es etwa sieben Meter. „Irgendwann bei steigenden Pegelständen, fehlt der Höhenunterschied, dann wird es problematisch, die Turbinen können nicht mehr betrieben werden oder werden uneffektiv“, erklärt der Experte. Auch Schwemmgut wird zum Thema. In den warmen Monaten und bei Niedrigwasser bleibt einiges am Ufer hängen, oft sogar ganze Bäume, sehr viel Styropor. Diesen Abfall reißt die Strömung nach so gewaltigen Regenmengen wie in den vergangenen Wochen mit und verstopft den Rechen. Der wird deshalb öfter per Automatik gereinigt. Was dabei abfällt unterliegt der ordnungsgemäßen Entsorgung: „Alles, was wir anpacken und nicht weiter schwimmt, kommt in Container.“

Einige Kaminbesitzer haben dort inzwischen eine gute Quelle entdeckt, um sich zu versorgen. Ein Phänomen sind Feuerzeuge, fügt Michael Freitag lachend an: „Die kommen in Mengen, schwimmen mit dem Zündkopf nach unten, nur der Boden schaut raus, gibt immer ein buntes Bild.“