Menden. Das Kanalnetz Mendens könnte an den Ruhrverband übertragen werden. Welche Vorteile das für die Stadt hätte und was es für Gebührenzahler bedeutet
Am Ende des Deals sollen alle profitieren: Stadt wie auch Ruhrverband. Mit der Übertragung des städtischen Kanalnetzes soll eine Win-Win-Situation geschaffen werden. Doch warum sollte die Stadt überhaupt einen Teil ihres Eigentums abtreten? Nun liefern Verantwortliche des Verbandes erstmals Antworten. Das ist geplant.
Synergien in Menden nutzen
Dass der Ruhrverband expandieren möchte, macht ein Blick in die unmittelbare Nachbarschaft Mendens deutlich: In Balve ist das Kanalnetz seit dem 1. Januar 2023 in Hand der Non-Profit-Organisation. Gut 23 Millionen Euro soll der Deal dort in die Stadtkasse spülen. In Menden könnte man nun ähnliche Wege gehen – wenngleich mit preislich anderer Dimension. Der Ausgleichswert in Menden liegt bei gut 108 Millionen Euro. Aber warum will man städtisches Eigentum überhaupt auslagern?
Für den Ruhrverband liegt es in der Natur der Sache. An der Grenze zwischen Halingen und Fröndenberg betreibt er bereits ein Klärwerk, ist spätestens dort für das Mendener Wasser zuständig. Mit der Kanalnetzübertragung soll sprichwörtlich alles aus einem Guss sein: Vom Wohnhaus direkt bis zur Kläranlage. Bisher nämlich gibt es mehrere sogenannter Übergabepunkte, an denen die Arbeit von der Stadt an den Ruhrverband übergeht – unter anderem am Klärwerk. „Es geht dabei um eine Aufgabenverschiebung in hoheitlichem Gebiet. In manchen Bereichen arbeiten Ruhrverband und die Stadt Menden bereits zusammen“, erklärt Ruhrverband-Finanzexperte Heiko Witelski im ISM-Ausschuss.
Die Befürchtungen
Denn: Der Ruhrverband ist Teil der mittelbaren Staatsverwaltung, agiert eher wie eine Kommune denn als reines Wirtschaftsunternehmen. Mit der Kanalnetzübertragung wolle man noch enger als bisher zusammenarbeiten und Synergien nutzen.
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Im Verbandsgebiet entlang der Ruhr haben bereits sieben Kommunen ihr Kanalnetz abgetreten – für die Dauer von mindestens 20 Jahren. Das Vorhaben dient nicht nur der reibungsloseren Zusammenarbeit, sondern vor allem der eigenen Existenzabsicherung. Denn so werde der Verband zu einem noch größeren und attraktiveren Arbeitgeber – „vor allem für Fachkräfte“, sagt Witelski. Langfristiges Ziel: Im Verbandsgebiet für die gesamte Siedlungswasserwirtschaft zuständig sein. So könnten auch neue Baugebiete künftig mithilfe des Ruhrverbandes ans Netz angeschlossen werden. „Wir wollen eine effiziente Wasserwirtschaft einführen“, betont Ruhrverband-Geschäftsführer Michael Menke.
Eine Befürchtung, die bei einer solchen Übertragung bei vielen Bürgern möglicherweise aufkommt, ist: Dann wird’s teurer bei den Abwassergebühren. Doch das, so Michael Menke, sei mitnichten der Fall. Denn die Gebührenhoheit bleibe weiterhin bei der Stadt. Gleichwohl: Infolge von Investitionen am Kanalnetz könnten die Gebühren irgendwann dennoch steigen. Auch das Abwasserbeseitigungskonzept bleibt Aufgabe der Kommune. Darin sind mittel- und langfristige Investitionen und Maßnahmen gelistet; dabei geht es etwa um neue Regenrückhaltebecken oder die Erneuerung einzelner Kanalabschnitte.
Kein Bagger ohne Beschluss
„An dem Punkte waren wir schon einmal im Haupt- und Finanzausschuss. Ich frage mich: Wo kann es knirschen? Was passiert, wenn die Stadt goldene Kanaldeckel haben will und der Ruhrverband aber nicht?“, will Grünen-Fraktionschef Peter Köhler wissen. Damit zielt er vor allem auf unterschiedliche Auffassungen bei Investitionsmaßnahmen ab oder auf ungeplante Kostensteigerungen. Dazu würden mehrmals im Jahr Arbeitskreise zusammenkommen, um eben jene kritischen Punkte abzusprechen und Projekte festzulegen. „Wenn die Stadt goldene Kanaldeckel haben will, gibt’s auch goldene Abwassergebühren“, macht Michael Menke klar. Heißt: Ohne Zustimmung der Stadt und der politischen Gremien werde man nicht auf eigene Faust tätig. Noch ist allerdings die Stadtentwässerung Menden (SEM) für alle Angelegenheiten rund ums Kanalnetz zuständig.
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Und mit dieser eigenbetriebsähnlichen Einrichtung gibt’s zudem entsprechende Kontrollmechanismen, etwa den Rechnungsprüfungsausschuss oder aber den ISM-Ausschuss. „Wenn wir das aus der Hand geben, müssen wir das den Bürgerinnen und Bürgern erklären“, sagt Peter Köhler. Der Ruhrverband-Geschäftsführer versucht, zu beschwichtigen: „Wir haben kein Interesse daran, die Investitionskosten durch die Decke schießen zu lassen.“ Was nach einer möglichen Kanalnetzübertragung mit den zuständigen Mitarbeitern bei der Stadtentwässerung passiert, ist derweil noch offen. „Wie die Organisation im Haus danach läuft, kann ich nicht sagen“, betont Kämmerer Uwe Siemonsmeier. Erste Gespräche habe es zwar bereits gegeben, allerdings wolle er keine Fakten schaffen, ehe eine politische Entscheidung steht. Und die soll noch in diesem Jahr fallen, denn die Zeit drängt. Soll die Übertragung zum 1. Januar 2025 über die Bühne gehen, müsste der Rat am 14. November grünes Licht geben.