Menden. 1400 Haushalte könnten von einer geplanten Photovoltaikanlage der Stadtwerke profitieren. Ein jahrzehntealtes Mammutprojekt könnte das verhindern

Nach einer ersten Freiflächen-PV-Anlage in der Nähe des Wasserwerks Menden-Fröndenberg wollen die heimischen Stadtwerke weiter an ihrer Infrastruktur für erneuerbare Energien basteln. Dafür könnte – nach jahrzehntelangen Diskussionen – ein großangelegtes Verkehrsvorhaben buchstäblich zu den Akten gelegt werden. Was dahinter steckt.

Stadtwerke in der Zwickmühle

Die Zahlen machen deutlich, worauf es den Stadtwerken ankommt: 6,4 Millionen Kilowattstunden grüner Strom im Jahr. Alles mit der Kraft der Sonne. Damit könnten rund 1400 Haushalte in Menden versorgt werden. Die Fläche soll nur einen Steinwurf von der Fröndenberger Straße – am Ende der Carl-Schmöle-Straße – entfernt entstehen. „Die Netzanschlusskosten sind im Vergleich zu vielen anderen potenziellen Standorten im Stadtgebiet eher gering. Daneben besteht die Option eines langfristigen Pachtvertrages mit dem privaten Grundstückseigentümer“, heißt es dazu in einer Vorlage für den nächsten Umweltausschuss.

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Das Projekt ist Teil einer größer angelegten Energieoffensive. Zum einen sind hierbei Mendenerinnen und Mendener selbst gefordert. Mithilfe von Balkonkraftwerken, die zuletzt sogar von der Stadt gefördert wurden, können Privatpersonen zumindest einen Teil ihres Stromverbrauchs decken. Zum anderen wollen die Stadtwerke Menden im großen Stil selbst aktiv werden. Nachdem eine erste Freiflächen-Anlage an der Stadtgrenze zu Fröndenberg mittlerweile im Betrieb, allerdings für die Versorgung des Wasserwerkes vorgesehen ist, soll nun eine weitere Anlage für die Versorgung der Hönnestadt genutzt werden. „Es ist unser erstes großes Freiflächenprojekt, das grüne Energie für Menden produzieren soll“, erklärt Stadtwerke-Sprecher Josef Guthoff dazu auf WP-Anfrage. Dabei verweist der heimische Versorger vor allem auf die Leitlinien der Bundesregierung zum Ausbau der erneuerbaren Energien. In die Karten spielen soll den Stadtwerken dabei eine Gesetzesänderung, die den PV-Ausbau beschleunigen soll. Demnach können Anlagen nun auch in einem 200-Meter-Korridor um Bahntrassen oder Autobahnen errichtet werden.

Windkraft aktuell kein Thema

Während die Stadtwerke beim Thema Solarenergie aufs Tempo drücken, sieht es bei der Windkraft in Menden hingegen schlecht aus. Dazu seien derzeit keine Projekte angedacht, so Stadtwerke-Sprecher Josef Guthoff. Mit der Freiflächen-PV-Anlage wolle man dem neuen Geschäftsbereich „Energiewende“ (WP berichtete) Rechnung tragen. „Das ist mittlerweile auch in unserem Gesellschaftsvertrag verankert. Wir wollen in diesem Bereich die Schlagzahl erhöhen“, betont Guthoff mit Blick auf das PV-Projekt an der Carl-Schmöle-Straße.

Doch die Bauabteilung macht dem städtischen Tochterunternehmen bei genau diesem Thema erst einmal einen Strich durch die Rechnung. Kernargument ist ein fast 40 Jahre altes Mammutprojekt: die Nordtangente. Denn genau auf diesem Gebiet, auf dem die Freiflächen-PV-Anlage entstehen soll, verläuft laut Planungen die Trasse. Die Planungen liegen zwar bereits seit Jahren auf Eis, sind jedoch nicht ganz abgeschrieben. Ein weiteres Problem aus Sicht der Verwaltung: Die geplante Freiflächen-PV-Anlage liegt „außerhalb des 200-Meter-Streifens entlang der Bahnstrecke Fröndenberg-Menden“, könne also von der 2022 eingeführten Gesetzesänderungen nicht profitieren. Doch die Stadt führt weitere Argumente gegen das Vorhaben ins Feld. Neben einem neuen Bebauungsplan müsste auch der Flächennutzungsplan für das Gebiet geändert werden. Derzeit wird der Bereich als „Fläche für Landwirtschaft“ und „Grünfläche“ geführt.

Planungsstand nicht realistisch

Auf dem Papier haben die Planungen der Nordtangente aus dem Jahr 1993 noch immer Bestand. Baukosten: rund 12 Millionen Euro, bei einer 70-prozentigen Förderung. Gleichwohl ist sich auch die Stadt bewusst, dass dieses Preisschild längst keinen Bestand mehr hat. „Es ist davon auszugehen, dass die Baukosten aufgrund der hohen Inflation der vergangenen Jahre deutlich gestiegen sind“, heißt es dazu. Zudem hat der Rat 2019 beschlossen, die Planungen nicht weiter zu verfolgen. Gänzlich abgeschrieben ist das Projekt damit allerdings nicht.

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Für die neue Mega-PV-Anlage bleiben damit unterm Strich zwei Optionen: Entweder hebt der Bauausschuss in letzter Instanz den Bebauungsplan für die Nordtangente auf – oder eben nicht. Legt der Ausschuss die Planungen für die Nordtangente nach jahrzehntelangen Diskussionen endgültig zu den Akten, könnte das zudem den Weg für weitere Projekte freimachen. „So sind zum Beispiel die städtischen Grundstücke – insbesondere im Bereich der Fröndenberger Straße und Franz-Kissing-Straße – gewissermaßen blockiert und stehen für eine weitere Vermarktung derzeit nicht zur Verfügung“, so die Verwaltung. Gleiches gilt für private Bauvorhaben in diesem Bereich.

Das Projekt der Stadtwerke wird in der kommenden Woche, 18. Oktober, erstmals im Umweltausschuss auf der Agenda stehen. Eine Entscheidung könnte Anfang November dann der Bauausschuss treffen.