Menden. Findet der Kampfmittel-Räumdienst am 31. August eine Bombe, beginnt in Menden die größte Evakuierung seit Jahrzehnten.
Liegt in Menden eine Weltkriegsbombe ausgerechnet unter einem dicht besiedelten Ortsteil? Ende August wird der Kampfmittelräumdienst aus Arnsberg bei einer Sondage herausfinden, ob sich der Verdacht auf einen Blindgänger im Bereich Bismarckstraße/Grüner Weg/Hedwig-Dransfeld-Straße bestätigt. Sollte es sich tatsächlich um einen explosiven Überrest handeln, dann steht Menden Anfang September die größte Evakuierungs-Aktion der letzten Jahrzehnte bevor.
Im schlimmsten Fall sind 4300 Menschen in Sicherheit zu bringen
Die Stadtverwaltung rüstet sich daher für den schlechtestmöglichen Fall eines großen Sprengkörpers. Das würde bedeuten: Sie muss vor der Entschärfung oder einer kontrollierten Sprengung im schlimmsten Fall bis zu 4300 Menschen in Sicherheit bringen. Ist der Explosivkörper kleiner, könnte es auch ausreichen, gut 1100 Menschen zum Verlassen ihrer Häuser und Wohnungen zu bewegen – wobei viele ohnehin auf der Arbeit oder unterwegs sein dürften. Erfahrungsgemäß muss nur etwa ein Viertel der Anlieger tatsächlich durch das Ordnungsamt untergebracht werden. Die eigene Wohnung verlassen müssen vor einer Entschärfung jedenfalls alle Anwohner – ohne Ausnahme.
In Großstädten fast Alltag, in Menden die erste Evakuierung dieser Größenordnung
Was in einst stark bombardierten Ruhrgebietsstädten wie Dortmund oder Essen heute fast zum Alltag gehört, wäre in Menden aber in jedem Fall die erste Evakuierung dieser Größenordnung. Betroffen wären hier auch vier Kitas, die Grundschule an der Robert-Leusmann-Straße und mehrere Gewerbebetriebe bis hin zur Stadtwerke-Zentrale am Papenbusch.
Stadt Menden bildet „Stab für außergewöhnliche Ereignisse“ mit Polizei und Feuerwehr
Entsprechend hochtourig starten die Vorbereitungen, bestätigt Mendens Ordnungsamtsleiterin Manuela Schmidt. Sie ist im dafür eigens gebildeten „Stab für außergewöhnliche Ereignisse“ (SAE) im Rathaus die Chefin im Ring. Solche SAEs hatte es zuletzt in der Corona-Pandemie und den Hochwassern gegeben, und dazu gehören in enger Kooperation mit der Stadt stets auch Feuerwehr und Polizei.
Ab Montag Rathaus-Hotline für Fragen aller Art: 02373/903-1234
Als erste öffentliche Maßnahme sollen bereits am kommenden Montag an 31 Straßen zunächst mehrsprachige Info-Flyer in alle Briefkästen gesteckt werden. Hinzukommen soll später noch eine zweite, ausführlichere Information. Ebenfalls ab Montagmorgen gibt es auch eine Hotline im Rathaus. Hier können sich Bürgerinnen und Bürger bei Fragen telefonisch melden. Die Hotline-Nummer lautet 02373/903-1234 und ist montags bis mittwochs von 8 bis 16 Uhr, donnerstags 8 bis 17.30 und freitags 8 bis 12.30 Uhr zu erreichen. Aktuelle Informationen gibt es auch auf der Internetseite der Stadt unter www.menden.de/ordnungsamt.
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Anlieger sollen bettlägerige und pflegebedürftige Menschen im Haus melden
Worum es dabei gehen könnte, zeigt ein Blick auf den Flyer. Anwohnerinnen und Anwohner sollen der Stadt melden, ob sich in ihren Haushalten etwa pflegebedürftige Menschen befinden, die bettlägerig oder gehbehindert sind oder eine spezielle Versorgung etwa mit Sauerstoff brauchen. „Das ist wichtig für den Transport der Menschen in die Betreuungsstellen“, erklärt Schmidt. Das sollen größere Räume sein . Genaueres soll auch hier noch bekanntgegeben werden.
31 Straßen rund um die Verdachtsfläche: Anlieger erhalten Flyer ab Montag
Der Flyer wird ab Montag an folgenden 31 Straßen verteilt: Alte Provinzialstraße, Am Galgenfeld, Am Papenbusch, Anne-Frank-Straße, Arndtstraße, Bismarckstraße, Christine-Koch-Straße, Delyner Straße, Droste-Hülshoff-Straße, Eisenberger Straße, Feldstraße, Freiherr-vom-Stein-Straße, Goerdelerstraße, Grenzweg, Grüner Weg, Hedwig-Dransfeld-Straße, Heinrich-Schulte-Straße, Hermann-Bauer-Straße, Klevesberg, Landwehr, Mommsenstraße, Mühlenbergstraße, Pater-Kolbe-Straße, Tannenbergstraße, Unnaer Landstraße, Virchowstraße, Von-Hatzfeld-Straße, Von-Lüninck-Straße, Von-Ranke-Straße, Westfalenstraße und Wunne.
Kein Neugierde-Tourismus: Genaue Lagestelle soll geheim bleiben
Wo die Verdachtsfläche genau liegt, der im Rahmen einer Baumaßnahme vorgemerkt wurde, will die Stadtverwaltung ausdrücklich nicht bekannt machen. So will man einen Neugierde-Tourismus vermeiden – im Interesse der unmittelbaren Anlieger. Von einer Evakuierung wäre ohnehin die weiträumigere Umgebung ebenso betroffen, heißt es.
Entscheidende Sondierung am 31. August: Was liegt dort in der Erde?
Am 31. August soll planmäßig die Sondierungsbohrung stattfinden. Mit Messungen will der Kampfmittel-Räumdienst dann feststellen, was dort in der Erde liegt. „Schnellstmöglich erhalten wir von der Bezirksregierung Ergebnisse und treffen gemeinsam Entscheidungen über das weitere Vorgehen“, erklärt Manuela Schmidt. „Dann können wir entweder alle aufatmen, oder es bleibt im Zweifel nur wenig Zeit für die Evakuierung.“ Dann müsste laut Stadtverwaltung alles möglichst rasch klappen.
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Bei großflächiger Absperrung muss das gesamte Rathaus ausrücken
Dazu zählen nicht nur die Räumung und die umfangreiche Kontrollen, ob auch wirklich alle Menschen den gefährdeten Bereich verlassen haben. Hier hofft Schmidt auf die Einsicht aller Anlieger und dass es keine Verweigerer gibt, denn es gehe um deren eigene Sicherheit. Hinzu kommt jedoch auch noch die Überwachung, damit während der Entschärfung nicht noch Menschen in die große Tabuzone hineingelangen. Dafür müssen Posten an allen Einfallstraßen eingerichtet werden. Das wiederum würde bei dem größeren Radius bedeuten, dass dafür viele Kräfte aus dem Rathaus zu mobilisieren wären.
Manuela Schmidt: „Das Rathaus bliebe voraussichtlich an diesem Tag dann bis auf die Notdienste geschlossen.“