Menden. Nach weltweit wärmstem Juli: Mendener Wetterexperte Peter Friedrich blickt auf lokale Durchschnitts-Temperaturen seit 1972.
Der gerade abgelaufene Juli war weltweit der allerheißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, doch gilt das auch fürs Stadtklima in Menden? Die WP befragte dazu Peter Friedrich, der seit 1972 an seiner Wetterstation am Kapellenberg auch die Temperaturen misst und sie täglich auf der Internetseite mendenwetter.blogspot.com veröffentlicht. „Der Juli 2023“, sagt Friedrich, „hatte in Menden eine Mitteltemperatur von 18,9 Grad Celsius. Das erscheint im Rückblick als nicht besonders warm. Es war aber immer noch fast um ein halbes Grad wärmer als der Durchschnitt der 20 Jahre von 2000 bis 2019.“
Und wenn man noch weiter zurückgeht? „Vergleicht man den letzten Juli mit dem Klimamittel von 16,8 Grad, das von 1931 bis 1960 an der damaligen Station des Deutschen Wetterdienstes im benachbarten Hemer gemessen wurden, dann war unser letzter Juli um 2,1 Grad wärmer“, erklärt Friedrich. Das sei schon ein wirklich großer Unterschied. „Demnach hätten wir das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens bereits überschritten.“
Dass es tatsächlich immer wärmer wird, wüssten die Menschen indes meist eher aus den Medien, als dass sie es tatsächlich jedes Mal fühlten. Denn nur wirkliche Hitzetage über 30 und besonders ab 33 Grad blieben uns nachhaltig in Erinnerung, sagt der Wetterexperte. „Dass es keine längeren Kälteperioden mehr gibt, fällt nicht besonders auf. Wir vermissen sie nicht.“
Mendener Langzeit-Daten: Seit 2014 geht es mit Wärme nur noch aufwärts
Vor 2000 noch kaum mehr als 10 Grad Durchschnittstemperatur im Jahr
Die Mendener Daten sind bei Peter Friedrich seit 1972 lückenlos vorhanden, und er tat der WP den Gefallen, die jährliche Entwicklung der Durchschnittstemperatur aufzulisten. Demnach gab es bis 2000 nur sehr wenige Jahre mit einer Durchschnittstemperatur oberhalb von 10 Grad. In den 1990er Jahren sieht man zwar einen deutlichen Aufwärtstrend, doch der wird abgelöst durch eine Stagnation der Temperatur in 13 Jahren zu Beginn unseres Jahrhunderts.
Mit 12 Grad im Mittel stellte das Jahr 2022 den Menden-Rekord auf
Zunächst konnte man sich darauf keinen Reim machen, berichtet Friedrich: „Die Lobby der fossilen Brennstoffe hat es daraufhin mit dem Einsatz erheblicher finanzieller Mittel geschafft, einen großen Teil der Bevölkerung insbesondere in Nordamerika davon zu überzeugen, dass es den Klimawandel gar nicht gibt. Aktivitäten zur CO2-Reduzierung rutschten auf der Prioritätenliste nach unten.“ Inzwischen gelte eine periodisch auftretende deutliche Abkühlung des Pazifiks als Ursache dieser Stagnation. Der Pazifik sei in dieser Zeit in der Lage gewesen, Wärme aus der Luft in verstärktem Maße aufzunehmen.
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Doch seit 2014 gehe es überall auf der Welt – und eben auch in Menden – ständig aufwärts mit der Temperatur. Mit 12 Grad im Mittel stellte das Jahr 2022 auch einen Menden-Rekord auf. Um den einzuordnen: Die mittlere Jahrestemperatur von Worms am Rhein im Weinbaugebiet Rheinhessen liegt im letzten Klimamittel nur bei 11,3 Grad.
Kein Hitze-Aktionsplan der Stadt, der Maßnahmen zusammenfasst
Die Aufheizung des Mendener Stadtgebiets ist demnach messbar und nachweisbar. Doch was tut die Stadt dagegen? Die Stadtverwaltung hat, anders als andere Kommunen, keinen Hitze-Aktionsplan, berichtet ihr Pressesprecher Johannes Ehrlich. „Darüber wurde im Rathaus zwar diskutiert, auch um mögliche Fördermittel für die Erstellung beantragen zu können. Das Ergebnis lautete aber, dass ein solcher Plan für Großstädte mehr Relevanz habe als für Städte in der Größenordnung und mit der Topographie Mendens.“ So gebe es für Menden heute zwar ein Sitzbankkataster, mehrere Trinkwasserbrunnen und eine Karte mit Schattenplätzen. Aber noch keinen Plan, der das alles zusammenfasst.
Aus dem Rathaus bisher Appelle zu Umsicht und Gießhilfen
„Was wir aber in den letzten Jahren bei Hitzewarnungen getan haben und auch weiterhin tun werden: Wir werden die Mendenerinnen und Mendener über die Presse und die Social-Media-Kanäle der Stadt auf die Folgen hinweisen und sie für das Thema sensibilisieren“, erklärt Ehrlich. So wurde etwa öffentlich an die Bevölkerung appelliert, an extrem heißen Tagen besonders auf ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger zu achten – im Stadtbild oder in der Nachbarschaft. Auch wurde in der jüngsten Hitzewelle zu Gießhilfen für wärmegeplagte Stadtbäume aufgerufen – allerdings mit mäßigem Erfolg.
Was ist zu tun? Stadt Menden will ein „Klimafolgen-Anpassungskonzept“
Zudem lässt Mendens Klimaschutzmanager Thomas Tokotsch gerade ein „Klimafolgen-Anpassungskonzept“ erstellen. „Solche Konzepte sind einem Hitzeaktionsplan übergeordnet und betrachten das große Ganze“, erläutert Ehrlich. „Also auch, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um Hitzeinseln und stark aufgeheizte Plätze in Menden zu verringern. Oder zu fragen, wie man mehr Wasser in die Stadt bekommt, auch um ein Aufheizen der Stadt zu verringern.“ Für dieses Klimafolgen-Konzept, sagt Ehrlich, erfolge bald die öffentliche Ausschreibung. „Danach geht es in die Erarbeitung.“