Menden. Immer wieder werden bei Bauarbeiten Stollen entdeckt, von denen kaum jemand noch wusste. Welche Bunker und Anlagen für Menden bekannt sind.

Ältere Mendener erinnern sich noch an Bunker im Stadtgebiet. Und bei Bauarbeiten werden immer mal wieder neue alte Schutzbauten entdeckt, von denen nicht mehr viele Zeitzeugen wissen. Denn eine komplette Auflistung, welche Bunker es in Menden gibt, existiert nicht. Und bei manchen Bunkern ist zwar bekannt, dass es sie in Menden gibt, aber die genaue Lage steht nicht fest.

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Stollen an der Gartenstraße

Wie erst kürzlich bekannt wurde, wurde bei Bauarbeiten an der Gartenstraße ein weiterer Stollen entdeckt. Die alte Stollenanlage sei im Zuge der dortigen Baumaßnahmen freigelegt worden, erklärt Mendens Stadtarchivar Stephan Reisloh auf Nachfrage der Westfalenpost. Die Anlage habe sich im Bereich des ehemaligen Sportcasinos befunden. „Der Gewölbe-Keller war da ins Erdreich beziehungsweise in den Fels gebrochen worden.“

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„Am 18. Februar 2021 ist man an der Gartenstraße bei Abbrucharbeiten auf einen Stollen gestoßen“, bestätigt auch Michael Malliaris, Leiter des Referats für Mittelalter- und Neuzeitarchäologie beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). „Das wurde an unsere zuständige Außenstelle Olpe gemeldet.“ Ein Kollege sei dann am nächsten Tag nach Menden gefahren und habe sich den Fund vor Ort angeschaut.

„Ideal wäre es, wenn wir vor einer Baumaßnahme informiert würden“, sagt Michael Malliaris. Der Stollen an der Gartenstraße 26 sei laut Archivunterlagen ursprünglich in drei Bauabschnitten für 1000 Menschen geplant gewesen, sagt Michael Malliaris. „Für 500 Menschen ist er dann fertig geworden.“ 1949 sei der Stollen zugemauert worden. Nach der Freilegung im Zuge der Abbrucharbeiten sei er „aktuell wieder verdichtet worden“.

„Der Zugang wurde durch uns zugemauert, um ein unbefugtes Betreten zu verhindern – also aus Sicherheitsgründen“, ergänzt Stadtsprecher Johannes Ehrlich.

Mehr indes passiere in der Regel seitens des LWL nicht, erklärt Michael Malliaris – „es sei denn, das Ganze hätte den Status eines bedeutenden Monuments“.

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Auch der LWL hat keine Übersicht über alle Bunkeranlagen in Menden oder darüber hinaus: „Wir wären froh, wenn wir das hätten“, sagt Michael Malliaris.

Auch wenn umgangssprachlich von Bunkern gesprochen wird, handele sich in der Regel um Stollenanlagen, erläutert Stephan Reisloh – wie zum Beispiel bei dem vor wenigen Monaten wohl durch Wettereinflüsse zum Teil freigespülten Zugang an der Galbreite. Denn ein klassischer Bunker sei „deutlich besser ausgebaut und ausgestattet“, erläutert Stadtarchivar Stephan Reisloh. Eine Stollenanlage hingegen sei eher schlicht und sollte im Luftkrieg vor allem Schutz bieten.

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Stollenanlagen

Die folgenden Stollenanlagen sind derzeit laut Stadt und Stadtarchiv für Menden bekannt:

1. R & G. Schmöle, Unnaer Landstraße, Lage: im Hang über der Hönne, südlicher Rand der Tennisplätze gegenüber;

2. Rinker Galbreite, Lage: im Galbusch;

3. Flakkaserne, Bräukerweg, genauer Standort unbekannt;

4. Eichelberg, Balver Straße, gegenüber am steilen Hang, ehemaliger Treppenaufgang, circa 100 bis 200 Meter Richtung Lendringsen;

5. Mendener Stadion, Standort unbekannt;

6. Schützenstraße, an der Auffahrt zum Hallenbad;

7. Gartenstraße, zwei Stollen hinter der ehemaligen Fabrik; derzeit Baustelle;

8. Nordwall, unter dem Judenfriedhof.

9. Munitionsbunker an der Wendeschleife Thüringenstraße, gesprengt von Alliierten, abgeräumt und mit Häusern bebaut.

Öffentliche Luftschutzräume

Darüber hinaus gab es laut Stadtarchiv einige öffentliche Luftschutzräume – zum Beispiel:

Im Alten Rathaus; in der Schlageter-Schule (Wilhelmschule); in der Horst-Wessel-Schule (Westschule, Märkische Straße); im Keller der Josefschule Menden.

Schutzräume in Privatgebäuden

Außerdem gab es, so erläutert Stephan Reisloh, „auch Luftschutzräume, die in den allgemeinen Verwaltungsunterlagen als solche aufgeführt wurden, sich jedoch in Privatgebäuden befunden haben“. Diese Luftschutzräume in privaten Gebäuden seien „Luftschutzräume des erweiterten Selbstschutzes“ und auch für die allgemeine Bevölkerung gedacht, so Stephan Reisloh.

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Es gibt, erläutert Stephan Reisloh, keine Liste mit einer vollständigen Aufzählung aller entsprechenden Anlagen. Die Liste, die dem Stadtarchiv vorliegt, „ist die Liste, die im Juli 1945 vom Stadtbaurat an das Landesbauamt weitergemeldet wurde. Sie muss nicht vollständig sein.“

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Anhand der Akten im Stadtarchiv kann Stephan Reisloh die Sachlage zu den Luftschutzräumen weiter einordnen und blickt in die Historie: „Seit 1935 gibt es eine Anordnung zur Einrichtung von Luftschutzkellern. Verschiedene Schreiben der Baupolizeibehörde zum Einbau von Luftschutzkellern bei Neubauten an unfertigen Straßen 1935 an Architekten und Bauunternehmer dokumentieren dies.“ Dies seien private Luftschutzkeller in Neubauten ab 1935 – was damals „umfassend kontrolliert“ worden sei.

Erweiterter Selbstschutz

Außerdem gab es damals, so erklärt Stephan Reisloh, „Luftschutz für den erweiterten Selbstschutz“: „In einem Schreiben an den Reichsluftschutzbund über die Überprüfung der Luftschutzräume im Amt Menden erstattet der Amtsbaumeister dem Reichsluftschutzbund Bericht über den Sachstand des Ausbaus der Luftschutzräume in allen (größeren?) Firmen inkl. Mängelmitteilung. Somit gab es auch für Firmen die Anweisung, Luftschutzräume vorzuhalten“, führt Stephan Reisloh aus. „Eine weitere Liste über Luftschutz des erweiterten Selbstschutzes gibt es auch bei der Stadt Menden, ohne Datum, vermutlich um 1939/40. Darin enthalten sind alles Firmenbezeichnungen, sodass es weitere Luftschutzräume gegeben haben wird: Zum Beispiel Bahnhofstraße, Hochstraße, Iserlohner Landstraße, Horlecke, Balver Straße, Unnaer Straße.“ Warum diese nicht weitergemeldet wurden, ob diese tatsächlich noch nicht fertiggestellt waren, sei bisher unklar.

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„Es gibt noch ein Schreiben an den Kreisobmann der NSDAP zum Luftschutzstollenbau mit Aufstellung der Luftschutzstollen Gartenstraße, Nordwall, Schützenstraße, Transportkorps Speer (Huckenohlstadion, „Adolf-Hitler-Kampfbahn“) und Fa. Eichelberg; Schreiben über die geplante Fertigstellung.“ Diese Auflistung weiche von der Liste aus dem Juli 1945 ab. „Der Grund ist unklar.“

Die Luftschutz-Frage sei ein Arbeitsbereich, „mit dem man sich umfassend auseinandersetzen kann und Recherche entsprechend aufwändig ist“, stellt der Stadtarchivar fest. „Je intensiver man sich damit befasst, umso mehr Hinweise findet man.“