Menden. Victoria Genter organisiert für die Volkshochschule Bundesintegrationskurse. Hier lernen Flüchtlinge in Menden Deutsch. So läuft der Unterricht.

Sprache ist der Schlüssel zur Integration – das wissen auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der so genannten Bundesintegrationskurse, die die Volkshochschule in der ehemaligen Bonifatiusschule auf der Platte Heide anbietet. Rund 120 Frauen und Männer lernen hier derzeit Deutsch. Viele stammen aus der Ukraine.

„Die Kurse sind für alle Flüchtlinge offen“, erklärt Victoria Genter. Die 53-Jährige leitet den Bereich bei der Volkshochschule Menden-Hemer-Balve. „Die Anmeldung erfolgt über einen Berechtigungsschein.“ Der Kursbesuch sei für die Flüchtlinge im Gegenzug dafür, dass sie staatliche Sozialleistungen beziehen, verpflichtend.

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Insgesamt acht Kurse

In der einstigen Hauptschule laufen derzeit acht Kurse. Sieben seien „reine Integrationskurse“, erklärt Victoria Genter. „Einer ist ein Berufssprachkurs.“ Hier werde der Wortschatz für verschiedene Berufe erweitert. Und einer der Integrationskurse sei als Alphabetisierungskurs konzipiert, ist also für Teilnehmer gedacht, die auch in ihrem Heimatland Lesen und Schreiben nicht gelernt haben.

600 Unterrichtsstunden stehen auf dem Plan

Die Teilnehmer der Bundesintegrationskurse besuchen 600 Unterrichtsstunden (sechs Module à 100 Stunden) und legen nach etwa einem halben Jahr ihre Prüfung ab. Für die Alphabetisierungskurse sind 900 Stunden vorgesehen.

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Von montags bis donnerstags beginnt um 8.30 Uhr der Unterricht, der um 12.30 Uhr endet, freitags ist frei. „Jeder Kurs endet mit dem Deutsch-Test für Zuwanderer“, erklärt Victoria Genter. Das Ergebnis A2 heiße, dass der Test bestanden wurde, B1 heiße „erfolgreich bestanden“.

Nicht jeder der Kursbesucher ist voller Motivation, wie Victoria Genter weiß. Es gebe auch manche, „für die steht fest, dass sie möglichst bald wieder in ihre Heimat zum Beispiel in der Ukraine zurückwollen. Die sagen dann, dass es sich doch gar nicht lohnt, vorher noch Deutsch zu lernen.“ Victoria Genter und ihr Dozenten-Team versuchen dann, den Flüchtlingen zu erklären, „dass es sich immer lohnt, etwas zu lernen“.

Manche seien traumatisiert von den Erlebnissen in ihrer Heimat. „Oder das Leben hier stresst sie einfach.“ So seien dann bisweilen die frisch erlernten Vokabeln schnell vergessen. Zudem sei es für viele eine riesige Umstellung, nachdem sie in ihrer Heimat beispielsweise als Ingenieure oder Ärzte gearbeitet hätten, nun wieder die Schulbank zu drücken.

Daad Shaban stammt aus Syrien und nimmt zurzeit an einem Berufssprachkurs teil. Ihr Traum ist es, eine Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten zu machen. 
Daad Shaban stammt aus Syrien und nimmt zurzeit an einem Berufssprachkurs teil. Ihr Traum ist es, eine Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten zu machen.  © WP Menden | Corinna Schutzeichel

Andere wiederum seien voller Begeisterung dabei. „Sprache ist der Schlüssel für alles im Leben. Sprache ist wie ein Fundament, auf dem man ein Haus bauen kann“, sagt Victoria Genter.

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Das sieht auch Daad Shaban so. Die 20-Jährige stammt aus Syrien, lebt seit drei Jahren in Deutschland. Sie möchte eine Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten machen. Nachdem Daad Shaban zunächst die Schulklassen 9 und 10 absolvierte, besucht sie nun einen so genannten B2-Kurs und hofft für den Sommer auf einen Ausbildungsplatz. In dem Berufssprachkurs lernt Daad Shaban Formulierungen, um sich in beruflichen Situationen verständigen zu können.

Jeden Tag viel üben

„Es ist nicht einfach, eine neue Sprache zu lernen“, sagt Daad Shaban. „Arabisch schreibt man von rechts nach links, jetzt ist es umgekehrt“, sagt die junge Frau, die mit ihren Eltern und ihrer Schwester in Deutschland lebt. „Schreiben ist schwieriger als sprechen.“ Viel üben steht deshalb jeden Tag auf ihrem Plan. Im vergangenen Jahr hat sie bereits den Grundkurs geschafft, nun steht in wenigen Wochen die Prüfung für den Berufssprachkurs an. „Ich will das schaffen – unbedingt“, sagt Daad Shaban. „Ich möchte gerne als Krankenschwester arbeiten.“

Rafal Alsabee (rechts) und Luana Langer nehmen an den Bundesintegrationskursen der VHS teil, um die deutsche Sprache noch besser zu lernen. 
Rafal Alsabee (rechts) und Luana Langer nehmen an den Bundesintegrationskursen der VHS teil, um die deutsche Sprache noch besser zu lernen.  © WP Menden | Corinna Schutzeichel

Rafal Alsabee, die aus dem Irak stammt und zuletzt in der Schweiz gelebt hat, und Luana Langer, die aus Brasilien kommt, nehmen seit Ende des vergangenen Jahres an den Bundesintegrationskursen der VHS teil. „Ich brauche keinen Dolmetscher“, sagt Rafal Alsabee lächelnd. Ihr Deutsch ist nach etlichen Jahren in der Schweiz gut. Sie besucht den Sprachkurs mit dem Ziel, eine Ausbildung machen zu können: „Ich möchte Arzthelferin werden“, sagt die 34-jährige Mutter zweier Kinder.

Das ist auch der Berufswunsch von Luana Langer. Ihr Ehemann hat deutsche Wurzeln, spreche aber zu Hause Portugiesisch. „Wir wohnen jetzt seit elf Monaten hier.“ In Brasilien habe sie schon per Online-Unterricht Deutsch gelernt.

Derzeit absolviert Luana Langer – neben dem Sprachkurs bei der Volkshochschule – ein Praktikum in einer Arztpraxis in Unna. „Ich möchte da gerne meine Ausbildung machen“, erzählt sie. Ihr Tag sei mehr als gut gefüllt mit Sprachunterricht, Praktikum und Lernen für den nächsten Unterrichtstag.

Theoretisch könnten Victoria Genter und ihr Dozenten-Team noch viel mehr Sprachkurse anbieten. Doch die Dozenten hierfür fehlen. Deshalb gebe es in der Regel auch eine längere Wartezeit, bis die Flüchtlinge an einem der Bundesintegrationskurse teilnehmen können. Viele haben durch die Wartezeit bis zum Kursbeginn schon durch den Alltag einige deutsche Wörter gelernt.

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Voraussetzung für Dozenten seien neben einem pädagogischen Studium in der Regel „mindestens 300 Unterrichtseinheiten in einem Integrationskurs oder Erfahrung mit Migranten und Flüchtlingen“, erläutert Victoria Genter. Die studierte Philologin, Übersetzerin und Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache mit einem Masterabschluss arbeitet seit 2010 in der Erwachsenenbildung und ist auch als Prüferin bei den Sprachkursen tätig. Sie hat im Laufe der vergangenen Jahre schon viele Menschen auf dem Weg zur Sprachkompetenz begleitet und sagt: „Wichtig ist, dass man als Dozent viel Geduld, Ausdauer und Empathie mitbringt.“