Menden. Eineinhalb Jahre nach einer ersten Aufforderung macht die Bafin ernst. Ermittler schlagen in Dresden, Wittenberg und Menden zu. Die Hintergründe.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) greift durch: Bei einer bundesweiten Razzia hat die Bafin mehrere Ladenlokale der Gemeinwohlkasse versiegelt. Auch am Neumarkt in Menden wurden Beamte demnach vorstellig. Was dahintersteckt – und was den Inhabern nun droht.
Unerlaubte Bankengeschäfte
Seit Juni 2021 gibt es das kleine, fast schon unscheinbare Ladenlokal am Neumarkt. Doch was versicherungsähnlich aussieht, hat – zumindest aus Sicht der Bafin – einen kriminellen Kern. Die Gemeinwohlkasse wird der Reichsbürgerbewegung rund um Peter Fitzek zugeordnet. Der selbsternannte König von Deutschland bietet Interessierten den Systemausstieg an. Was dahintersteckt, wird schon beim Blick auf die Eingangstür am Neumarkt deutlich: „Zutritt nur für Staatsangehörige und Zugehörige des Königreiches Deutschland“, prangt dort. Offensiv warb das Königreich mit einem eigenen Zahlungssystem: Euro gegen E-Mark (Engel-Mark).
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Bereits wenige Monate nach Eröffnung des Geschäfts werden die Finanzaufseher der Bafin in Bonn tätig und untersagen den weiteren Betrieb. Konkret geht es um unerlaubte Bank- und Versicherungsgeschäfte, die der Fröndenberger Patrick Hyrynko im Namen von Peter Fitzek abwickeln soll. Es ist nicht der erste Fall, in dem Peter Fitzek über Dritte für das Königreich Deutschland (KRD) wirbt. Die Bafin hatte bereits im März 2021 den Betrieb einer Gemeinwohlkasse in Ulm untersagt. „Herr Fitzek nimmt derzeit unter der Firma ,GK Gemeinwohlkasse’ wieder Gelder aus dem Publikum an und verspricht, die Gelder später zurückzuzahlen. Herr Fitzek betreibt somit wiederum das Einlagengeschäft, für das er eine Zulassung nach dem Kreditwesengesetz (KWG) benötigt“, teilte die Bundesanstalt dazu seinerzeit mit.
Einzig getan hat sich nichts in Menden – und ebenso wenig an den übrigen Standorten der Gemeinwohlkasse in Dresden und am Gründungsort des „Königreichs“ in Wittenberg. Bis jetzt. „Die Bafin hat die Geschäftsräume am 23. Februar 2023 durch örtliche Polizeikräfte versiegeln lassen. Auf die Strafbarkeit nach § 136 Strafgesetzbuch wird hingewiesen“, teilt die Bafin dazu mit. Heißt: Sollte sich trotz amtlichen Siegels jemand Zutritt zum Ladenlokal verschaffen, ermitteln die Behörden zusätzlich wegen Siegelbruchs. „Ähnlich wäre es bei einem Tatort“, erklärt Polizeipressesprecher Lorenz Schlotmann auf WP-Anfrage. Gleichwohl: Die Kreispolizeibehörde war nur im Rahmen der Amtshilfe in Menden vor Ort, um die Maßnahme abzusichern.
Schwierige Ermittlungen
„Es handelt sich um eine Abwicklungsanordnung gegen Peter Fitzek und seinen Dunstkreis“, erklärt Bafin-Sprecherin Dominika Kule auf WP-Anfrage. Denn: Ähnlich wie der Siegelbruch ist auch das unerlaubte Betreiben von Bankengeschäften eine Straftat. Während es der Bafin vor allem darum geht, den illegalen Geschäften einen Riegel vorzuschieben, „gibt es auch eine strafrechtliche Verantwortung“. Beides müsse getrennt voneinander betrachtet werden. Bei der Staatsanwaltschaft Dortmund ist im Sommer 2021 ein Verfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche gegen den Fröndenberger eröffnet worden, das inzwischen bei der Staatsanwaltschaft Halle (Saale) geführt wird (WP berichtete).
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Warum die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht erst jetzt – eineinhalb Jahre nach Aufforderung – durchgreift, habe laut Dominika Kule auch mit der Organisation sowie der Einstellung von Reichsbürgergruppierungen zu tun. „Wenn sich solche Vereinigungen nicht rechtstreu verhalten, ist es schwierig, mit rechtsstaatlichen Mitteln vorzugehen.“ Bekanntermaßen lehnen Reichsbürger den Rechtsstaat ab und erkennen dessen Gesetze nicht an.
Die Mendener Gemeinwohlkasse war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Doch das „Königreich“ selbst hat dazu ein Statement veröffentlicht: „Eine der zentralen Säulen des destruktiven Systems ist das Schuldgeld- und Zinssystem in Verbindung mit der Geldschöpfung aus dem Nichts! Dieses System hält alle Völker dieser Erde in Schuld und damit in Abhängigkeit. Es ist ein System, in dem von den fleißigen Menschen hin zum Bankenkartell umverteilt wird, bis der Zinseszins exponentiell wird und es wieder einen großen Krieg braucht, der alle Sachwerte zerstört“, heißt es auf der Internetseite des KRD. Man gehe letztlich gestärkt daraus hervor, denn „wenn der Schöpfer Peter etwas aufträgt, kann auch kein Bankenkartell etwas dagegen unternehmen“.