Menden. Gemeinwohlkasse, Heilfürsorge, E-Mark: So will das Königreich Deutschland in Menden für die eigenen Ideen werben.

Mitten in Menden hat ein Fröndenberger eine Filiale der „Gemeinwohlkasse“ eröffnet, die sich zu einem „Königreich Deutschland“ (KRD) zählt. Sicherheitsbehörden rechnen das KRD der Selbstverwalter- oder Reichsbürgerszene zu (WP berichtete). Über eine Telegram-Gruppe sind in den letzten Monaten immer wieder Infos zum vermeintlichen „Königreich Deutschland“ gestreut worden.

Die Selbstverwalter oder Reichsbürger, wie sie vom Verfassungsschutz eingeordnet werden, erkennen die Rechtmäßigkeit der Bundesrepublik nicht an. Das wird auch in Menden deutlich. „Zutritt nur für Zugehörige des Königreichs Deutschland“, prangt an der Tür der „Gemeinwohlkasse“ am Neumarkt. Doch wie sieht das von Peter Fitzek ausgerufene Königreich eigentlich aus?

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Unterschieden wird zunächst zwischen Staatszugehörigkeit und Staatsangehörigkeit. 397 E-Mark, eine selbst gewählte Währung, fallen für einen Antrag zur Staatsangehörigkeit an – wenn man in einer Mail ans Meldeamt des KRD „ausführlich“ begründet, warum man ins Königreich wechseln möchte.

ONLINE-VERSION Königreich Deutschland
ONLINE-VERSION Königreich Deutschland © Denise Ohms | FUNKEGRAFIK NRW Denise Ohms

Im KRD wird derweil zwischen Staatsvolk, Staatsbürger und Deme unterschieden. Um Staatsbürger oder Deme zu werden, bedarf es Prüfungen zur „Verfassung“ in Form eines Multiple-Choice-Tests und eines Wohnsitzes im „Staatsgebiet“.

„Hoheitsgebiet“ des KRD

Betritt man eine Filiale des KRD, befindet man sich angeblich in deren Hoheitsgebiet, „ähnlich wie bei einem Konsulat“, hatte der Fröndenberger am Neumarkt erklärt. Dazu zähle auch, dass man unter die Gerichtsbarkeit des KRD falle. Im Königreich ist auch ein Verfassungsgericht vorgesehen. „Jeder Bürger des Staates kann wohlbegründet das Verfassungsgericht anrufen, wenn er sich in seinen Verfassungsrechten verletzt fühlt“, heißt es dazu. Geschaffen wurde das Gericht bislang nicht. Zudem soll es ein Reichsstandgericht geben, das bei kleineren Geldstrafen urteilt, bei „besonderer Eilbedürftigkeit“ – oder aber, um „Bedrohungen für das KRD zu eliminieren“.

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Administrative Aufgaben für den König und den Staatsrat – der seinerseits Bezirks-, Regional- sowie Stadt- und Gemeinderäte entsendet – übernimmt die Staatskanzlei. Der Staatsrat soll zudem Bildungsministerien wie auch das Königliche Schatzamt besetzen. Im Schatzamt laufen die Fäden von vermeintlicher Krankenkasse (Deutsche Heilfürsorge) oder der Reichsbank (Gemeinwohlkasse) zusammen. Getauscht werden Euro gegen E-Mark.

Gezahlt wird mit der E-Mark etwa beim hauseigenen und Amazon-ähnlichen Kadari-Markt oder bei Kadari-Kleinanzeigen (Kadari steht für „Kauf das Richtige“). Dort bieten Händler Kräutermischungen, Cashewquark, Ionisches Germanium, aber auch Gartengeräte oder Seifenhalter an. Ein Rücktausch – E-Mark gegen Euro – kommt demnach nicht in Frage.

Zuletzt hatte der Online-Marktplatz des KRD mit digitalen Problemen zu kämpfen. Der deutsche Anonymous-Ableger hat eigenen Angaben zufolge die digitale Infrastruktur gehackt und Zugriff auf sämtliche Nutzerdaten, Geldflüsse und Hintermänner erlangt. „Banken, Krankenkassen – all das auf einem extrem schlecht gesicherten Server“, erklärt Anonymous dazu.

Öffentlichkeitsarbeit betreibt das selbst ernannte Königreich derweil über die hauseigene KRD-Tube. Dort sind neben Erklärvideos über das „Reich“ und Reaktionen auf Berichterstattungen wie die der WP auch Interview-Beiträge etwa mit Nikolai Nerling zu finden. Nerling war früher Grundschullehrer in Berlin, tritt heute als „Volkslehrer“ in sozialen Netzwerken auf – und ist ein verurteilter Holocaust-Leugner.