Frömern. Dachse haben den Bahnverkehr zwischen Fröndenberg und Unna lahm gelegt. Was das für Pendler bedeutet – und wie lange die Strecke gesperrt bleibt.

Es ist ein kleines Tier, das für die Deutsche Bahn für große Probleme zwischen Fröndenberg und Unna sorgt. Dachse haben einen Bahndamm in Frömern unterhöhlt. Was die Sperrung für Pendler auf der Hönnetalbahn bedeutet – und wie lange die Strecke durch die Tiere gesperrt bleibt.

Dachswohnzimmer unter Gleisen

Es ist eigentlich ein unscheinbarer Streckenabschnitt am Rande Fröndenbergs, der derzeit dafür sorgt, dass Pendler zwischen Fröndenberg und Unna auf den Schienenersatzverkehr angewiesen sind. Kurz vor einem Abschnitt der A 44 an einem Feldweg offenbart sich das Pendler-Problem. „Im Juli haben wir Unregelmäßigkeiten bei Messfahrten festgestellt“, erklärt ein Bahn-Sprecher vor Ort und zeigt auf den Bahndamm unweit des kleinen Feldweges.

Andreas Stiegler ist bei der Bahn für die Instandhaltung zuständig. Er zeigt, wie weit verzweigt das Tunnel-Netzwerk sein könnte.
Andreas Stiegler ist bei der Bahn für die Instandhaltung zuständig. Er zeigt, wie weit verzweigt das Tunnel-Netzwerk sein könnte. © Westfalenpost | Tobias Schürmann

39 Eingänge zu Dachsbauten haben die Bahn-Experten auf einer Länge von 300 Metern dort festgestellt. Seitdem ist der Streckenabschnitt der RB 54 zwischen Fröndenberg und Unna gesperrt. Sicherheit geht vor. Denn: Nach ersten Gesprächen mit Experten könnte nicht nur ein Dachs, sondern womöglich sogar mehrere Dachs-Familien dort hausen. Die Tiere graben Eingänge, die bis zu 40 Zentimeter im Durchmesser groß sind. Wie weit das Tunnel-Geflecht im Bahndamm selbst reich – das wissen selbst die Fachleute noch nicht. Sie gehen allerdings von mehreren hundert Metern aus. Andreas Stiegler, Leiter der Instandhaltung bei der Deutschen Bahn, zeigt auf einer kleinen Karte, wie verzweigt das Tunnelnetz sein könnte. Dachse sind zudem dafür bekannt, größere Hohlräume zwischen den Tunneln anzulegen, die ihnen als „Wohnzimmer“ dienen, erklärt Stiegler.

Die Prüfungen und Vorarbeiten für die Reparatur des Bahndamms laufen bereits auf Hochtouren. Doch das, so ein Bahnsprecher, gestaltet sich zeitaufwendig. Behörden, Kreis Unna und Ruhrstadt sind involviert. Die schlechte Nachricht für Pendler: Die Strecke wird voraussichtlich noch bis Dezember 2023 gesperrt bleiben. Zwischen Fröndenberg und Unna wird in dieser Zeit weiterhin der Schienenersatzverkehr der Bahn greifen. Statt 16 Minuten werden Pendler gut 26 Minuten einplanen müssen, um in die Kreisstadt zu gelangen.

Aufwändige Reparatur

Nicht nur die Abstimmung zwischen Bahn und Behörden sorgen für den langfristigen Ausfall auf der Strecke. Während der Winterruhe dürfen die Dachse weder bejagt noch vergrämt werden. Ob sie am Ende umgesiedelt werden, ein Jäger aushelfen muss – oder sich die Tiere von alleine zurückziehen, ist derzeit noch völlig offen, betont der Bahnsprecher.

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Fest steht jedoch: Die Reparatur, die aller Voraussicht nach im Sommer 2023 beginnen soll, ist aufwändig und teuer. Gut sechs Millionen Euro kostet die Ausbesserung. Dafür muss der Bahndamm auf der Länge von 300 Metern mit Spezialwerkzeug aufgeschnitten werden; die Tunnel werden anschließend mit Beton verfüllt. „Am Anfang hatten wir noch die Hoffnung, dass wir schnell fertig sind“, sagt Andreas Stiegler. Dass der Damm nun regelrecht aufgeschnitten werden muss, liegt vor allem daran, dass die Tunnel sehr verzweigt sind. Beton in die Eingänge zu kippen, würde längst nicht tief in die Bauten hineinreichen.

Die Tunnel der Dachse haben an einer Stelle bereits dafür gesorgt, dass das Gleisbett abgesackt ist.
Die Tunnel der Dachse haben an einer Stelle bereits dafür gesorgt, dass das Gleisbett abgesackt ist. © Westfalenpost | Tobias Schürmann

„Die Strecke kann erst wieder freigegeben werden, wenn wir Dachsfreiheit hergestellt haben“, erklärt der Bahnsprecher. Vor Ort merkt man schnell, wie durchlöchert der Bahndamm ist. Auf dem Weg zu den Schienen kann man auch mal in einem der Löcher versinken, das mit Laub bedeckt ist. Kabel der Gleisanlage liegen an den Eingängen teilweise frei, an einer Stelle ist inzwischen sogar das Gleisbett abgesackt.

Selbst eine verringerte Geschwindigkeit der Hönnetalbahn sei auf dem Teilstück aus Sicherheitsgründen nicht möglich. „Dort besteht sonst Entgleisungsgefahr“, so Andreas Stiegler. Der Dachs-Schaden ist derweil keinesfalls alltäglich für die Experten der Deutschen Bahn. Einen ähnlich gelagerten Fall habe man in NRW bisher nicht verzeichnen können.