Fröndenberg. Im April 2021 wird eine junge Frau im Zug von Fröndenberg nach Unna angegriffen. Das Erlebnis ist ihr deutlich anzumerken. Das ist passiert.

Es ist eigentlich ein schöner Tag im April 2021. Eine junge Frau aus Hamm ist auf dem Heimweg mit der Bahn. Plötzlich wird sie auf der Strecke zwischen Fröndenberg und Unna von einem Mann attackiert. Vor Gericht beteuert der Unhold seine Unschuld – und verstrickt sich dabei in Widersprüche. Das ist passiert.

Missverständnis oder Scherz

Am Amtsgericht Unna gibt sich der 30-jährige Angeklagte zunächst unwissend. „Ich bin hier her gekommen, weil ich nicht weiß, was los ist“, lässt der Mann über eine Dolmetscherin ausrichten. Dabei soll er laut Anklage eine junge Frau aus dem Nichts attackiert, sie verletzt und versucht haben, das Handy zu entreißen. Es ist 18.15 Uhr, als der Zug von Fröndenberg in Richtung Unna unterwegs ist. Zunächst betont der 30-Jährige, sich vom Telefonat der Frau gestört gefühlt zu haben, später will er sich von ihr beleidigt gefühlt haben. „Ich wollte niemanden schlagen“, beteuert der Angeklagte. Er habe ein paar Bier getrunken, das alles sei ein Scherz gewesen. Alle im Zug seien „gut drauf gewesen“.

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Bilder einer Überwachungskamera zeigen im Gerichtssaal des Amtsgerichts allerdings eine gänzlich andere Szenerie. Darauf zu sehen: Eine junge Frau, die ein Handy in der Hand hält, während ein Mann wild gestikulierend vor ihr steht. „Ich war aufgeregt, habe sie aber nicht geschlagen.“ Er sei in Fröndenberg eingestiegen, habe die Frau nicht beleidigt. „Vielleicht habe ich auch etwas missverstanden“, sagt der Angeklagte. Nach dem Streit habe es noch eine kurze Diskussion mit dem Bahnpersonal in Unna, der Endstation, gegeben und er sei nach Hause gefahren. „Können Sie sich nicht vorstellen, dass die Frau Angst hatte?“, will die vorsitzende Richterin wissen. Achselzucken beim 30-Jährigen: „Sie hat vielleicht nur so getan, als ob sie Angst hätte.

Er wirkte kampfbereit

Das mutmaßliche Opfer, eine 21-Jährige aus Hamm, wirkt vor Gericht zurückhaltend, fast schon eingeschüchtert. Sie spricht mit leiser Stimme. An diesem Aprilabend sei sie auf dem Weg nach Hause gewesen und habe im Zug mit ihrer Mutter telefoniert. „Er ist dann aus dem Nichts aufgestanden und auf mich zu gekommen“ sagt die junge Frau. Nach einem kurzen Wortgefecht und Rangelei habe sie das Gespräch mit ihrer Mutter beendet und das Handy in die Tasche gesteckt. Zunächst habe es für die 21-Jährige nämlich so ausgesehen, als ob es der Schuft auf ihr Smartphone abgesehen hätte. Größere körperliche Schäden habe sie nicht davongetragen. Gleichwohl ist ihr der Vorfall auch vor Gericht noch anzumerken. Als sich der 30-Jährige auf seinen Platz zurückzog, habe er eine Bierflasche aus einem Mülleimer gefischt und sie am Flaschenhals in der Hand gehalten. „Ich hab’ mich schon bedroht gefühlt. Er wirkte kampfbereit“, erinnert sich die junge Frau.

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Im Plädoyer sieht die Staatsanwaltschaft schließlich von einer Körperverletzung ab; allerdings ist das Beenden des Telefonats im Zuge der Auseinandersetzung als Nötigung zu werten. „Die Zeugin hatte Angst vor dem Angeklagten“, ist sich der Staatsanwalt sicher. Noch dazu seien die Aussagen des Angeklagten „höchst widersprüchlich. Der Angeklagte hat das Faustrecht durchgesetzt für das eigene Ruhebedürfnis“. Am Ende bleibt die Richterin mit einer Geldstrafe von 600 Euro knapp unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.