Fröndenberg. Die Regale bei der Fröndenberger Tafel werden zusehends leerer. Tafel-Chef Kurt Potthoff blickt mit Sorge auf den kommenden Herbst.

Die Fröndenberger Tafel schlägt Alarm. Mit einer Aktion am Burayplatz hat der Tafelverein nun auf die angespannte Situation bei Lebensmittelspenden aufmerksam gemacht. Über allem steht die Angst, ab Herbst die Ausgabe möglicherweise schließen zu müssen. Das steckt dahinter.

Mittelschicht in Fröndenberg ebenso betroffen

Die Sonne scheint durch die Zweige am Bruayplatz in Fröndenberg. Eine Handvoll Jugendliche nutzt die neu gestaltete Stadtmitte für Stunts auf dem Mountainbike. Mittendrin ist der Vorsitzende des Tafelvereins Kurt Potthoff. Zusammen mit Helferinnen und Helfern bekleben sie Papptüten. „Ich habe Sorge, dass wir nicht über den Herbst kommen“, sagt Potthoff. Denn: Schon jetzt reichen die Lebensmittelspenden bei weitem nicht mehr aus, um den Andrang Bedürftiger zu decken. Ohne Zukäufe aus einer großzügigen Spende der Sparkasse Unna-Kamen wären einige Regale jetzt schon gänzlich leer in der Ausgabestelle in der Innenstadt. „Das Geld ist alle, die Tüte leer“, prangt als Schriftzug auf den gut 30 Papptüten. Schon jetzt werden gekühlte Waren wie Joghurt oder Milch knapp. Die Spende der Sparkasse ist auch bald aufgebraucht, wie Potthoff sagt.

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In dieser Woche sind Lebensmittel an 110 Kundinnen und Kunden herausgegeben worden – obwohl dafür schon fast nicht mehr genug im Lager ist. Und noch merke man, dass es der Monatsanfang ist. „Man muss darauf aufmerksam machen, dass wir uns in einer unheimlich prekären Situation befinden“, betont Kurt Potthoff. Dabei gehe es inzwischen längst nicht mehr nur um die ärmsten der Armen. Die aktuelle Lage – vor allem mit Blick auf die Energiekrise – drücke auch dem Mittelstand aufs Gemüt. Das Problem: Viele, die zwar noch in Lohn und Brot stehen, bei denen es aber auch langsam knapp wird, können nicht auf die Unterstützung der Tafel zählen. Einen Ausweis erhält nur, wer als Einzelperson nicht mehr als 1032 Euro im Monat zur Verfügung hat, für eine vierköpfige Familie liegt die Grenze bei 1385 Euro. Wer knapp darüber liegt, muss selber zusehen, wie er oder sie über die Runden kommt.

Abspaltung macht sich bezahlt

Das ärgert natürlich auch den Tafelvorsitzenden. Doch auch ihm seien die Hände gebunden. Seit Anfang März hat die Fröndenberger Tafel eine neue Ausgabe in der Stadtmitte. „Anfangs habe ich 30 Wartenummern herausgegeben. Jetzt sind es 90“, erklärt Kurt Potthoff. Über 300 Menschen werden wöchentlich so versorgt. Und die Situation könnte sich aus seiner Sicht in den kommenden Monaten noch verschärfen. „Ich denke, es wird noch schlimmer.“ Sogar ein Aufnahmestopp oder vorübergehende Schließung der Tafelausgabe seien dann denkbar. „Wir haben im Vorstand aber entschieden, diese Szenarien so lange wie möglich hinauszuzögern“, sagt Potthoff. Wie lange es aber noch so weitergehen kann – unklar.

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Zugute komme der Ruhrstadt in dieser Situation vor allem die Eigenständigkeit und Loslösung von der Tafel in Unna vor gut zwei Jahren. Rosemarie vom Orde, seit 2006 bei der Tafel und seit 2020 zweite Vorsitzende des neuen Tafelvereins, bestätigt das: „Gerade jetzt macht sich das bezahlt.“ Es stünden schlichtweg mehr Lebensmittel zur Verfügung, die auch direkt vor Ort eingesammelt werden.

An der Spendenbereitschaft der örtlichen Supermärkte sei die Entwicklung derweil nicht festzumachen. „Das hat damit nichts zu tun“, betont Kurt Potthoff. Gleichwohl: Der Discounter Lidl habe ein eigenes Angebot für Lebensmitteltüten an den Start gebracht. Dabei werden Produkte, die kurz vor dem Verfallsdatum stehen zum kleinen Preis abends verkauft. „Darüber sind wir eigentlich auch froh“, sagt Potthoff. Es ergänzt das Angebot der Tafel.