Menden. Früher war hier Mendens erste Adresse zum Einkaufen. Nun soll das Kaufhaus Dieler (früher Küster) abgerissen werden. Ein Rundgang durch das Haus.
Der Kalender ist auf dem Juli 2014 stehengeblieben. Danach hat auf der Verwaltungsetage im dritten Obergeschoss niemand mehr die Blätter abgerissen. Zum 31. Juli 2014 kam die Kündigung für das Kaufhaus Dieler. Das Modegeschäft zog aus, mietete ein kleineres Ladenlokal an der Kirchstraße und ein weiteres in Lendringsen. Eigentlich sollten kurz danach die Abrissbagger anrücken, damit das Nordwallcenter hätte gebaut werden können. Aber daraus wurde nichts. Das Kaufhaus fiel in einen achtjährigen Dornröschenschlaf.
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Passanten staunen über Bewegung hinter dem Rollo
Eigentümer Sven Siepmann fährt das Rollo im alten Eingangsbereich rauf und runter. Ein paar Passanten, die draußen auf den Bus warten, stutzen. Man hatte sich ja fast schon dran gewöhnt, dass an der Unnaer Straße ein Geisterkaufhaus steht. Eine dicke Staubschicht hat sich über den Fußabtreter auf dem Boden gelegt. Hier ist seit Jahren niemand mehr durchgelaufen.
Ein wenig Licht schimmert durch die Lücken in der Schaufensterverkleidung in die untere Etage. Die Rolltreppe führt weiter ins erste Obergeschoss. Wer die Stufen hinaufsteigt, stößt irgendwann mit dem Kopf an. Schon einige Jahre bevor Dieler auszog, wurde die erste Etage abgetrennt, weil sich der Betrieb nicht mehr lohnte. Seitdem trennt eine Brandschutzdecke die Etagen. Durch eines der beiden großen Treppenhäuser geht es nach oben, vorbei an den Aufzugsschächten. Beim Druck auf den Knopf verschwindet der Knopf im Gehäuse und kommt nicht mehr heraus.
Der Abriss wird bereits vorbereitet – Zuschnitt des Hauses nicht mehr zeitgemäß
Die übereinander geklebten Tapeten in der riesigen ersten Etage, die über die frühere Kodi-Filiale im Erdgeschoss hinausragt, zeigen alle Kaufhausgenerationen seit dem Bau in den 60-er Jahren. Auf dem Boden liegen kleine Schutthäufchen. „Hier wurden Proben für die Vorbereitung des Abrisses entnommen“, sagt Sven Siepmann. Der Investor hatte mit seinem Bruder Tim im November das Gebäude von der mit dem Nordwallcenter gescheiterten ITG gekauft. Warum die Düsseldorfer Investoren das Haus nicht zumindest vorübergehend weiternutzten, bleibt deren Geheimnis.
Nach den Untersuchungen stand schnell fest, dass das Haus abgerissen werden soll. Die Aufteilung der Flächen gilt als nicht mehr zeitgemäß, die zusammenhängenden Verkaufsflächen trotz der Nachfrage nach großen Ladenlokalen als nicht mehr vermarktbar. Im Innern wird umso klarer, was da für ein riesiger Tanker steht. Die Siepmanns planen beim Neubau unter anderem einen großen Lichthof. Statt einem großen Mieter soll es mehrere kleinere mit unterschiedlicher Nutzung geben.
Zwischen Törtchen und Mittagstisch – ein Blick ins alte Café
Weiter oben ins Café: Über dem Treppenbogen hängen verblichene künstliche Efeu-Ranken. Die Kuchentheke ist noch da. Das Mobiliar ist ausgeräumt. Hier gab’s früher Törtchen und Mittagstisch mit Blick auf die Fußgängerzone. Familien pilgerten ins zweite Obergeschoss. Von der Terrasse öffnet sich der Blick über die Stadt. Hier ist zwischen den Fugen ein kleiner Wald gewachsen. Die Birken sind mittlerweile mehrere Meter hoch. Das geht auch an die Substanz des Daches.
Noch ein Stück weiter oben auf der Verwaltungsetage verbirgt sich ein wahrer Schatz im Schrank. Mit dem Mikrofon aus dem Hause Siemens wurden Durchsagen gemacht. Über einen Weltempfänger wurde Musik für die Lautsprecheranlage eingespeist.
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Früher war sogar ein Supermarkt im Keller des Kaufhauses
Mit dem Licht der Handytaschenlampe geht es hinab in den Keller. Hier war ganz früher als das Kaufhaus noch Küster hieß, eine weitere Verkaufsetage. Aus heutiger Sicht ist es unvorstellbar, dass Menden mal ein Kaufhaus mit drei Etagen hatte, wie es in der Größe selbst in Großstädten kaum noch zu finden ist. Später war hier ein Supermarkt. Das Eingangsschild ist noch, in zwei Teile zerteilt, eingelagert. Der Keller ist noch erstaunlich trocken und sauber – von der mumifizierten Ratte abgesehen, die im Schein der Taschenlampe auftaucht.
Hier unten haben die Stadtwerke eine große Station für die Stromverteilung in Betrieb. Die Sicherungen sind armdick und armlang. Beim anstehenden Neubau wird die Station in einen modernen Raum außerhalb des Gebäudes verlegt.
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Noch in diesem Jahr soll das Gebäude komplett verschwunden sein. Bei der Untersuchung hat sich herausgestellt, dass kaum Schadstoffe vorhanden sind, erklärt Sven Siepmann. Wie der Abriss genau ablaufen soll, wird gerade geplant. Bei aller Nostalgie wird wohl niemand den alten Tanker vermissen.