Märkischer Kreis. Landrat Marco Voge verteidigt das bisherige Vorgehen der Polizei bei den „Spaziergängen“ von Impfgegnern im Märkischen Kreis. Das steckt dahinter
Die Polizei im Märkischen Kreis wird bei ihrer Linie bleiben, Zusammenkünfte der Corona-„Spaziergänger“ nicht aufzulösen. Allerdings nur unter der Bedingung, dass von den Impfgegnern keine Straftaten ausgehen. Im Gespräch mit der Westfalenpost beziehen Landrat Marco Voge und die Polizeispitze Stellung zur Thematik und reagiert auch auf die Kritik der Mendener SPD.
Corona-Kritik in Menden bisher friedlich
Rechtlich gesehen seien den Beamten sprichwörtlich die Hände gebunden, erklärt Thomas Eckern, Leiter der Direktion Gefahrenabwehr bei der Kreispolizeibehörde. Zugleich betont er: „Wir verteidigen den Rechtsstaat.“ Und so gehe es nicht nur den Beamten im Märkischen Kreis, sondern auch in vielen anderen Regionen Nordrhein-Westfalens. Zwar hat das NRW-Innenministerium inzwischen die Order herausgegeben, dass die „Spaziergänge“ als unangemeldete Versammlungen einzustufen seien – so sehen es auch die Verantwortlichen im MK. Doch das Versammlungsrecht lasse für polizeiliche Maßnahmen eben nur einen ganz engen Spielraum zu: Einzugreifen sei nur dann, wenn im Rahmen des Aufmarsches Straftaten zu verzeichnen sind. Auch wenn die „Spaziergänger“ dem Staat im Empfinden vieler Bürger auf der Nase herumtanzen können, stehen die Versammlungen laut Eckern unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit. „Es ist Teil der Demokratie, andere Meinungen auszuhalten“, sagt Marco Voge, der in seiner Funktion als Landrat auch Chef der Kreispolizei ist.
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Nach WP-Informationen gibt es nur zwei Regionen in NRW, in denen die Polizei durchgreift: Wuppertal und Dortmund. Grund dafür sind vergleichsweise aktive rechts- und linksextremistische Szenen vor Ort. Problematiken, die sich für den MK bisher nicht ergeben haben.
Wie berichtet, ist die bloße Teilnahme an solchen Treffen nicht strafbar. Gegen den Eindruck, die Polizei sei untätig, wehrt sich Voge jedoch: „Wir begutachten die Lage für jede Veranstaltung einzeln.“ Das bisherige Fazit: Alle rund 40 registrierten Aufmärsche von Impfgegnern im MK seit Anfang Dezember sind friedlich verlaufen – und solange das der Fall ist, könne die Polizei nicht eingreifen. Das gelte auch für sämtliche „Spaziergänge“ in Menden. „Wenn das anders wäre, hätten wir schon reagiert“, betont Voge. Trotzdem: Ermittlungen im Rahmen der nicht genehmigten Versammlungen laufen in jedem Fall. Wie erfolgreich sie schließlich sind, ist allerdings offen. Einen Organisator auszumachen, ist – angesichts kollektiver Absprachen über den Kurznachrichtendienst Telegram – schwierig. Ein Dilemma, das auch in Polizeikreisen für eine gewisse Frustration sorgt.
Polizei: Verhältnismäßigkeit wahren
Dennoch beobachtet die Polizei die Szene und Teilnehmer-Zusammensetzung sehr genau. Der Knackpunkt, so Thomas Eckern, sei vor allem die Verhältnismäßigkeit. Einen friedlichen Aufmarsch zu unterbinden, wäre unrechtmäßig. In jedem Fall seien die Beamten künftig verstärkt im Einsatz, um der aktuellen Entwicklung Rechnung zu tragen. Abstimmungen zwischen Ordnungsämtern und Kreispolizei laufen dazu ebenso. Zuletzt hatte sich Bürgermeister Dr. Roland Schröder selbst ein Bild der „Spaziergänge“ in der Innenstadt gemacht. Denn die Kontrolle der Coronaschutzverordnung fällt unter anderem in den Zuständigkeitsbereich des Ordnungsamtes.
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Doch die Verordnung greift etwa bei der Maskenpflicht erst ab einer Teilnehmerzahl von 750. Diese Größenordnungen wurden bislang nur in Lüdenscheid erreicht. Solange die Kommunen zum Beispiel keine gesonderten Bereiche mit einer Maskenpflicht ausweisen, können auch ihre Ordnungsämter nur zuschauen – und auch bei solchen Allgemeinverfügungen geht es um die Verhältnismäßigkeit, die vor Gericht Bestand haben muss.