Fröndenberg. In der Selbsthilfegruppe für ehemals an Covid Erkrankten ist die Haltung zur aktuellen Entwicklung der Impfgegner-Bewegung eindeutig.

Seit einigen Monaten gibt es unter der Leitung von Silke Habekost eine Selbsthilfegruppe für ehemals an Covid-19 Erkrankte. Die Haltung der Gruppe zu den „Corona“-Spaziergängen ist laut Habekost eindeutig: „Das reicht von großer Ablehnung bis hin zu völligem Unverständnis.“

Kopfschütteln bei Betroffenen

Der Kreis Unna greift bekanntlich durch bei den sich wöchentlich abzeichnenden „Spaziergängen“. Landrat Mario Löhr (SPD) fährt eine klare Linie. Man will sich als Rechtsstaat nicht „auf die Füße treten“ lassen, indem durch online organisierte Zusammenkünfte das Versammlungsrecht ausgehebelt wird. Als Menschen, die selbst mit Corona infiziert waren, können die Teilnehmer der Fröndenberger Selbsthilfegruppe nur mit dem Kopf schütteln. Dass man sich angesichts der Gefahr, die von Corona und den Begleiterscheinungen ausgeht, nicht impfen lasse, sei völlig unverständlich, so Silke Habekost im Gespräch mit der Westfalenpost.

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Doch für Habekost bieten die über den Kurznachrichtendienst Telegram organisierten Zusammenkünfte auch Möglichkeiten, ins Gespräch zu kommen. „Man muss immer auf den Einzelfall schauen.“ Während bei Coronaleugnern meist jede Unterhaltung im Sande verlaufe, könne man zumindest bei Impfgegnern versuchen, Beweggründe herauszufinden. „Wenn man so nur einen von 100 Teilnehmern überzeugen könnte, wäre das schon ein Erfolg“, sagt sie. Aus ihrem beruflichen Alltag – Habekost ist Pflegedienstleiterin beim Schmallenbach-Verbund – hätten ihr Intensivpfleger berichtet, wie einige noch auf der Station Corona für eine Erfindung der Obrigkeit hielten. „Das sorgt natürlich zusätzlich für Unverständnis.“ Die Haltung aus der Gruppe heraus ist dabei klar: Mit einer allgemeinen Impfpflicht würden sich einige dieser Probleme lösen lassen können.

Long-Covid sorgt für Ungewissheit

In der Selbsthilfegruppe sind unter anderem Betroffene mit Long-Covid-Symptomen organisiert. „Dabei geht es vor allem um die Verarbeitung des Erlebten“, erklärt Habekost. Und das Angebot hat sich inzwischen auch über die Grenzen Fröndenbergs hinweg etabliert, Teilnehmer reisen auch aus anderen Städten zu den monatlichen Treffen an – obwohl das Virus Treffen im Allee-Café zunächst deutlich erschwert habe. Noch wird die Gruppe durch Experten des Kreises Unna mitbetreut. Es ist eine Art Starthilfe. „Das ist inzwischen ein nettes Trüppchen, das sich gegenseitig unterstützt.“ Dabei ist die Arbeit nicht immer einfach. Denn Long-Covid ist noch immer nicht gänzlich erforscht. „Die Leistungsminderung ist natürlich ein großes Thema. Vieles geht nicht mehr so einfach wie früher“, sagt Habekost. Betroffene berichten nicht nur von Kurzatmigkeit, sondern auch von Vergesslichkeit oder einer veränderten Wahrnehmung etwa dem Ausbleiben des Geruchssinnes.

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Auch Silke Habekost selbst weiß, was das Virus anrichten kann. Als Corona im April 2020 im Schmallenbach-Haus wütete, infizierten sich und starben dutzende Bewohner. „Einige Kollegen, die sich damals infizierten, haben selbst heute – knapp zwei Jahre später – noch immer Probleme.“ Und die offenbaren sich mitunter erst bei einer EKG-, CT- oder MRT-Untersuchung. „In zehn Jahren werden wir wohl auch anders darüber sprechen.“ Denn es sei vor allem die Ungewissheit vor den Langzeitwirkungen einer Erkrankung, die Betroffenen zu schaffen mache. „Menschen, die unter Kurzatmigkeit leiden und es kaum noch in den dritten Stock schaffen, fragen sich natürlich, ob sie es in zwei, drei Jahren überhaupt noch in die erste Etage schaffen“, so Habekost.