Iserlohn/Märkischer Kreis. Der Leiter der Kriminalpolizei im Märkischen Kreis, Benjamin Aufdemkamp, über Ermittlungserfolge, den Tatort und Clan-Kriminalität.

Am Anfang war da wohl diese fast schon legendäre Fernsehsendung „Der Fahnder“ mit Klaus Wennemann in der Hauptrolle. Immer am Ball, manchmal etwas verbissen, aber eigentlich immer ziemlich locker drauf. So einer (oder wahrscheinlich zumindest so ähnlich) wie der, so einer wollte der junge Benjamin Aufdemkamp aus Dortmund dann wohl auch mal werden. „Nicht so einer wie Derrick, sondern eben so einer wie der Faber. Andere wollen Rennfahrer werden, ich wollte nun mal Polizist werden. Hat ja auch am Ende geklappt.“

Heute, rund 30 Jahre später und mit 42 Lebens- und Erfahrungsjahren, ist er Kriminaloberrat und der neue Kripo-Chef im Märkischen Kreis. Dienstantritt auf eben diesem märkischen Boden war der 1. April. Bis zu seinem Wechsel leitete er die Direktion Kriminalität bei der Kreispolizeibehörde Soest. Mit Frau und Nachwuchs wohnt der begeisterte Kite-Surfer und Wohnmobilist in Fröndenberg.

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Aufdemkamp ist Nachfolger für Manfred Kurzawe, der im letzten Jahr zum Abteilungsleiter der Kreispolizeibehörde des Märkischen Kreises berufen wurde. In dieser Behörde sind insgesamt rund 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit und ohne Uniform tätig. Auf die märkische Kripo entfallen dabei rund 170 Stellen. Soweit mal zu der Faktenlage.

Erste Ausbildung im Hohenlimburger Elektro-Markt

Dass Benjamin Aufdemkamp an diesem April-Mittag im achten Stock des Polizeihauses an der Friedrichstraße so kurz nach Dienstantritt noch nicht alle Taten und Täter, sämtliche Fakten und Fallzahlen aus und in Iserlohn und dem Märkischen Kreis kennen und bewerten kann, versteht sich bei diesem ersten „Vorstellungs“-Gespräch mit der Heimatzeitung von selbst. Was nicht heißt, dass Aufdemkamp nicht den Großraum bereits gut kennt. Dortmund, Schwerte, Hagen, Oestrich, Iserlohn-Nußberg, Hohenlimburg waren bereits Arbeits-, Dienst- und Wohnstationen des hochgewachsenen Mannes, der wahrscheinlich nicht nur den Fotografen der Heimatzeitung sofort an den Borussen Mats Hummels erinnert.

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Der Berufsstart des gebürtigen Dortmunders verlief dann aber doch eher etwas untypischer, denn zunächst einmal stand eine Lehre bei einem Hohenlimburger Elektro-Fachmarkt auf dem Berufs-Programm. Doch dann ging es tatsächlich zur Schutzpolizei nach Hagen, 2010 wurde er Jugendsachbearbeiter bei der dortigen Kripo. Nächste Stationen, bevor es in den höheren Polizeivollzugsdienst ging: die Verkehrspolizei in Dortmund, das Polizei-Präsidium Bochum (wo er – Stichwort: Fernsehen – auch mit „Toto & Harry“ zusammenarbeitete) und das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste in Duisburg. Es folgte ein erfolgreiches Masterstudium an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster-Hiltrup. Und weiter ging es auf der Karriereleiter als Leiter der Führungsfortbildung in Selm, bis dann schließlich 2018 der Wechsel nach Soest erfolgte.

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Aufdemkamps grundsätzliches Arbeits-Credo ist vor allen Dingen das reibungslose Zusammenarbeiten aller Abteilungen der Schutz- und Kriminalpolizei: „Man darf niemals vergessen, dass wir alle auf ein Tor spielen.“ Aber da habe es gerade in den letzten Jahren auch deutliche Verbesserungen gegeben.

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Nun also der Märkische Kreis. Eines der Kernthemen für den neuen Mann an der Kripo-Spitze ist zweifelsohne die Zunahme der „Straftaten, die im digitalen Raum ihren Ursprung haben oder auch da stattfinden“. Man könne eine Ursache dafür auch in Corona sehen. Leicht locker, aber wohl treffgenau verständlich formuliert er: „Der, der früher einbrechen gegangen ist, hat heute umgeschult. Wenn alle in Pandemie-Zeiten zuhause sind, da wird man als Einbrecher leicht arbeitslos. Also wechseln sie auf Betrugsstraftaten.“

Das fände dann im Internet seinen Startpunkt, und die „Begehungs-Weise“ der Täter sei so ausgefeilt, dass man dem kaum folgen könne. „Die bilden sich auch fort.“ Und das sei auch deshalb ein „Erfolgsmodell“, weil man über den digitalen Raum schließlich Massen erreichen könne. Das sei eine ganz andere Nummer, als wenn man sich für einen Wohnungseinbruchdiebstahl erst ein Objekt aussuchen würde, das man dann in der Nacht mit und ohne Erfolg angehen könne. Zumal das Entdeckungsrisiko noch ein ganz anderes sei als im digitalen Raum. Problematisch sei für die Polizei dabei auch, dass es sich um mit Scham behaftete Themen handeln würde, bei denen es mit Sicherheit auch deshalb noch eine große Dunkelziffer gebe. Insbesondere bei den Straftaten zum Nachteil älterer Menschen. „Wenn man sein das ganze Leben zusammengespartes Geld einem Betrüger gibt, scheut man oftmals den Weg zu Polizei.“ In der Prognose, glaubt Aufdemkamp, dass das für seine Behörde – nicht zuletzt wegen der dubiosen über ganz Europa verteilten Callcenter -- auch für die nächste Zeit ein Schwerpunkt-Thema und vor allem auch eine technische Herausforderung sein und bleiben wird.

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Großartige Unterschiede in der Verbrechensstruktur zwischen Großstädten und eher ländlich geprägten Gebieten vermag der Kripo-Chef nicht erkennen. Zwar gebe es in den städtischen Ballungszentren gerade auch in Corona-Zeiten zunehmende Fälle von häuslicher Gewalt, was diese Gebiete dann auch von den ländlicheren Strukturen unterscheiden würde, aber „grundsätzlich gibt es in den kleineren Einheiten auch die gleiche Form vom Kriminalität. Nur eben verteilt auf eine Riesenfläche“.

Zusammenhänge herstellbar bei „Clan-Kriminalität“

Auch beim Thema der „Clan-Kriminalität“ kann Aufdemkamp relativieren. Man habe zwar die Befürchtung gehabt, als das Land in den Großstädten den Druck auf die „Familien“ erhöht habe, dass diese aufs Land ausweichen würden. Aber deren Kern-Geschäftsbereiche, zum Beispiel in der Bordellszene, habe man in dieser Region eben nicht in einem bemerkenswerten Ausmaß. Ob die Clan-Familien möglicherweise dann „im Grünen wohnen“, könne man oft nur mutmaßen. Das Gute sei allerdings, „dass wir schon wissen, welche Großfamilien bei welchen Konzepten dahinter hängen. Da können wir Zusammenhänge herstellen“.

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Weiterer Arbeitsschwerpunkt der nächsten Monate und Jahre für seine Behörde ist der Bereich der Kriminalität, der sich unter anderem im Kindesmissbrauch und in der Verbreitung von entsprechenden digitalen Materialien darstellt. „Diese Messenger-Dienste haben das auf eine völlig neue Ebene eskaliert.“ Man habe aber vor Ort auch bereits reagiert und eine eigene, verstärkte Ermittlungsgruppe eingerichtet, die mit geballter Kraft sich dem Thema annehmen könne. „Ich glaube allerdings auch, dass das Thema immer da war, dass es aber durch die Verbreitungsmethoden in den sozialen Diensten eine neue Dimension bekommen hat.“ Und das werde auf jeden Fall ein ansteigendes Themenfeld werden und auch bleiben. Hier sei allerdings die technische und personelle konsequente Weiterentwicklung für Erfolge unabdingbar.

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Das mögliche Themenspektrum für dieses erste Gespräch mit Benjamin Aufdemkamp ist naturgemäß riesig. Prävention und Medienkompetenz gehören genauso dazu wie internationale Zusammenarbeit. Irgendwann kommen wir aber noch einmal auf die Fernseh-Sendungen mit echten und schauspielernden Polizisten zu sprechen. Und da wird Aufdemkamp dann bei aller „Fahnder“-Begeisterung wieder schnell Alltags-Realist: „Man bekommt oft schon ein nahes Bild von der Polizeiarbeit. Was die aber zum Beispiel beim ,Tatort’ in Dortmund nicht zeigen, ist die Tatsache, dass – wenn du acht Stunden draußen ermittelt hast – erst noch einmal zwölf Stunden im Büro sitzt und schreiben musst.“ Das musste der Fahnder aber damals schon nicht.

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