Menden. 33-jährige Sarah Everard wurde entführt und ermordet. Der Fall sorgte weltweit für Diskussionen. Auch in Menden ist Frauensicherheit ein Thema.
Auch mehrere Wochen nach der Entführung und Ermordung der Engländerin Sarah Everard halten Bestürzung sowie Debatten im Netz über den Fall an. Die Mendener Polit-Frauen Ann Christin Schulz (Grüne) und Bianca Voß (SPD) positionieren sich nun, wenn es um das Thema Frauen und Sicherheit geht. Everard verließ am 3. März gegen 21 Uhr zu Fuß die Wohnung einer Freundin in Südlondon, Zuhause kam sie jedoch nie an.
Der Sicherheitsaspekt, so erklärt Ann Christin Schulz, sei etwas, das nicht verallgemeinert werden darf. „Was in Großstädten passiert, kann auch in Kleinstädten passieren.“ Auch, wenn sich die 25-Jährige in ihrer Heimat Menden auskennt und dadurch sicherer fühlt, kennt sie das Gefühl von Unsicherheit und Angst. „Gerade was Unterführungen angeht, fühle ich mich selbst sehr unwohl.“ Zudem ist das Thema Beleuchtung eine wichtige Sache für sie. „Ich finde, das vermittelt ein Gefühl von Sicherheit. Deshalb bringt es nichts, wenn Laternen installiert sind, diese aber kaputt sind.“ In jeder Stadt müsse man dort regelmäßig hinterher sein.
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Die junge Polit-Frau sagt zwar, dass sie häufig versuche, nicht alleine rauszugehen, jedoch ist das eben nicht immer möglich. „Wenn man beispielsweise alleine wohnt und einen Hund hat, der um drei Uhr raus muss, dann muss man ja rausgehen. Das ist halt so eine Sache, soll man dann sagen, dass Frauen keine Haustiere mehr haben dürfen?“ Für die Reaktionen nach dem Todesfall in London, die teils die Schuld bei der Frau selbst suchten, hat Schulz kein Verständnis. „Das ist alles Diskriminierung gegenüber der Frau. Jeder sollte sich frei anziehen und verhalten können, wie er oder sie eben möchte. Das ist ja dann kein Freifahrtsschein für Verbrechen.“
Politisches Bild hat sich auch in Menden gewandelt
„Rein politisch gesprochen“, erklärt Schulz, „würden Frauen in ihrer Partei (Grüne) nicht untergebuttert“. „Da ist das komplett gleichgestellt“, sagt sie. Doch ihr sei auch aufgefallen, dass das längst nicht überall so ist. „Und das finde ich schade.“ Auch, wenn das Gesamtbild der Hönnestadt „nicht so ein Abbild ist, was dem Frauenbild und der Emanze der Frau entspricht“, sei man in Menden auf einem durchaus guten Weg. „Hier wird ja auch viel gegendert und viel hat sich auch zum Positiven gewandelt, das finde ich sehr wichtig.“
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Trotz allem sei noch „viel zu tun“, findet auch Bianca Voß (SPD): „Es ist noch ein weiter Weg.“ Sie weiß, dass es in Menden Gegenden gibt, die von Frauen gerade nachts gemieden werden, weil diese dort Angst haben. Schon länger gibt es in Menden Diskussionen um eine Stadtwacht. „Es ist wichtig, in der Stadt Präsenz zu zeigen“, findet die SPD-Politikerin. Außerdem spricht sie sich dafür aus, dass jede Frau einen Selbstbehauptungskurs belegen kann. „Wenn man selbst mit einem unguten Gefühl vor die Tür geht, dann ist es auch schwierig, Mädchen zu selbstbewussten Frauen zu erziehen“, findet Bianca Voß.
Keine Entführungen auf offener Straße im Märkischen Kreis
Entführungen auf offener Straße, wie im Londoner Fall von Sarah Everard, hat es im Märkischen Kreis in den vergangenen Jahren noch nie gegeben, bestätigt Polizeipressesprecher Marcel Dilling auf Nachfrage der Westfalenpost. Dennoch kommt es immer wieder zu sexuellen Belästigungen gegenüber Frauen. Zuletzt sorgte ein Fall in Hemer (23. März) für Aufsehen. Insgesamt sei die Statistik aber rückläufig. „Das kann natürlich auch an der Corona-Pandemie liegen“, erklärt Dilling. Denn dadurch sind seit über einem Jahr Diskotheken geschlossen, wo es sonst des Öfteren zu Auseinandersetzungen und Belästigungen kommt.
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2018 beliefen sich die Zahlen von Strafverfahren wegen sexueller Belästigung kreisweit auf 71. Darunter waren 75 Opfer, „weil in bestimmten Verfahren manchmal mehrere Opfer drin sind“, erklärt der Polizeipressesprecher. 73 der 75 Opfer waren weiblich. In Menden waren es 2018 sechs Strafanzeigen mit sechs Opfern. Alle Opfer waren weiblich.
54 Anzeigen gab es 2019 im Märkischen Kreis, darunter 58 Opfer, von denen 55 weiblich waren. In Menden waren es 10 Verfahren, darunter elf Opfer – von denen alle weiblich waren.
46 Strafverfahren zählt die Polizei kreisweit im vergangenen Jahr wegen sexueller Belästigung. Von den 51 Opfern waren 46 Frauen. In der Hönnestadt gab es sechs Anzeigen mit sieben Opfern, darunter sechs Frauen. „Für das Thema Entführungen gibt es für alle drei Jahre eine Null“, fügt Marcel Dilling abschließend hinzu.