Menden. Die Mendenerin Leonie Geiß ist Mitglied im Kreistag. In ihren Augen hat jede Frau eine Stärke und kann sich einbringen. Ein Interview.

Von 60 Mitgliedern im Mendener Stadtrat sind gerade mal 14 Frauen. Auch in den verschiedenen Ausschüssen der Hönnestadt sieht es ähnlich aus. Zwar sind heutzutage mehr Frauen in der Politik aktiv als früher, dennoch ist die Masse durch Männer geprägt. Die Mendenerin und Christdemokratin Leonie Geiß, Mitglied im Kreistag, spricht über Vorurteile und betont, dass es nicht die Masse der Frauen ausmacht, sondern die Kompetenzen jeder einzelnen.

Im Stadtrat sind ja lediglich von insgesamt 60 Mitgliedern 14 Frauen. Würden Sie sagen, dass man sich dadurch benachteiligt fühlt?

Leonie Geiß: Also ich persönlich sitze ja im Kreistag und habe mich auch bewusst dafür entschieden, weil ich schon immer kreisweit aktiv war. Aber auch die Frauen im Rat sind kompetent. Klar, sie müssen sich erst einmal beweisen, einarbeiten und zurecht finden. Aber das ist für mich grundsätzlich nichts Schlechtes. Es macht eben nicht die Masse aus, sondern jede einzelne Frau hat da ihre Stärken, die sie gut einbringen kann. Bei uns in der CDU wurden alle Frauen, die sich beworben haben, auch aufgestellt. Daher würde ich nicht sagen, dass ich mich benachteiligt fühle.

Wenn Sie sagen, man muss sich erst beweisen, wird die Meinung einer Frau allgemein in der Politik gut angenommen?

Ich finde schon und „beweisen“ müssen sich erst einmal alle. Ich denke, dass alle Parteien mehr oder weniger ein Problem haben, weil eine sogenannte Mitte fehlt. Egal, ob Frau oder Mann. Insbesondere, wenn man sich den Altersdurchschnitt anschaut. Aber erst einmal wird man immer mit offenen Armen empfangen und kann sich einbringen. Und es gibt ja auch abseits von Rat, Ausschuss und Kreistag Möglichkeiten, sich einzubringen. Ich sage immer, wenn man sich politisch engagieren möchte, kann man das auch. Dafür ist wirklich jede Partei offen und wir leben im Jahr 2020, da sollte es eben auch genau so sein.

2020 ist ein gutes Stichwort. Hat sich in ihren Augen im Gegensatz zu früher etwas geändert, wenn wir mal beim Thema „Frauen in der Politik“ bleiben?

Ja, auf jeden Fall. Beispielsweise in der jungen Union sind heutzutage vermehrt Frauen. Dann kommt jetzt auch dazu, dass sich viel mehr Frauen engagieren, denen es auch wichtig ist, ihre Stimme miteinzubringen. Das hat sich tatsächlich im Laufe der Jahre geändert. Und es verändert sich alles Stück für Stück, aber stetig. Nur, weil die Frauen nicht direkt im Stadtrat vertreten sind, engagieren sie sich ja trotzdem. Häufig wollen sie einfach nicht in der ersten Reihe stehen, sind stattdessen sachkundige Bürgerinnen, das bin ich beispielsweise selbst auch im Kulturausschuss. Dafür muss man nicht direkt im Rat sein. Und ich habe für mich entschieden lieber für den Kreistag zu kandidieren und bin auch sehr dankbar dafür, dass ich das Vertrauen bekommen habe.

Leonie Geiß ist Mendenerin, im Kreistag aktiv und Mitglied bei der CDU.
Leonie Geiß ist Mendenerin, im Kreistag aktiv und Mitglied bei der CDU. © Leonie Geiß

Wie sind sie denn eigentlich zur Politik und ihrem Engagement gekommen?

(lacht) Das weiß ich tatsächlich noch ganz genau. Das war 2005, da war ich 15 Jahre alt und Angela Merkel war damals in Menden in der Schützenhalle zu Besuch. Das war für mich ein bewegendes Erlebnis. Ich weiß wirklich wie es war, als wäre das Ganze gestern gewesen. Ich fand das persönlich einfach total spannend und bewegend, wie sie da Rede und Antwort stand. Da habe ich für mich entschieden, mich selbst auch zu engagieren und bin der jungen Union beigetreten. Ich finde, es kommt immer noch zu selten vor, dass die Politiker Bürgern zuhören, deswegen ist auch gute Kommunalarbeit so wichtig. Und es ist ja auch einfach nicht alles schlecht, es liegt nur irgendwie in der Natur des Menschen, dass man erstmal alles eher schwarz sieht, obwohl, gerade auch hier vor Ort, viel Gutes entstanden ist und sich viel positiv verändert hat. Ich lebe sehr gerne in meiner Heimatstadt – Menden ist toll.

Ist Angela Merkel als Politik-Frau ein Vorbild für Sie?

Es gibt ganz viele inspirierende Frauen in der Politik. Bei Angela Merkel schätze ich insbesondere die ruhige Ausstrahlung, dass sie sich nicht aus dem Konzept bringen lässt. Das bewundere ich. Aber als Gegenbeispiel finde ich beispielsweise auch Camila Harris, die jetzt in Amerika gewählt wurde total interessant oder Ursula von der Leyen. Eine feste Person oder ein Spektrum kann ich da gar nicht festmachen, es gibt so viele interessante Persönlichkeiten.

Was halten Sie von der Aussage, dass Politik reine „Männersache“ ist?

Ich glaube, es hat sich leider eingeschlichen, dass das eine Männersache ist. Aber jetzt kommt es zum Glück mehr, dass man sich davon wegbewegt. Ich glaube auch, dass Frauen früher nicht so gerne gesehen oder gewollt in der Politik waren wie heute. Heute weiß man: Ohne Frauen geht es nicht. Aber ich muss auch dazu sagen, dass ich kein Freund der Frauenquote bin. Ich glaube einfach, dass Frauen, die mit ihren Themen vom Inhalt her stark sind, sich auch durchsetzen werden. Gleichzeitig hat in meinen Augen keiner etwas davon, wenn da einfach eine Frau sitzt, die aber inhaltlich nichts bewegen kann. Wenn man sich engagieren will, kann man das auch, davon bin ich überzeugt. Natürlich haben es da auch heute noch Männer ein wenig einfacher, wenn es um Familie geht. Viele Frauen haben ja auch Kinder, betreuen diese oder arbeiten in Teilzeit.

Politische Sitzungen sind ja meist auch abends. Gibt es da denn Lösungen?

Ja, da hat sich auf jeden Fall viel getan. Ich denke, dass es da grundsätzlich mittlerweile viele Möglichkeiten gibt. Bei uns im Kreistag und auch bei der Stadt Menden kann man zum Beispiel eine Unterstützung im Bereich der Kinderbetreuung in Anspruch nehmen. Und zum Glück von meinem Mann und mir wohnen auch meine Eltern in Menden. Da freuen sich natürlich auch die Kinder immer auf die „Oma-und-Opa-Zeit“. Außerdem ist unser ältester Sohn damit aufgewachsen, der kennt das gar nicht anders. Und durch die Corona-Krise spielt sich ja auch viel digital ab. Da muss man auch ansetzen, ich denke, dass das eine große Chance ist. Wenn beispielsweise montags Fraktionssitzung ist und man sich mit Kopfhörern einschalten kann, hat man seine Ruhe, ist aber trotzdem vor Ort bei seinen Kindern. Das ist super und da müssen wir weiter ansetzen, noch mehr Digitalisierung zu ermöglichen und dadurch flexibler zu werden.

Wenn wir noch mal explizit auf die Politik in der Hönnestadt zurückkommen: Im Kinder- und Jugendhilfeausschuss sitzen vergleichsweise viele Frauen. Dennoch soll ja nun Bernd Haldorn Vorsitzender werden – also wieder ein Mann.

Ja, das ist natürlich spannend. ich glaube, er bringt da einfach super viel Erfahrung mit und das ist wichtig. Denn das ist ein besonderer Ausschuss, der auch besonders zusammengesetzt ist. Ich persönlich glaube, dass es bei so einem Ausschuss goldwert ist, jemanden zu haben, der Erfahrung mitbringt. Egal, ob Mann oder Frau. Da geht es um sehr wichtige Entscheidungen für Kinder und Jugendliche. Und da ist es gut, wenn man jemanden hat, der bereits an Konzepten in der vorherigen Legislaturperiode mitgearbeitet hat. Wir als CDU haben da ja auch Nina Schäfer im Ausschuss als Sprecherin. Ich denke, dass sie sich da gut einbringen wird. Ich bin fest davon überzeugt, dass eine bunte Mischung wichtig ist, das kann man schlecht runterbrechen. Es wäre fatal zu sagen, ,Wo sind die Frauen?’ in diesem Ausschuss. Das ist ja genau das, was wir nicht wollen. Dass wir auf das Thema Familie runtergebrochen werden. Denn es gibt insbesondere viele junge Frauen, die sich auch für Umweltschutz oder Wirtschaftsförderung stark machen. Das ist die Stärke: Jeder setzt andere Schwerpunkte und gemeinsam kann man viel bewegen.

Das ist wohl wahr, wo sie gerade junge Frauen ansprechen: Gibt es in Ihren Augen Dinge, die man allgemein in der Politik ändern sollte, um mehr junge Menschen zu gewinnen?

Ja, man muss die Politik auf jeden Fall attraktiver gestalten. Damit meine ich zum Beispiel auch die digitalisierte Form. Und die Menschen vor allem mehr miteinbeziehen. Bei uns in der jungen Union funktioniert das gut im Moment, die machen das echt toll. Da sind junge und frische Mitglieder dazugekommen. Die machen mal zusammen virtuelle Spieleabende oder vor der Corona-Krise sind sie zusammen etwas trinken gegangen. Es wird über „junge Themen“ diskutiert. Was interessiert? Was beschäftigt die Jugend? Wo können wir unterstützen und Anträge stellen. Ich denke, es ist ganz wichtig, herauszustellen, dass Politik Spaß macht. Wenn die Idee gut ist, sollte man darüber sprechen, auch diskutieren und dem Ganzen eine Chance geben. Nur so können wir gemeinsam eine Stadt wie Menden zukunftsorientierter und attraktiver weitergestalten.

Mehr Nachrichten, Fotos und Videos aus Menden und Umgebung!