Menden. Im Industriegebiet befindet sich eine der Niehaves Backstuben. Ein Tag im Mendener Betrieb verrät: neue Technologien finden auch hier ihren Platz.
In den letzten Jahren hat sich viel getan. Neue Technologien und Digitalisierung sind da nur einige der zahlreichen Themenaspekte. Von selbstfahrenden Autos bis hin zu Handys, die das Gesicht erkennen. Auch in der Arbeitswelt hat sich viel verändert, Maschinen sind moderner geworden, vieles geht automatisch. Ein häufig damit einhergehendes Problem: Arbeitskräfte müssen für moderne Technologien weichen. Aber nicht bei der Bäckerei Niehaves.
Zwar ist heute vieles moderner als früher , doch insbesondere im Konditor-Handwerk hat sich nur wenig verändert. Im Bereich Backen dafür umso mehr. Wir haben mit zwei Mitarbeitern gesprochen, die schon seit über 30 Jahren bei Niehaves in der Produktion tätig sind. Begonnen haben sie ganz klassisch mit einer Lehre bei der Bäckerei. Roman Palczweski brachte es zum Konditor-, Hubert Fuhrmann zum Bäckermeister. Beide berichten über vereinfachte Arbeitsabläufe, aber auch über Hürden und Schwierigkeiten.
Digitalisierung als große Herausforderung
„Die größte Umstellung kam definitiv mit der Digitalisierung“, erklärt Mitinhaber Martin Niehaves. Was früher mit Zettel und Stift erledigt wurde, läuft heutzutage über einen elektronischen Bildschirm. „Aber es gibt ja jedes Jahr gefühlt etwas Neues“, fügt Niehaves hinzu. Die Backstube bildet nach wie vor beide Berufe aus, zum Bäcker und zum Konditor. „Beide Berufsfelder haben sich verändert, aber jedes anders“, erklärt der Geschäftsführer.
Im Handwerk habe sich nicht allzu viel getan. „Wir machen immer noch fast alles händisch, insbesondere wenn es um Fondant und Dekorationen geht“, sagt Konditormeister Roman Palczweski. Der 55-Jährige backt seit über 30 Jahren leidenschaftlich Kuchen und Co., kreiert außergewöhnliche und vor allem besondere Torten. Denn „man muss mit den Trends gehen, es gibt viel mehr Vielfalt.“ Ursprünglich, so erinnern sich die drei zurück, habe man im Kellerraum mit Sahne und Pralinen angefangen. Da war solch eine Entwicklung, wie es sie heute gibt, kaum denkbar.
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Neue Möglichkeiten und Sorten mit altem Handwerk
Und auch im Bäckerhandwerk hat sich einiges getan. „Früher gab es so drei oder vier Brotsorten “, sagt Hubert Fuhrmann. Mittlerweile, so der 64-Jährige, gebe es fast alles. „Durch die Entwicklung haben wir viel mehr Möglichkeiten.“ Allergiker profitieren indes davon, denn gewisse Zutaten können ersetzt werden.
Während die beiden früher viele neue Sachen selbst ausprobiert haben, die Rezepte einfach aus dem Kopf gebacken haben und je nach Bedarf mal ein Ei mehr oder weniger dazu gepackt haben, müssen sie sich heute an strikte Vorgaben halten. Über einen Rezeptcomputer wird jedem Mitarbeiter die Zubereitung des jeweiligen Produkts angezeigt. „Wir müssen uns da an strikte Vorgaben halten“, erklärt Roman Paczweski. Doch es sei auf keinen Fall ein Nachteil: Dadurch könne man nämlich viele alte, bekannte Sachen neu ausrichten. „Das peppt alles etwas auf“, sagt der 55-Jährige. Im Konditorhandwerk sei zwar vieles moderner, dennoch werde nach wie vor viel händisch gemacht.
Erfassung der Arbeitszeiten ermöglicht „Wechselschichten“
Neben der Digitalisierung der Rezepte hat sich auch die Technik in der Niehaves Backstube weiterentwickelt. „Eindeutig zum Vorteil unserer Mitarbeiter“, erklärt Martin Niehaves und nennt als Beispiel die neue Fettpfanne, durch die vermieden wird, dass heißes Fett durch den Raum spritzt. Im Allgemeinen ist der Arbeitsplatz einfach moderner geworden. „Wir sind ein moderner Bäcker-Betrieb, der sich auf altes Handwerk bezieht“, sagt der Geschäftsführer stolz.
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Viele Entwicklungen vereinfachen die Arbeit, wirken sich zugunsten der Mitarbeiter aus. Doch eine Veränderung im Handwerk gibt es dadurch nicht. Und auch das Streichen von Arbeitsplätzen, die in Form von Maschinen ersetzt werden, gibt es in der Backstube nicht . Ganz im Gegenteil: Durch moderne Technik können Arbeitszeiten technisch erfasst werden. So sind mittlerweile Früh-, Spät-, und Nachtschicht möglich. Das sei damals undenkbar gewesen.
Modern und zukunftsorientiert
Hubert Fuhr gibt indes auch zu, dass man sich auf neue Dinge einlassen muss. Zudem sei es von Vorteil, computeraffin zu sein. Als Beispiel nennt er die Warenbeschaffung, die früher über Zettel erfolgte. Oder aber das Herstellen von Berliner Ballen. An der sogenannten Berliner-Anlage war es früher purer Stress, erzählt Fuhrmann. Heute sei es ein entspanntes Arbeiten. Dennoch musste auch er erst mit dem neuen System zurecht kommen, aber wenn man bereit ist, sich auf Entwicklungen einzulassen, dann, da ist der 64-Jährige überzeugt, schafft man es auch und zieht daraus vor allem einen eigenen Vorteil.
Insgesamt schlussfolgert Geschäftsführer Martin Niehaves, dass es viele Entwicklungen im Bäcker- und Konditorhandwerk gab. Dennoch sind auch viele Prozesse bis heute fast unverändert geblieben. Eins ist ihm jedoch enorm wichtig: „Wir sind ein moderner Betrieb“, sagt er stolz. Vorurteile und Klischees möchte er künftig aus dem Weg räumen und zeigen, dass auch in Backstuben die Technologie der Zukunft sowie die Digitalisierung angekommen sind.