Fröndenberg. Sabina Müller (51) will Bürgermeisterin in Fröndenberg werden. Die SPD-Kandidatin redet im Interview über ihre Stadt. Zur Sparkasse schweigt sie.
Sabina Müller zieht als Bürgermeisterkandidatin der SPD in den Wahlkampf. Die 51-Jährige redet über ihre Chancen, die Rolle als Frau und Seminare für angehende Bürgermeisterinnen. Nur zu ihrer Rolle im Schweigen um die Sparkassen-Vorstandsgehälter schweigt sie weiter.
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Simple Frage: Warum möchten Sie Bürgermeisterin werden?
Ganz simple Antwort: Ich habe gerne mit Menschen zu tun. Ich kümmere mich sehr gerne um die Belange der Menschen. Ich habe einen sehr großen Gestaltungswillen. Das ist ein wichtiges Kriterium für das Amt einer Bürgermeisterin.
Ist das Bürgermeisteramt für Sie ein logischer Schritt auf der Karriereleiter?
Ich bin ja vor zweieinhalb Jahren Fraktionsvorsitzende der SPD geworden. Ich bin da auch immer viel unterwegs gewesen und bin auch aus der Bürgerschaft immer mal wieder angesprochen worden. Am Anfang war ich erst erstaunt. Dann habe ich mich mehrfach damit auseinandergesetzt und auch ein Seminar dazu besucht und meine Familie gefragt. Die Kinder haben dann gelächelt und gesagt: Das ist was für dich.
Haben Sie sich aktiv beworben oder sind Sie gefragt worden?
Wir haben eine Findungskommission gehabt. Und in der Findungskommission haben wir uns natürlich damit beschäftigt, welche Kriterien für das Amt des Bürgermeisters wichtig sind. Dann haben wir uns mit unterschiedlichen Personen beschäftigt und dann hat sich die Partei für mich entschieden.
Ein Seminar als Vorbereitung auf das Amt
Was macht man denn für ein Seminar, um Bürgermeisterin zu werden?
Das war ein Seminar für Frauen. Man beschäftigt sich damit, welche Voraussetzungen man erfüllen muss, was man leisten muss. Für Frauen ist dieses Amt sicher eine besondere Herausforderung. Es war sehr schön, dass zwei Frauen da waren. Eine ist langjährige Bürgermeisterin, hat zwei Kinder und ist alleinerziehend. Ich fand das sehr spannend. Die Frauen haben uns Mut gemacht. Als Frau denkt man hundert Mal darüber nach, ob man das schafft. Wenn ich ein Amt annehme, will ich 100 Prozent geben.
Wenn man in der Umgebung schaut, gibt es fast keine Kandidatinnen für das Bürgermeisteramt. Woran liegt das? Trauen sich Frauen das nicht zu oder werden sie nicht gefragt?
Es ist vielleicht auch ein bisschen die Willkommenskultur, vielleicht auch die Mentalität oder wie wir diskutieren. Frauen müssen viel leisten, sie haben Kinder, sind ehrenamtlich unterwegs. Ich glaube an der Kultur müssen wir noch hart arbeiten.
Ist das im politischen Alltag tatsächlich ein Problem?
Ich glaube, in meinem Leben habe ich früher nie drüber nachgedacht, dass ich eine Frau bin. Das war in der Schule oder im Sport einfach so. Ich habe erst in der Politik angefangen, darüber nachzudenken. Das ist schon seltsam. Die Politik ist da irgendwie anders.
Auf Ihrem Wahlplakat steht „Zeit für Entscheidungen“. Welche Entscheidungen meinen Sie? Sie hatten ja als Fraktionsvorsitzende schon viel Gelegenheit dazu.
Ich habe für mich entschieden. Jetzt müssen die anderen entscheiden.
Sie meinen, dass der Wähler sich entscheiden soll?
Nein, es geht auch um Entscheidungen für Fröndenberg. Ich glaube, wenn man sich unsere Wahlbausteine ansieht, können die Bürger auch eine Entscheidung treffen.
Müller: Ich weiß, wie man mit dem Ehrenamt umgehen kann
Was sind für Sie große Entscheidungen, die anstehen?
Wir haben viele Dinge schon in den Stil gestoßen. Das sind zügige Schulsanierungen, das sind die Feuerwehrneubauten, das ist die Innenstadtentwicklung. Jetzt ist es auch einmal Zeit, in die Ortsteile zu gehen. Zum Beispiel das Areal um Haus Schoppe. Da muss dringend etwas passieren, auch der Pflegezustand in diesem Bereich ist kein Aushängeschild für Fröndenberg. Das wünschen sich die Langescheder auch. Auch am Stiftsgebäude muss dringend etwas passieren. Auch beim Dobomil-Gebäude in Ostbüren ist Druck. Der Trägerverein braucht dringend Unterstützung. Wirtschaftsförderung und Tourismus sind auch meine großen Themen. Wir haben 2012 ein Tourismuskonzept entwickelt. Es wird höchste Zeit, dass wir an eine zügige Umsetzung kommen.
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Was unterscheidet Sie da von den anderen Kandidaten? Was sehen Sie zum Beispiel anders als Herr Freck?
Ich konzentriere mich auf mich. Ich bin jemand mit Herz. Mein wesentlicher Unterschied ist meine Bürgernähe. Ich bin bei sämtlichen Festen, ich bin bei den Schützenfesten aktiv. Ich war bei 200 Jahre Bausenhagen als Nonne. Ich bin in vielen Vereinen – nicht nur als Alibi, sondern schon etwas länger dabei. Dadurch kenne ich viele Fröndenberger. Ich weiß, wie man mit dem Ehrenamt umgehen kann, nämlich auf Augenhöhe. Mir ist eine bürgernahe Verwaltung wichtig, die Digitalisierung in der Verwaltung. Wenn die Türen zu sind, muss man die Angebote machen, die Homepage aktuell halten. Das werde ich zügig angehen.
Keine Tipps vom amtierenden Bürgermeister
Gibt Ihnen Fritz Rebbe Tipps mit auf den Weg?
Wozu?
Er hat Wahlkampferfahrung und ist Bürgermeister.
Ich habe die Wahlkämpfe mitbegleitet. Ich gehörte im letzten Wahlkampf zum Fritz-Rebbe-Team und da haben viele Gespräche in meiner Küche stattgefunden. Ich bin schon informiert, wie das gelaufen ist. Da haben wir Informationen ausgetauscht. Na klar.
Er mischt sich also nicht ein?
Vielleicht ist er ja zufrieden mit dem, was ich mache. Warum sollte ich das dann anders machen...
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Denken Sie mal voraus. Am 2. November wäre Ihr erster Tag im Amt. Was machen Sie dann?
Eine gute Idee wäre, erst einmal mit den Mitarbeitern Gespräche zu führen, auch mit den Fachbereichsleitern. Dann legen wir los. Dann geht es nämlich direkt in die Haushaltsberatungen. Ab Oktober werden wir genauere Zahlen haben, wie sich die Corona-Krise ausgewirkt hat.
Die Haushaltsberatungen müssten Sie mit Herrn Freck gemeinsam machen.
Das ist dann so. Er wäre dann mein Kämmerer und wir würden die Haushaltsberatungen dann natürlich gemeinsam durchführen.
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Was ist für Sie das größte Problem von Fröndenberg?
Viele Leute fühlen sich nicht mitgenommen. Das müssen wir ändern. Ich werde auch Bürgermeisterinnen-Sprechstunden in den Ortsteilen anbieten, in den Jugend- und in den Senioreneinrichtungen. Wenn wir da auf Augenhöhe kommunizieren und in stetigem Kontakt sind, dann bekommt man auch ganz schnell mit, was die Leute bewegt.
Was sind für Sie die größten Stärken?
Die Stärken von Fröndenberg sind das Ehrenamt. Ohne das Ehrenamt wären wir in Fröndenberg ganz schlecht aufgestellt. Damit sind wir gesegnet.
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Was machen Sie, falls es nicht klappt mit der Wahl?
Dann werde ich ein bisschen mehr Freizeit haben. Die werde ich genießen und dann als Fraktionsvorsitzende weiter agieren. Ich freue mich auch auf die Zusammenarbeit mit meinem Team. Ich trete ja nicht für mich an. Ich möchte weiter als Kümmerin da sein.
Müller schweigt weiter zur Sparkasse
Sie waren mal Verwaltungsratsvorsitzende der Sparkasse. Damit waren Sie in der politischen Verantwortung für einer sehr unangenehmen Geschichte, die bundesweit für Schlagzeilen sorgte. Die Vorstände verschwiegen – nach Auffassung des Finanzministers – gesetzeswidrig ihre Einkünfte.
Dazu kann ich Ihnen nichts sagen. Das ist ein internes Gremium. Ich werde heute nicht über den Verwaltungsrat der Sparkasse reden.
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Der Verwaltungsrat hat damals mit den Sparkassenvorständen Verträge geschlossen, die ein Schweigen über die Gehälter beinhalteten. Auf der anderen Seite fordern sie eine bürgernahe Verwaltung. Wie passt das zusammen? Warum sind Sie damals nicht anders vorgegangen?
Was habe ich nicht anders gemacht? Sie können doch gar nicht beurteilen, was ich in dem Verwaltungsrat gemacht habe.
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Klar, dass ein Verwaltungsrat nicht über wirtschaftliche Details öffentlich reden darf. Aber warum haben Sie sich in der politischen Verantwortung nicht hingestellt und gesagt: „Schluss damit“?
Das können Sie von außen gar nicht wissen und beurteilen, weil Sie ja gar nicht wissen, welche Rolle ich in dem Verwaltungsrat gespielt habe. Aus einem nicht öffentlichem Gremium werde ich nicht reden. Auch nicht im Wahlkampf.
Sie waren mal Volleyball-Nationalspielerin. Was nehmen Sie daraus für die Politik mit?
Eine Menge, die Ausdauer etwas zu Ende zu bringen, auch die mentale Stärke, dass man die Ruhe bewahrt.
Kandidatin: Wirtschaft und Tourismus gehören zusammen
Was würden Sie im Rathaus anders machen? Ein Bürgermeister hat Freiheiten, eine Verwaltung zu strukturieren?
Natürlich werde ich, mir auch ansehen, ob das Organigramm so bleiben kann. Ganz wichtig ist für mich: Wirtschaftsförderung und Tourismus gehören zusammen und werden Stabsstelle der Bürgermeisterin. Das ist Chefsache, Chefinnensache. Alles andere werden wir gut vorbereiten, aber das werden wir jetzt noch nicht öffentlich diskutieren.
Woher bekommen Sie die politischen Mehrheiten. Wer setzt sich durch?
Natürlich die SPD.
Zur absoluten Mehrheit könnte es wohl nicht reichen.
Das war auch bislang nicht so. Wir haben im Moment 14 Sitze, die CDU 12. Es ist immer die Frage, wer sich durchsetzt. Die Stimmungslage ist für die SPD nicht gerade prickelnd. Wir werden immer wieder auf Bundespolitik angesprochen. Ich finde es gut, dass wir jetzt Olaf Scholz nominiert haben. Da hat jeder Klarheit. Er ist jemand, der Ruhe bewahrt. Er macht nicht überschwänglich irgendwelche wilden Sachen.
Sie haben keinen festen Koalitionswunsch?
Wir sind eine kleine Stadt. Da geht es nur miteinander. Eine feste Koalition haben wir noch nie gemacht. Auf der Fraktionsvorsitzendenebene sind wir sowieso im Austausch. Ich würde mir wünschen, dass es so weiterläuft.
Gibt es eine Stichwahl?
Ich glaube schon. Bei vier Kandidaten wäre es überraschend, wenn es keine gäbe.
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