Kreis Olpe. Bäckermeister und BVB-Fan Reinhard Hesse und Elektro-Unternehmer und Bayern-Fan Walter Mennekes kommen beide aus der Gemeinde Kirchhundem. Sie sind seit mehr als 50 Jahren befreundet. Für die Zeit des Champions-League-Finales BVB gegen Bayern München ruht diese Männerfreundschaft.

Sie gehören fraglos zu den bekanntesten Unternehmerpersönlichkeiten der Region, kommen aus derselben Gemeinde (Kirchhundem) und sind seit über 50 Jahren befreundet: Bäckermeister Reinhard Hesse (48 Filialen) und Walter Mennekes, weltweit agierender Elektro-Unternehmer, verwandeln sich dennoch immer dann zu begeisterungsfähigen ,kleinen Jungs’, wenn es um die schönste Nebensache der Welt geht: um König Fußball. Während Hesses Herz für Borussia Dortmund schlägt, ist Walter Mennekes regelmäßiger Gast auf der Ehrentribüne des FC Bayern München.

Dass es sich um ernst zu nehmende Leidenschaft handelt, beweist eine ganze Reihe von Tatsachen: Beide sind in dieser Woche in den Maschinen auf die Insel geflogen, in denen auch Schweinsteiger, Lahm und Co. bzw. ,Kloppo’, Hummels und Lewandowski die Reise Richtung Wembley angetreten haben. Beide haben seit vielen Jahren Dauerkarten, Mennekes gehört sogar zum Bayern-Verwaltungsbeirat, dem immerhin Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber vorsteht.

Sitzt man den beiden aber gegenüber, und geht es um Fußball, verfliegt der Hauch von Prominenz umgehend und man hat das Gefühl, man schwadroniert irgendwo an einer Theke in Deutschland mit Reinhard und Walter von nebenan. Denn eines wird schon nach wenigen Sätzen klar: Beiden sitzt eine gehörige Portion ,Schalk’ im Nacken. ,Schalk’ wohlgemerkt, nicht Schalke. Womit wir auch schon mittendrin wären in unserem Champions-League-Interview.

Wie kommen Ur-Sauerländer Jungs plötzlich dazu, für Borussia Dortmund oder Bayern München zu schwärmen?

Reinhard Hesse: Als 14-Jähriger, das ist 1960 gewesen, bin ich bei meinem Vater in die Lehre gekommen, und der einzige Geselle, den wir damals hatten, das war einer von Dortmund, ein Ulrich Brühl. Den hatte das BVB-Fieber völlig gepackt, der zitterte jedes Wochenende und fuhr auch zu Heimspielen nach Hause. Da bin ich dann auch mal mitgefahren, und so hat sich das über die Jahre hin entwickelt.

Walter Mennekes: Ich habe gemeinsam mit meinem Freund Wilfried Rohlje aus Olpe seit 1974 alle Weltmeisterschaften besucht, auch 1986 die in Mexico. Und in Guadalajara habe ich die Familie Rummenigge kennengelernt. Die Bekanntschaft wuchs mit den Jahren, und als deren Kinderschar immer größer wurde, waren wir plötzlich sogar Patenonkel und Patentante. Und natürlich Fans vom FC Bayern.

Wie wird man eigentlich Beirat beim FC Bayern München?

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Mennekes: Ich bin schon 20 Jahre im Beirat des FC Kirchhundem. Und da muss ich so gute Arbeit geleistet haben, dass man beim FC Bayern auf mich aufmerksam geworden ist. Jetzt sind beide an der Spitze.

Hesse: Wobei die Tabellenführung des FC Kirchhundem wesentlich höher einzuschätzen ist als die des FC Bayern.

Welches Fußball-Erlebnis ist Ihnen besonders positiv im Gedächtnis geblieben?

Hesse: Unser größtes sportliches Ereignis war im vergangenen Jahr das DFB-Pokalfinale in Berlin. Eine unglaubliche Atmosphäre, auch vor und nach dem Spiel. Da ist man dann einer von 30.000 oder 35.000 Schwarz-Gelben, und man selbst ist mittendrin und einer dieser positiv Bekloppten. Da passte bis zum Schluss einfach alles. Vor allem das Ergebnis. Am nächsten Morgen bin ich dann sehr früh aufgestanden, und siehe da, nach dem Frühstück gehen wir noch in die Stadt, und wer steht plötzlich vor uns: der Walter. Erstaunlich, wie der das 2:5 weggedrückt hatte. Hatte schon wieder gute Laune und ließ sich nichts anmerken.

Mennekes: Mein schönstes Erlebnis mit dem FC Bayern war der Weltpokalsieg in Tokyo 2001 gegen die Boca Juniors. Fernab der Heimat da die Bayern-Hymne zu hören, dann zu gewinnen. Das war schon etwas aus der Abteilung Gänsehaut.

Bayern ist auch für Hesse Favorit in Wembley 

Da Sie ja beide mit ihren Mannschaften in derselben Maschine nach London fliegen, sind Sie ja sowas wie Betreuer?

Mennekes: Ja, ja, der eine macht sie satt, und der andere elektrisiert sie. Mal sehen, was mehr nützt.

Wer ist für Sie der Favorit im Wembley-Stadion?

Hesse: Der FC Bayern, mit 60 zu 40 wenigstens. Aber bei einem Endspiel ist die Tagesform entscheidend. Und der Druck bei Bayern ist wesentlich größer. Den haben die sich ja selbst geschaffen, als sie gesagt haben, die Meisterschaft nehmen wir nur mal so mit, wir wollen die Champions-League. Andererseits ist die Mannschaft ungeheuer reif, bärenstark. Aber sollten die Bayern tatsächlich gewinnen, würde ich mich nicht erschießen, sondern mit Freude weiterleben.

Mennekes: Die Dortmunder spielen einen wunderschönen, überraschenden und frischen Fußball. Aber die Bayern mit ihrer Routine spielen über 90 Minuten ihre Klasse aus. Beide sind richtigerweise - gegenüber spanischen, englischen und italienischen Mannschaften - im Finale.

Also keine Achillesferse beim Gegner?

Hesse: Ich sehe keinen schwachen Mannschaftsteil beim FCB. Die Abwehr ist sehr stabil, das Mittelfeld stark, bei Dortmund gibt es da schon mehr zu bemängeln. Wir werden schon das Quentchen Glück brauchen. Und Weidenfeller. Der ist in den letzten Wochen in einer Bombenform. Auf der anderen Seite hat Manuel Neuer immer mal wieder einen Bock dabei gehabt.

Mennekes: Es ist richtig, dass die Tagesform entscheidet. Die Fußballwelt kann sich auf einen Leckerbissen freuen. Beide Mannschaften sind Botschafter des Fußball-Deutschland und auch des sympatischen Deutschland.

Ein konkreter Tipp?

Mennekes: Wir schießen ein Tor mehr als Dortmund.

Schon in der regulären Spielzeit?

Mennekes: Wir werden es sicherlich spannend machen.

Wer ist denn Ihr Lieblingsspieler bei Dortmund? Außer Götze, der ja schon verkauft ist.

Hesse: Und Lewandowski auch so halbwegs. Dann bleiben ja nicht mehr viel.

Mennekes: Den Schmelzer mag ich sehr. Ich war ein paar Mal gemeinsam mit ihm in Talkrunden. Ein feiner Mensch, fernab jeder Arroganz. Bei Bayern ist es Thomas Müller. Auch jederzeit anfassbar.

Mennekes: Dortmund hat unglaublich aufgeholt 

Ist die Bayern-Überlegenheit eine Gefahr für die Bundesliga?

Mennekes: Der Wettbewerb in der Bundesliga ist das Ehrlichste, was es gibt. Dortmund hat unglaublich aufgeholt. Auch, was den wirtschaftlichen Erfolg angeht. Die waren ja pleite. Übrigens hat Bayern damals auch geholfen. Das ganze Fußballgeschäft ist ein Wanderpokal. Wer hätte damals gedacht, dass Kaiserslautern in einem Jahr aufsteigt und das Jahr darauf Deutscher Meister wird? Das gibt es immer wieder, dass Vereine mal einen Lauf haben. Aber es bleibt ein Wettbewerb, und die Dortmunder, aber auch Leverkusen und die Schalker werden sich wahnsinnig Gedanken machen und aufrüsten. Das kann der Qualität des Fußballs doch nur gut tun.

Hesse: Die Bayern haben in den letzten beiden Jahren extrem gute Einkäufe getätigt. Auch Sammer spielt eine wichtige Rolle, fast noch eine wichtigere als der eine oder andere Spieler. Er lebt den Erfolgsgedanken vor und überträgt das auf die Mannschaft. Ich fürchte schon, dass wir in den nächsten zwei, drei Jahren in der Bundesliga nur um den zweiten Platz spielen werden. Sechs oder sieben Jahre wird das bei Bayern zwar nicht anhalten, aber die nächsten ein, zwei Jahre schon.

Auf welche Seite wird sich der Fußballgott schlagen?

Hesse: Ganz klar auf unsere Seite, das ist keine Frage. Ich bin an Pfingsten extra auf Kohlhagen gewesen, habe in der Wallfahrtskirche Kerzen angezündet.

Mennekes: Ich bin völlig anderer Meinung. Im vergangenen Jahr haben wir das Finale gegen Chelsea ungerechtfertigt verloren. Und ich erinnere an Barcelona, das schlimmste Fußball-Erlebnis in meiner Bayern-Zeit, als wir gegen Manchester in zwei Minuten verloren haben. Wir Bayern glauben deshalb: Wir sind dieses Mal dran.