Drolshagen. . Was wäre für einen echten BVB-Fan in diesen Tagen wohl das Schlimmste, was man sich ausdenken könnte? Mit einem Bayern-Fan unter einem Dach wohnen? Oder gar mit einem Schalke-Anhänger? Der durchaus bemitleidenswerte Simon Schulte, zarte elf Jahre alt, hält beides aus. Denn Mama Marion ist Schalke-Fan, und, in diesen Tagen besonders heikel: der ältere Bruder Julian ist eingefleischter Bayern-,Jünger’.

Beide Jungs verstehen drei Tage vor dem großen Finale nur noch wenig Spaß, so dass Papa Olav am Frühstückstisch schon mal ein Machtwort sprechen muss, wenn der Disput gewisse Dezibel-Grenzen überschreitet.

Was nicht wirklich verwundert. Denn Julian und Simon sind nicht nur Fans ,einfach so’. Wer ihre Zimmer betritt, sieht, dass sie mit echtem Herzblut an Ribery, Müller und Schweinsteiger auf der einen Seite hängen, auf der anderen an Kloppo, Götze (noch!!!) , Reus und Weidenfeller. Auf der einen Seite gelb-schwarze Tapeten, gelb-schwarze Bettwäsche, Kissen, Schal, Mütze - alles gelb-schwarz.

Eine Tür weiter Feindesland

Eine Tür weiter Feindesland: rot, weiß, blau - wieder Tapete, Bettwäsche, Schal und so weiter - das volle Programm.

Man traut sich kaum, in Anwesenheit der beiden, die in respektvoller Entfernung Platz zum Interview genommen haben, das heikle Thema anzusprechen. Champions-League. Finale.

Wo sind denn die Dortmunder zu knacken? fragen wir den 15-jährigen Julian, der sich selbst als „Bayern-Fan seit Geburt“ outet: „Die Abwehr ist wacklig, Hummels und Subotic.“ Da müsse man angreifen. Auf die Frage, wie’s ausgeht, wird der in den vergangenen zwei Jahren gequälte ,Münchner’ aber erstaunlich vorsichtig: „1:1 - dann Verlängerung, und dann schießt Robben das entscheidende Tor.“ Spontaner BVB-Konter aus der anderen Ecke - breit grinsend: „Welche Tiere können keine Elfer schießen? Robben.“

Und Simons Tipp? „5:4 nach Elfmeterschießen - für uns.“

Konter Julian: „Kann nicht sein, Neuer hält besser, haste bei Lewandowskis Elfer gesehen.“ Rückschlag Simon: „Der war schlecht geschossen. Neuer hat immer mal einen Patzer auf Lager, wirste sehen.“

Mama Marion geht dazwischen, verbal natürlich. Denn die beiden haben zwar das Herz auf der Zunge, wirkliche Feindschaft ist zum Glück aber nicht zu verspüren. Marion Schulte: „Für uns ist wichtig, den Kindern zu vermitteln, dass so etwas wie Feindschaft oder gar Hass im Fußball nichts zu suchen hat. Auch, wenn das Herz für unterschiedliche Clubs schlägt.“

Bester Freund ist Schalke-Fan

Beweise können sofort geliefert werden. So hat die BVB-Fraktion im Hause Schulte das Bayern/Schalke-Duo sogar schon zur BVB-Weihnachtsfeier mitgenommen, und gemeinsam durfte man hautnah Kloppo, Reus und Co. erleben. Simons bester Freunde Felix ist zudem ausgerechnet Schalke-Fan. Was Simon die für einen Dortmund-Fan gewagte These aufstellen lässt: „Schalke ist besser als Bayern.“ Wenn Blicke Schlimmes anrichten könnten, würde der von Julian in diesem Moment wie ein Laserschwert in Simon hineinfahren.

Um während des Finales einen innerfamiliären Ausnahmezustand zu vermeiden, haben die Schultes sogar überlegt, vor getrennten Fernsehern zu jubeln. Oder zu trauern. In der Nachbarschaft sind ebenfalls reichlich Fußball-Fans - von allen Sorten. Wäre also kein Problem.

So langsam werden die Jungs unruhig. Das liegt aber nicht an den provozierenden Fragen zum Reizwort ,Finale’, sondern daran, dass gleich Training beginnt. Fußball natürlich. In unterschiedlichen Clubs natürlich. Julian beim SC Drolshagen, Simon beim VfR Rüblinghausen.

Ach ja: Eine ganz heiße Neuigkeit hat Simon noch parat, während Julian immer wieder in der offenen Wunde ,Götze’ pult: „Dafür geht Shakiri nach Dortmund. Ganz sicher.“

Insiderwissen halt.