Kreis Olpe/Drolshagen. .

Den jungen Männern, die mir gegenüber sitzen, ist die Anspannung irgendwie anzumerken. „Champions-League“: Was den Fans von Borussia Dortmund bis zu dieser Saison eher Schamesröte ins Gesicht trieb, elektrisiert sie jetzt in der Euphorie des Erfolges. Andre Lau aus Drolshagen, 26-jähriger Vorsitzender des Fanclubs „Bigge-Borussen“, wirkt äußerlich dennoch abgeklärt - professionell eben, wie es sich für einen Champions-League-Finalisten gehört. Im Schlepptau hat er geballte Fan-Kompetenz - seine Vorstandskollegen Manuel Hupertz (Kassierer) und Philipp Luke (2. Vorsitzender), aber auch weitere hartgesottene Schwarz-Gelben wie den 19-jährigen Nick aus Gerlingen oder Sebastian, Thomas und Dennis, die für den Pressetermin sogar den Weg aus Attendorn, Ennest und Heggen auf sich genommen haben. Ehrensache halt.

Gründungsdatum: 19. Mai 2004

Auf die Fragen zur Fan-Club-Historie braucht der Vorsitzende keine Chronik zu bemühen: „Hab’ ich alles im Kopf. Wir waren ursprünglich eine Clique von fünf, sechs Leuten, die zusammen zu den Spielen gefahren sind.“ Am 19. Mai 2004 war es dann soweit: Die „Bigge-Borussen“ wurden aus der Taufe gehoben. Einig sind sich die BVB’ler, mit denen wir uns im Drolshagener Hotel ,Zur Brücke’ getroffen haben, das der nicht anwesende Dieter Vollmer (Wegeringhausen) als Gründungsmitglied erwähnt werden solle: „Unser Ehrenvorsitzender.“

Angesichts der Dortmunder Erfolge wundert es nicht, dass der Club aufblüht. Auf der Jahreshauptversammlung Ende März, so Kassierer Hupertz, „sind noch mal 10 dazugekommen.“ Stand heute gebe es somit 197 ,Bigge-Borussen’, und ein Erfolg im Finale würde den Mitgliederstand vermutlich ebenso in die Höhe schnellen lassen wie den Aktienkurs des BVB.

Zum Fan-Dasein und zur Borussia sind sie schon als Kinder gekommen. Andre Lau wurde bereits als Siebenjähriger vom Vater mit auf die Süd-Tribüne mitgenommen: „Da kann ich mich noch genau dran erinnern. 1993 gegen Nürnberg.“ Jeder, der das zum ersten Mal erlebe, so Lau, sei vom BVB-Virus für immer infiziert: „Wer bis dahin noch nicht verrückt ist, ist es dann - für immer.“

Seinen Kumpel Manuel nimmt Lau 2000 zum ersten Mal mit ins Stadion - beide sind da 14 Jahre alt. Und so geht es weiter.

Mittlerweile haben die Bigge-Borussen eine funktionierende Fan-Logistik aufgebaut. „In den vergangenen sechs Jahren war bei jedem Pflichtspiel irgendeiner von unserem Fanclub immer dabei“, können die jungen Männer stolz verkünden. „Außer in Baku“, grinst der 23-jährige Thomas aus Attendorn.

In den ganz großen Stadien waren sie allemal. Auch, wenn ein Ausflug nach Madrid schon mal „so 800 € gekommen ist“, wie Kassierer Manuel bilanziert und dafür anerkennendes Kopfnicken der Runde verzeichnen kann.

Zwei Busse gechartert

Für Wembley sind bereits alle Pflöcke eingeschlagen: Zwei Busse für insgesamt 100 Fans sind gechartert, der Fan-Club hat stattliche 20 Eintrittskarten zugeteilt bekommen. Auswärtsplaner Hupertz: „Da sind aber auch Fans aus dem Siegerland und aus Finnentrop mit dabei. Los geht’s am Freitag um 20 Uhr.“ Die etwa 80 Fans ohne Karte tragen trotzdem die BVB-Begeisterung aus dem Sauerland auf die Insel und werden dort in Pubs oder beim Public Viewing (Queensbury Park) mitfiebern.

Bleibt die wichtigste Frage zum Schluss: Wie geht das große Finale gegen den ,Staatsfeind Nummer zwei’, den FC Bayern München, aus? (die Frage nach dem Staatsfeind Nummer 1 stellt sich für einen BVB’ler nicht wirklich)

Verhaltenes Murmeln macht die Runde, und einige streichen sich mit den Fingern nachdenklich übers Kinn. „Wir müssen nur ein Tor mehr schießen, als die Bayern“ legt sich Sebastian aus Ennest ins Zeug und hat Glück, dass niemand ein Phrasenschwein mitgebracht hat. Kassierer Manuel argumentiert fan-mäßig korrekt: „Die mannschaftliche Geschlossenheit macht den Unterschied.“ Und: „Für die Bayern würd’ ‘ne Welt zusammen brechen, wenn die verlieren. Der Druck liegt bei denen.“

Aber auch eine Niederlage würden die Bigge-Borussen verkraften. Denn wie aus einem Mund kontern sie jegliche Skepsis angesichts weggekaufter Topspieler wie Mario Götze: „Spieler kommen und gehen - Borussia bleibt bestehen.“