Rothemühle. Bürgermeister Clemens diskutiert mit Bürgerschaft über die Zukunft des Apparatebau-Geländes. Asbestfund sorgt für Verzögerung.

Turnusmäßig lädt der Bürgermeister der Gemeinde Wenden, Bernd Clemens, die Bürgerinnen und Bürger „seiner“ Gemeinde zu Versammlungen ein. In allen größeren Ortschaften, genauer: überall dort, wo ein Ortsvorsteher oder eine Ortsvorsteherin „residiert“, trifft Clemens sich gemeinsam mit dem Chef der Bauabteilung, Markus Hohmann, und Hauptamtsleiter Bastian Dröge, um sich anzuhören, was der Bürgerschaft „auf den Nägeln brennt“. Am Dienstagabend war es die örtliche Grundschule, in die Männer und Frauen aus Rothemühle und dem benachbarten Rothenborn geladen waren, wo Ortsvorsteher Bruno Weber gemeinsam mit der Verwaltungsspitze zur Diskussion bereitstand.

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Hier gab es aber im Vergleich zu den bereits stattgefundenen Versammlungen eine Besonderheit, denn ein Thema stach derart hervor, dass es den Abend dominierte. Es ging um die Zukunft des riesigen Areals, auf dem einst der Apparatebau Rothemühle residierte und von dem die Gemeinde inzwischen verkürzend als „Balcke-Dürr-Gelände“ spricht. Wie mehrfach berichtet, hatte die Gemeinde das Areal gekauft und nach einer Projektvergabe an die eigens gegründete Projektgesellschaft „Zukunftsquartier Rothemühle“ veräußert, an der die Immobilienentwicklungsgruppe Pyramis und die Sparkasse Olpe-Drolshagen-Wenden beteiligt sind.

Baurecht im nächsten Jahr?

Da geht es einmal um den ehemaligen Mitarbeiterparkplatz, der von der Projektgesellschaft als Bauland entwickelt werden soll – allerdings erst, wenn die Industriebrache auf dem ehemaligen Werksgelände umgewandelt und vergeben ist. Er rechne auf dem Ex-Parkplatz mit Baurecht im nächsten Jahr, dann könne die Erschließung starten, so Markus Hohmann. Auf Nachfragen aus der Versammlung hinsichtlich der auf diesem Areal festgestellten erhöhten Arsen-Belastung im Boden betonte er, ein Fachbüro habe nachgewiesen, dass es „absolut unkritisch“ sei, hier zu bauen.

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Doch vor dem Baugebiet steht die Umgestaltung und Vermarktung des Betriebsgeländes. Hohmann berichtete, die für die Verlegung der Bigge nötige wasserrechtliche Genehmigung werde gerade mit dem Kreis als Untere Wasserbehörde erarbeitet. Das Gelände an sich solle in kleinteilige Gewerbeflächen von 1500 bis 5000 Quadratmeter aufgeteilt werden. Hinsichtlich der derzeit ruhenden Abbrucharbeiten erklärte Hohmann, Fakt sei, dass außer Halle 6 alle aufstehenden Gebäude niedergelegt werden sollen. Die Gemeinde habe sich kürzlich bei einem Ortstermin mit der Projektgesellschaft noch einmal versichert, dass es sich lediglich um eine Verzögerung handle. Wie unsere Zeitung exklusiv berichtete, war nach dem Fund von Asbest in den Dacheindeckungen der abzubrechenden Hallen von der Bezirksregierung ein aufwendiger Entsorgungsplan vorgegeben worden. Dieser habe dazu geführt, so Hohmann, dass bis September aus Artenschutzgründen der eigentliche Abbruch warten müsse.

Da haben wir uns nichts vorzuwerfen, das ist lupenrein.
Markus Hohmann - Baudezernent

Aus der Versammlung kam eine Vielzahl von Fragen und teils heftige Kritik. So sei die angeblich so solide Halle 6 für Lackier- und Strahlarbeiten genutzt worden und mit Sicherheit belastet, so ein Bürger. Dass im dichten Bewuchs der alten Hallen Vögel nisten, wisse doch jeder – seit Monaten sei nun durch den Teilabbruch ein „absoluter Schandfleck“ entstanden, so ein anderer Rothemühler. Bürgermeister Clemens schaltete sich ein: Die Asbestbelastung sei „vorher nicht abzusehen“ gewesen. „Der Investor hat schon eine Menge Geld hineingesteckt und hat großes Interesse, voranzumachen“, so der Verwaltungschef.

Dem widersprach Klaus Schmidt als unmittelbarer Anlieger der Hallen. Die Gemeinde habe das Gelände erst gekauft, dann fünf Jahre nichts gemacht, dann eine groß angelegte Bürgerbefragung initiiert, von der nun praktisch überhaupt nichts mehr umgesetzt werde. Weiterhin gebe es nach wie vor das „Geschmäckle“, dass an der Projektgesellschaft mit „Pyramis“ genau die Kanzlei beteiligt sei, die für die Gemeinde im Vorfeld tätig war. Hohmann bestritt die Vorwürfe energisch. Die Gemeinde habe unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Mitwirkens von „Pyramis“ die Zusammenarbeit mit der Kanzlei beendet. „Da haben wir uns nichts vorzuwerfen, das ist lupenrein“, so Hohmann.

Die Vorgänge um den Abbruch der als Veranstaltungsort vorgesehenen Halle 4 finde er selbst „sehr ärgerlich“, auch dem Gemeinderat sei der historische Charakter des Apparatebau-Geländes stets bewusst, doch sei es aus unterschiedlichen Gründen nicht gelungen, eines der Gebäude zu erhalten. Anders als von Schmidt angeführt, seien im bestehenden Plan sehr viele Elemente der Befragung enthalten, die im Zusammenhang mit dem Integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzept (ISEK) von der Bürgerschaft vorgebracht worden seien. Und Clemens ergänzte: „Wir sind für all das nicht der richtige Ansprechpartner, sondern die Projektgesellschaft. Wir müssen doch jetzt sehen, die Ziele möglichst genau zu erreichen. Ich glaube, wir sind nach wie vor auf einem guten Weg.“ Schmidt widersprach: „Meine Prognose: Wir werden dort jahrelang ein Schandmal in Rothemühle haben.“

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Am Ende der Veranstaltung schlug Clemens zur Beruhigung der Gemüter vor, die Gemeinde werde auf die Projektgesellschaft zugehen und für den Herbst nach erfolgtem Abbruch um eine gesonderte Versammlung zu bitten. „Ich werde denen sagen, dass wir das erwarten, weil das ganz klar von öffentlichem Interesse ist.“ Applaus der Versammelten zeigte, dass die Rothemühler dies ebenso sehen. Ein Bericht über den weiteren Verlauf der Bürgerversammlung folgt.