Attendorn. Mehr als 30 Jahre war Karl Schulte, der Mann mit dem Strohhut, beim Baubetriebshof in Attendorn. Warum ihm die Herzen in Attendorn zufliegen.
Der Mann, den in Attendorn alle nur „Schulten Karl“ nennen, zieht sich zurück. Und zwar endgültig. Denn eigentlich steht der Mann, dessen unverwechselbares Markenzeichen der Strohhut war, schon seit Ende vergangenen Jahres nicht mehr im Dienste der alten Hansestadt. Doch so ganz ohne „seinen“ Baubetriebshof konnte Karl Schulte bislang nicht. Stundenweise half der 64-jährige Gärtnermeister in den vergangenen Wochen und Monaten noch mit, um einen reibungslosen Übergang zu schaffen. Denn zeit seines beruflichen Lebens in Attendorn war der Buiterling, der aus dem kleinen Örtchen Landenbeck in Eslohe stammt, stellvertretender Leiter des Baubetriebshofes, zwischendurch war er sogar der Leiter. Seinen Job übernimmt nun ein anderer Buiterling: Kevin dos Santos Dias Spieß. Dem 34-Jährigen, der in Heggen lebt, gebürtig aber aus dem Raum Gütersloh stammt, hielt Karl Schulte zuletzt noch den Rücken frei, damit der „Neue“ seine Meisterschule zu einem erfolgreichen Ende bringen kann. Bislang drückte dos Santos Dias Spieß die Schulbank in Vollzeit, nun kann er bis Oktober seinen Meister berufsbegleitend absolvieren, sodass sich „Schulten Karl“ Ende April endgültig zurückziehen kann.
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Es ist nicht weniger als ein Generationswechsel beim Bauhof. „Schulten Karl“, der seinen Dienst ausgerechnet am Schützenfest-Montag am 1. Juli 1989 antrat, hat sich über die Jahrzehnte einen hervorragenden Ruf erarbeitet. In erster Linie durch seine empathische, nahbare Art. Einer, der den passionierten BVB-Fan, den Hobbyfußballer vom SV 04 Attendorn und ehemaligen Wagenbauer genauestens kennt, ist Rüdiger König, der als Vorsitzender des Stadtsportverbandes in all den Jahren vertrauensvoll und eng mit ihm zusammengearbeitet hat. Und über den Ruheständler nur lobende Worte findet: „Schulten Karl zeichnet in erster Linie seine Fach- und Sozialkompetenz aus. Bei den Sportvereinen in Attendorn genießt er Kultstatus.“ So sei es beispielsweise „Schulten Karls“ Verdienst, dass die Kunstrasenplätze auf Attendorner Stadtgebiet 20 Jahre und länger hielten, würdigt König.
Der Weg in die Natur, auch beruflich gesehen, wurde dem 64-Jährigen mehr oder weniger in die Wiege gelegt, denn er wuchs auf einem Bauernhof im Hochsauerland auf. Mit nicht einmal 15 Jahren startete er seine Lehre als Gärtner und schloss diese erfolgreich ab. Er war anschließend in mehreren Gartenbaubetrieben angestellt und sattelte 1986 seinen Meister in Garten- und Landschaftsbau drauf. Über den kleinen Umweg Lennestadt gelangte er dann nach Attendorn. Anfänglich war er selbst noch viel „auf der Straße“ unterwegs und packte bei gärtnerischen Arbeiten mit an, doch schnell änderte sich Schultes Berufsalltag: Er verbrachte mehr und mehr Zeit im Büro, um die „verwaltungstechnischen Aufgaben“ zu erledigen, wie der Mann mit dem Strohhut es nennt. Die Arbeit im Freien fehlte ihm: „Wenn man wie ich das Gärntnern von der Pike auf lernt, dann vermisst man es schon, wenn man nur im Büro sitzt“, gibt „Schulten Karl“ offen zu.
Zweifacher Galabau-Gewinner
Doch seine Expertise war immer stärker im Büro gefragt. Kein Wunder, wirft man einen Blick auf die vielen Aufgaben, die die Jungs vom Bauhof abarbeiten müssen und die es zu organisieren gilt. Sie sind unter anderem zustänig für die Pflege der Grünanlagen und Spielplätze, sie unterhalten die Sportplätze und Friedhöfe, sie entsorgen den Müll aus den öffentlichen Abfalleimern und kümmern sich um den Winterdienst. Zum Bauhof gehören aber auch eine eigene Schreinerei und Werkstatt. „Dieser Anspruch an uns ist schon sehr hoch, aber wir wollen ja auch der Mercedes sein“, weiß Sebastian Hennen, seit knapp zwei Jahren Leiter des Baubetriebshofes, um das immense Arbeitspensum. Hennen selbst, der aus dem Straßen- und Tiefbaubereich stammt, war froh, einen ausgewiesenen Garten-Fachmann wie „Schulten Karl“ an seiner Seite gewusst zu haben. Mit Kevin dos Santos Dias Spieß habe man zuletzt ein gutes Dreigestirn gebildet.
Nun wird aus dem Drei- ein Zweigestirn. Die interne Nachbesetzung war im Übrigen ausdrücklicher Vorschlag von Schulte, der sich in all den Jahren auch um die Azubis kümmerte. Er ist von seinem Nachfolger überzeugt, nicht nur fachlich, immerhin gewann dos Santos Dias Spieß während seiner Ausbildung zum Garten- und Landschaftsbauer gleich zwei Mal den sogenannten Galabau-Cup (Landschaftsgärtner-Preis) und ein Mal sogar den Bundesgartenschau-Cup. „Kevin ist ein weltoffener Mensch, der keine Probleme haben wird, in Attendorn mit seinen Bräuchen und Traditionen Fuß zu fassen.“
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Während der 34-Jährige, der seit März 2019 bei der Stadt ist und im Eiltempo die Karriereleiter erklommen hat, nun mehr und mehr in die Rolle schlüpfen wird, die jahrzehntelang der Mann mit dem Strohhut innehat, zieht sich ebendieser zurück. Jetzt habe er Zeit für die familiären Bauprojekte, für das Enkelkindchen, für sein Mountainbike und das Stand-Up-Paddling. Doch komplett verschwinden wird „Schulten Karl“ von der Attendorner Bildfläche nicht. „Er geht hier nicht raus und schließt die Tür im übertragenen Sinne für immer ab“, weiß Sebastian Hennen, dass er seinen bisherigen Stellvertreter immerzu um Rat fragen darf. Den Mann, der nach mehr als drei Jahrzehnten in den Unruhestand wechselt. Der Mann, den in Attendorn alle nur liebevoll „Schulten Karl“ (eine besondere Anekdote zu seinem Spitznamen gibt es übrigens nicht) nennen.