Attendorn. Das ehemalige Stellwerk aus dem Bahnhof steht mittlerweile im Kreisverkehr vor dem Attendorner Bahnhof – und sorgt für Irritationen.

Die Wagenbauer des SV 04 Attendorn fielen beim großen Veilchendienstagszug mal wieder mit ihrem Lokalkolorit auf: Die Karnevalisten nahmen in diesem Jahr die neue Installation im Kreisverkehr am Bahnhof, in dem die Original-Stellwerksteile einen Platz gefunden haben, auf die Schippe und fragten: „Ist das Kunst oder kann das weg?“ Tausende Zuschauer erblickten während des großen Umzugs auf dem Wagen der 04er zudem einen Müllmann, der einen kritischen Blick auf das Stellwerk im Kreisverkehr wagte.

„Aus unserer Sicht versteht das niemand. Wenn man das Gebäude Alter Bahnhof Stellwerk genannt hätte, dann wäre der Zusammenhang wohl einleuchtender“, erklärt Rainer Müller, Mitglied der Wagenbau-Gruppe und intern „technischer Leiter“ genannt, im Gespräch mit dieser Redaktion. Deswegen sei der Vorschlag, genau diese Unklarheit zum Karnevals-Motto zu machen, auf breite Zustimmung bei den Wagenbauern gestoßen.

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Auf Initiative von Künstlerin Marlies Backhaus und Dr. Ina Kirchhoff, die dem mittlerweile inaktiven Verein Alter Bahnhof angehört, wurden die alten Stahlteile, die früher im wahrsten Sinne des Wortes die Weichen nach Olpe oder Finnentrop stellten, vor der Verschrottung und vor dem Abriss des alten Bahnhofsgebäudes gerettet. Der Verein wollte seinerzeit aus eigener Kraft ein neues Mitmach-Haus für die Attendorner umsetzen, später übernahm jedoch die Stadt selbst diese Aufgabe und ließ das neue Bürgerhaus errichten. Erst seit wenigen Tagen ist das Gebäude, dessen Fertigstellung immer wieder verschoben werden musste, für die Öffentlichkeit zugänglich.

Die Wagenbauer des SV 04 Attendorn sorgten mit diesem Motivwagen für den lokalen Bezug.
Die Wagenbauer des SV 04 Attendorn sorgten mit diesem Motivwagen für den lokalen Bezug. © Olpe | Barbara Sander-Graetz

Noch während der letzten Bauarbeiten im neuen Bürgerhaus fand das ehemalige Stellwerk im Herbst vergangenen Jahres sein neues Zuhause im Kreisverkehr. Kaum aufgestellt, mehrten sich die kritischen Stimmen, die der Installation entweder gar nichts abgewinnen konnten oder schlicht nicht verstanden, was dort eigentlich abgebildet ist.

So entsteht der Motivwagen

In der Regel treffen sich die Wagenbauer vom SV 04 Attendorn Ende Oktober, Anfang November, um gemeinsam ein Motto für den Veilchendienstagszug zu beschließen. Anschließend geht es ohne großen Zeitversatz mit dem Werkeln in der Wagenbauhalle los. Die SV 04er legen dabei Wert auf einen lokalen Bezug zu Attendorn. Im vergangenen Jahr etwa zeigte ihr Motivwagen die Aufspaltung der CDU-Fraktion. Bekanntlich verließen 2022 sieben Mitglieder die Fraktion und bildeten die Union für Attendorn. Die Wagenbauer vom SV 04er haben mehr als 30 Mitglieder.

„Es ist vielleicht noch nicht so ins Bewusstsein der Bürger gedrungen, dass diese Installation kein Kunstwerk, sondern das Stellwerk ist“, betont Marlies Backhaus und ergänzt: „Also ein Stück Erinnerungskultur. Das einzig authentische Relikt vom alten Bahnhof!“ Gemeinsam mit Dr. Ina Kirchhoff wolle sie nach den Eindrücken des Karnevalsumzugs aufklären. Beide fanden den Motivwagen des SV 04 im Übrigen künstlerisch hervorragend umgesetzt. „Bei Kunst ist es doch häufig so, dass man sich erst reindenken muss“, kann Dr. Ina Kirchhoff verstehen, dass das Stellwerk öffentlich noch „ankommen“ muss.

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Um dem alten Stellwerk im Bahnhofskreisel mehr Esprit zu verleihen, gibt es Überlegungen, die einzelnen Teile durch entsprechende Beleuchtung in Szene zu setzen, allerdings ist eine Entscheidung noch nicht gefallen. Backhaus wünscht sich zudem einen erläuternden Schriftzug „Stellwerk“, doch auch hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Es gibt nämlich die Vorgabe, dass im Kreisverkehr noch eine kleine Hecke entstehen muss, diese könnte den Schriftzug verdecken, erklärt Dr. Ina Kirchhoff.

Einen Vorwurf wollen die Initiatoren im Keim ersticken: Es seien keineswegs Steuergelder verschwendet worden. Das Projekt sei durch Sponsorengelder finanziert und die Teile mithilfe der Firma Kirchhoff Automotiv hergerichtet worden. Die Stadt ließ zudem einen kleinen Sockel errichten, auf dem das alte Stellwerk nun thront. Und das, so die Hoffnung von Dr. Ina Kirchhoff und Marlies Backhaus, ab sofort von den Autofahrern oder Fußgängern auch verstanden wird.