Altenhundem/Siegen. Im Bierkisten-Prozess von Altenhundem ist ein Urteil gefallen. Die Richterin spricht von einer „äußerst milden Strafe“. Die Hintergründe.
Für einen besonders schweren Raub sieht der Gesetzgeber eine Freiheitsstrafe zwischen 5 und 15 Jahren vor. „Das ist eine der höchsten Strafandrohungen“, sagte Richterin Elfriede Dreisbach im Bierkisten-Prozess von Altenhundem. Von einer solchen Strafe blieb der 42-jährige Angeklagte aber weit entfernt. Nach einer ganzen Reihe von Milderungsgründen, unter anderem wegen verminderter Schuldfähigkeit (1,8 Promille Alkohol im Blut) und weil es sich bei der Beute nur um eine Kiste Bier handelte, kam die Große Strafkammer zu einem minderschweren Fall. Und Richterin Dreisbach sprach von „einer äußerst milden Strafe“. Dies waren sieben Monate Freiheitsstrafe zur Bewährung und die Zahlung von 2000 Euro Geldbuße für einen guten Zweck.
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Keine Frage: Es war ein kurioser Fall im Siegener Landgericht. „Der Angeklagte sagt selber, unter Alkohol macht er komische Sachen. Das war eher auf die Vergangenheit bezogen, aber passt auch hier“, sagte Richterin Dreisbach. Die Kammer sah die Anklage nach der Beweisaufnahme als erwiesen an. Der Angeklagte habe den früheren Nachbarn (46) am 6. Oktober 2022 aufgefordert, seine restlichen Sachen aus dem Keller zu holen. Dabei habe er ihn mit einem Stelzlager erpresst, das der 46-Jährige von der Baustelle seines Arbeitgebers mitgenommen haben sollte. Dafür sollte er ihm eine Kiste Bier bringen. Der 46-Jährige erschien auch mit seinem Sohn und einer Kiste Bier bei dem Mehrfamilienhaus in Altenhundem.
Der Zeuge habe nicht gewusst, was noch im Keller gewesen sei, so Dreisbach: „Der Angeklagte hat ihm das Stelzlager gezeigt. Der Zeuge sagte, dass er dafür keine Bierkiste bekomme. Der Angeklagte hat dann seine Pistole geholt und auf den Zeugen gerichtet.“ Es habe dann ein Gerangel um die Bierkiste gegeben. Der Sohn habe den Angeklagten von hinten gepackt und ihm die Waffe aus der Hand geschlagen. Vater und Sohn fuhren mit der Kiste davon.
Kurze Zeit später erstattete der Angeklagte bei der Polizei Anzeige und behauptete Vater und Sohn hätten ihn überfallen und ausgeraubt. Beide wurden festgenommen, doch bei den Ermittlungen entpuppten sich die Schilderungen als Räuberpistole. Auch der falschen Verdächtigung in zwei Fällen sah das Gericht den Angeklagten überführt.
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„Es ist ein versuchter besonders schwerer Raub. Der Angeklagte hat versucht, eine Kiste Bier an sich zu bringen und hat eine funktionsfähige Schreckschusswaffe eingesetzt“, so Dreisbach.
Zwar habe der Angeklagte acht Vorstrafen, doch lägen diese schon länger zurück, so die Richterin: „Er ist sozial integriert und geht arbeiten. Das ist aus dem Konflikt hervorgegangen und der Alkohol hat auch eine erhebliche Rolle gespielt. Wir gehen davon aus, dass er nicht mehr straffällig wird.“
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Mit dem Urteil folgte das Gericht exakt dem Antrag von Staatsanwalt Moritz Faßbender, der betonte: „Die Beweisaufnahme hat die Tatvorwürfe vollständig bestätigt. Das Raubgeschehen hat sich so wie in der Anklage abgespielt.“ Vater und Sohn hätten glaubhaft ausgesagt. „Es war nur ein Versuch und es ging nur um eine Kiste Bier. Er hat die Pistole nur als Drohmittel eingesetzt, sie ist aber dennoch gefährlich“, so Faßbender.
„Ganz so klar wie die Staatsanwaltschaft sehe ich das nicht. Die Aussagen der Zeugen gehen auseinander“, sagte Verteidiger Markus Jung. Er hatte einen Freispruch gefordert.